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Von: Anke Hillebrecht

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Urkunde für die Lokale Oberurseler Klimainitiative (LOK), von links Nha-Yong Au (Projektinitiatorin „Insektenwiesen in Orschel“), Alexander Schui, Christoph Peters, Christoph Schuch und Dr. Irmela Harz.
Urkunde für die Lokale Oberurseler Klimainitiative (LOK), von links Nha-Yong Au (Projektinitiatorin „Insektenwiesen in Orschel“), Alexander Schui, Christoph Peters, Christoph Schuch und Dr. Irmela Harz. © privat

Kreis zeichnet erstmals kreative Bürger-Projekte zum Klimaschutz aus.

Hochtaunus -Es war eines jener typischen Gespräche, wie man sie aus dem Freundeskreis kennt. „Man müsste dringend irgendwas machen . . .“ und „man könnte doch eigentlich . . .“. Doch anstatt zu resignieren mit dem Gedanken, als Einzelner könne man sowieso nicht die Welt retten, gründeten einige Bürger 2019 die Lokale Oberurseler Klimainitiative (LOK). Sie fingen direkt an, konkrete Projekte umzusetzen, die den Klimaschutz voranbringen sollen. Dafür haben die Oberurseler jetzt beim Klimaschutzpreis des Hochtaunuskreises den mit 5 000 Euro dotierten ersten Platz belegt.

Der Wille, als Kreisverwaltung einen Preis auszuloben, der private Initiativen zum Klimaschutz auszeichnet, war aus der Politik gekommen, das Preisgeld dafür in den Haushalt eingestellt. „Über Klimaschutz wird viel geredet“, so der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr (CDU); die Ergebnisse der jüngsten Weltklimakonferenz seien auch nur enttäuschend gewesen. „Umso wichtiger ist, im Hochtaunus ein Zeichen zu setzen.“ Schließlich könne ja jeder sehen, dass es auch im Taunus immer mehr heiße Tage gebe und im Sommer das Trinkwasser knapp werde.

Solar-Partys und Insekten-Biotope

„Wir wollen Klimaneutralität nicht erst 2045 erreichen wie Deutschland, sondern schon 2035“, erklärte Heinz Jungermann, der gemeinsam mit Christine Greve Gründungsmitglied der im September 2021 als Verein eingetragenen Initiative LOK (https://l-o-k.org/). Dieser habe bereits 300 Bürgersolaranlagen initiiert, bilde Berater zu diversen Umweltthemen aus und wachse ständig. Er richtet Solar-Partys aus, bei denen sich Interessierte über alternative Energiegewinnung austauschen, legt insektenfreundliche Biotope an, macht Vorschläge für das Sammeln von Niederschlagswasser und klärt über Recycling-Verpackungen auf. „Wir brauchen alle Themen, um den Klimaschutz voranzubringen“, bekräftigte Jungermann. Den zweiten Platz bekamen Britta Kratz und Elke Leipf, beide aus Kronberg, von Beruf Industrie-Designerinnen - und beide Mütter. Sie sähen jedes Jahr, wie viele kaputte bunte Plastik-Umschläge allein bei ihnen - mit zwei und drei Kindern - weggeworfen würden. „Dieser Plastik-Alarm ist nicht mehr zeitgemäß“, berichteten sie. Bei elf Millionen Schulkindern in Deutschland komme da viel Müll zusammen. „Laut Umweltbundesamt werden pro Jahr 200 Millionen Hefte verkauft.“ Die Umschläge dienten vor allem der Unterscheidung der Schulfächer.

Kreis stellt Klimaschutzmanager ein

Die beiden Frauen entwarfen ein Heft aus Recyclingpapier mit schmucken Ecken, die die Kinder in der Farbe des jeweiligen Faches ausmalen können. „So iSi“ heißen die Hefte, die sie zunächst nur für die eigenen Kinder machten. „Dann bat uns der Mathelehrer an der Altkönigschule, Hefte für die ganze Klasse drucken zu lassen.“ Inzwischen machen einige Schulen im Kreis mit, und die DIN A4-Hefte - es gibt sie in elf verschiedenen Lineaturen - werden deutschlandweit vertrieben. Mit 1,19 Euro pro Stück seien sie auch gar nicht teurer als normale Hefte, denkt man sich den Plastikumschlag weg. Preisgeld: 2 000 Euro.

Über den dritten Platz dürfen sich die Stadtwerke Oberursel mit ihrem Kooperationsprojekt „Lebenswertes Oberursel“ freuen. Die Idee: Wer einen Ökostrom- oder Ökogas-Tarif wählt, wird mit 30 Euro direkt an Umwelt- und Klimaschutzprojekten in der Brunnenstadt beteiligt. „18 Projekte haben wir seit 2017 realisiert“, erzählte Stadtwerke-Geschäftsführerin Julia Antoni - etwa die Umgestaltung eines Wasserhochbehälters zu einem Lebensraum für Fledermäuse, die Sanierung eines Quellaustritts oder Geländepflege. Im Oktober kamen Freiwillige zu einer Arbeitswoche nach Oberursel; Am Franzoseneck wurden die Zuläufe zum Wasser renaturiert. „Dafür opfern viele ihren Urlaub, es macht aber auch Spaß, wenn man sonst viel am Schreibtisch sitzt“, so Antoni. Die 1000 Euro Preisgeld spenden die Stadtwerke an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, einen Kooperationspartner.

Anfang Januar werde der Kreis einen „Klimaschutzmanager“ einstellen, der künftig darauf achten soll, dass etwa bei der Sanierung von Kreisstraßen Radwege mitgedacht werden, so Schorr.

Machen Plastikumschläge überflüssig: die Kronbergerinnen Britta Kratz (links) und Elke Leipf mit ihren selbstdesignten Schulheften aus 100 Prozent recyceltem Papier.
Machen Plastikumschläge überflüssig: die Kronbergerinnen Britta Kratz (links) und Elke Leipf mit ihren selbstdesignten Schulheften aus 100 Prozent recyceltem Papier. © privat
Als sinnstiftend empfanden viele Teilnehmer - hier Tim Norer, der extra aus Graz angereist war, - die diesjährige Arbeitswoche des Kooperationsprojekts „Lebenswertes Oberursel“ im Stadtwald.
Als sinnstiftend empfanden viele Teilnehmer - hier Tim Norer, der extra aus Graz angereist war, - die diesjährige Arbeitswoche des Kooperationsprojekts „Lebenswertes Oberursel“ im Stadtwald. © Stadtwerke Oberursel

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