Glatteis: Chaos auf Straßen und in Schulen

Gefrierender Regen wirbelt Berufsverkehr und Tagesplanung kräftig durcheinander.
Hochtaunus -Gegen 3 Uhr in der Nacht zum Montag krachte es das erste Mal auf den Straßen des Hochtaunuskreises. Bis 11 Uhr habe es wegen Glatteises rund ein Dutzend Unfälle gegeben, erklärt Polizeisprecher Florian Henlein. „Zum Glück waren es jeweils nur Blechschäden.“ Bis zum Nachmittag stieg die Zahl der glättebedingten Unfälle im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hochtaunus auf rund 40.
Auch wer auf den öffentlichen Personennahverkehr ausweichen wollte, hatte zuweilen das Nachsehen. Die schwierigen Witterungsverhältnisse in den frühen Morgenstunden hatten den Betrieb der U 2 und U 3 nachhaltig behindert, wie die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) mitteilt. Der in der Nacht einsetzende Regen bei anhaltender Kälte habe auch Gleise, Weichen und Oberleitungen einfrieren lassen. Die U-Bahn-Linien seien zunächst nur zwischen Südbahnhof und Dornbusch gefahren. „Von dort bis Heddernheim fuhren ersatzweise Taxis, die aber - Anweisung der Taxizentrale - nicht nach Oberursel oder Hohemark fahren sollten“, so die VGF. Im Laufe der morgendlichen Hauptverkehrszeit habe sich die Lage entspannt, es sei aber weiterhin zu Ausfällen und Verspätungen gekommen. Gegen 10.15 Uhr seien Bahnen auch wieder von Heddernheim in Richtung Vordertaunus gefahren. Die Linie S 5 fuhr einer Sprecherin der Deutschen Bahn AG (DB) zufolge weitgehend regelmäßig.
Bus-Ausfälle bis in den Nachmittag
Bei den Bussen im Usinger Land habe der Busbetrieb kurz nach Betriebsbeginn komplett eingestellt werden müssen, erklärt Kreissprecher Alexander Wächtershäuser. „Da war trotz der entsprechenden Ausstattung der Busse kein sicheres Fahren mehr möglich.“ Von etwa 9 Uhr an sei der Busverkehr wieder schrittweise aufgenommen worden; doch sogar am Nachmittag fielen noch vereinzelt Busse aus.
Im Vordertaunus sei es ebenfalls den ganzen Tag über zu einigen Fahrtausfällen und Verspätungen gekommen. Bei winterlichen Straßenverhältnissen müssten die Busse deutlich langsamer fahren, erklärt Wächtershäuser, so dass Verspätungen nicht zu vermeiden waren. Je nach Situation müssten die Busfahrer die Lage bewerten und entsprechend reagieren. „Erlauben die Straßenverhältnisse keine sichere Fahrt, muss diese leider entfallen. Die Sicherheit von Fahrgästen hat hier oberste Priorität“, so der Sprecher.
Wie fies die Glätte war, zeigte sich beim Betriebshof in Bad Homburg. Schon um 7 Uhr tickerte über die App und in den sozialen Medien: Die bis einschließlich Donnerstag anstehende Abfuhr von Rest- und Biomüll sowie Altpapier wird jeweils um einen Tag verschoben - am Montag sollte kein Fahrzeug ausrücken. Später musste die Stadt dann ihren Wertstoffhof schließen. „Leider können wir trotz Abstreuens kein sicheres Abladen gewährleisten“, teilte der Betriebshof mit.
Denn auch dort, wo gestreut und zunächst geräumt war, gefror der Regen auf dem durchgekühlten Untergrund wieder, anfangs selbst in den tiefsten Lagen im Kreis.
Hängepartie an den Schulen
Für Eltern und Lehrer ergab sich gestern früh eine besonders schwierige Situation. Während unter anderem in den benachbarten Kreisen Limburg-Weilburg und Lahn-Dill bereits am Sonntag Fakten geschaffen wurden und nach Absprache mit dem dortigen Schulamt die Präsenzpflicht für den Montag ausgesetzt wurde, gab es im Hochtaunuskreis vielerorts eine Hängepartie. Das Staatliche Schulamt hatte am Sonntagabend den Schulen mitgeteilt, dass es ihnen beziehungsweise den Eltern freigestellt sei, wie angesichts der Wetterlage zu verfahren sei.
Selbst die weiterführenden Schulen im Usinger Land, die ein besonders großes Einzugsgebiet haben, waren am Sonntagabend noch davon ausgegangen, dass der Unterricht planmäßig stattfinden könnte. So berief sich die Adolf-Reichwein-Schule in Neu-Anspach noch um 22.30 Uhr darauf, dass es, Stand Sonntag, 18 Uhr, „keine akute Unwetterwarnung für den Hochtaunuskreis“ gebe. Allerdings sollten Eltern darauf verzichten, ihre Kinder mit dem Auto zu bringen, falls der ÖPNV nicht fahren sollte.
Auch auf den Homepages der Usinger CWS und des Gymnasiums Oberursel fand sich um 22.30 beziehungsweise 23 Uhr noch ein entsprechender Hinweis mit der Ergänzung: „Sollte sich die Lage so verschärfen, dass ein Schulbetrieb nicht möglich ist, werden wir Sie über die Homepage informieren.“ Da war längst klar, dass der Deutsche Wetterdienst für den kompletten Hochtaunuskreis die höchste Unwetter-Warnstufe angekündigt hatte. Und zwar bis 11 Uhr am Montag. Entsprechende Vorab-Informationen, dass sich eine schwierige Wetterlage ankündigt, gab es bereits lange vorher.
Die PRS in Friedrichsdorf hatte das am Sonntag schon früh erkannt und entschieden: Der Unterricht fällt aus. Das Bad Homburger KFG resümierte hingegen am späten Abend: „Unklar ist wie immer in solchen Situationen, wann die Lage eintritt und ob sie den Einzugsbereich unserer Schule betrifft. Das KFG wird den Unterricht im Normalbetrieb ab der ersten Stunde anbieten.“ Wer in den ersten beiden Stunden nicht kommen könne, müsse nur eine einfache Entschuldigung der Eltern vorlegen.
Taunusgymnasium und BNS (beide Königstein) hatten den Unterrichtsbeginn da schon auf die dritte Stunde verlegt. Das KFG zog nach, auch die Humboldtschule, die sich am Abend noch zurückgehalten hatte, setzte am Morgen ein Warn-Ausrufezeichen auf die Homepage und kündigte den Schulbeginn erst für die dritte Schulstunde an. In Bad Homburg war die Fußgängerbrücke über den Hessenring aber eh so gefroren, dass man wegen der Wölbung kaum rüber kam.
„Wahnsinnig viel zu tun“ an den Kliniken
Am Montag um 6.26 Uhr informierte der Kreis dann über seine Warn-App und Homepage, dass „jede Schule in eigener Verantwortung entscheidet, ob die Wetterbedingungen vor Ort einen geregelten Schulbetrieb zulassen“ und dass „Eltern frei entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken oder nicht.“ Eine Notbetreuung sei gewährleistet. Für den Tag gelte eine „großzügige Entschuldigungsregel“.
Dort, wo Präsenzunterricht am späteren Vormittag stattfand, galt es einiges zu organisieren. Bereits von 4.30 Uhr an war man an der Humboldtschule im Einsatz, berichtete Schulleiterin Carine Kleine-Jänsch. Eine wichtige Aufgabe war es, auf dem Gelände Wege zu ermöglichen und zu sichern, zumal das ständige Streuen nicht die gewünschte Wirkung zeigte. Wie viele Schüler letztlich an der Schule waren, konnte Kleine-Jänsch gegen Mittag noch nicht sagen, das gelte es noch gemeinsam mit den Lehrern zusammenzutragen. Im Kollegium sei es nur Einzelnen nicht möglich gewesen zu kommen. „Wir haben eingeschränkten Normalbetrieb“, lautete ihr Resümee. „Es hat alles gut geklappt.“
So sah es auch der KFG-Leiter Jochen Henkel. Er wies darauf hin, dass die Entscheidung, den Präsenzbetrieb abzusagen, immer eine Gratwanderung sei und erinnerte an die Sturmwarnung Anfang des Jahres: Damals war der Präsenzunterricht wegen eines angekündigten Sturmtiefs ausgesetzt worden, das dann aber nicht die angekündigten Ausmaße hatte.
In den Hochtaunus-Kliniken war gestern „wahnsinnig viel zu tun“, wie es seitens der Pressestelle hieß. Ärzte und Schwestern seien ununterbrochen in Behandlungen.
Daher sahen sich die Kliniken gestern nicht in der Lage, detaillierte Auskünfte über die Art der Unfälle und Verletzungen und Zahl der Patienten zu geben, die infolge des Glatteises dort behandelt werden mussten.
