Hitze des vergangenen Jahres und Borkenkäfer-Plage machen dem Wald schwer zu schaffen

In den 1990er Jahren war das Thema Waldsterben heiß diskutiert. Heute bestimmen Diskussionen um den Klimawandel die öffentliche Umweltdebatte. Blickt man genauer auf den Taunuswald und spricht mit Forstexperten, so muss man erkennen: Beide Phänomene sind aktueller denn je.
Hochtaunus - Günter Busch hält es - mit Blick auf den Zustand des Waldes - mit Johann Wolfgang von Goethe: "Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht", zitiert der Revierleiter des Bad Homburger Stadtwaldes den großen deutschen Dichter und Naturforscher.
Busch erlebt in seinem Berufsalltag natürlich ebenso oft, dass sich nicht wenige Bürger angesichts der großen Herausforderungen im Bereich Umwelt und Natur mit der inneren Haltung "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß" vor der Realität und allerlei Hiobsbotschaften schützen.
Lange Zeit waren Themen wie Klimawandel oder die Borkenkäfer-Plage rein abstrakte Nachrichten, die viele Menschen nicht wirklich an sich herangelassen haben. Doch wer dieser Tage die abgestorbenen Nadelbäume, zum Teil große Flächen mit toten Fichtengerippen wahrnimmt, schaut der Realität ins Auge.
Trockener Sommer
"Hätten wir nicht viele geschädigte und vom Borkenkäfer befallene Bäume bereits gefällt und weggeräumt, sähe der Wald noch ganz anders aus", sagt Busch nüchtern. Die Fichte sei aktuell massiv vom Absterben betroffen. Der trockene Sommer 2018 habe alle Baumarten geschädigt. Bei Laubbäumen würden die Schäden erst zwei bis fünf Jahre offensichtlich.
So sind zahlreiche Buchen durch den Trockenstress vom Buchenborkenkäfer und vom Buchenprachtkäfer befallen. Unter den Nadelbäumen sind neben flachwurzelnden Fichten, demnach vor allem auch Lerchen und Douglasien, die eigentlich eher trockene Standorte bevorzugen, betroffen.
Konkrete Zahlen will der Bad Homburger Revierförster nicht nennen. Ernüchternde Zahlen und Fakten hören wir hingegen aus Oberursel und dem Usinger Land. "Auf einem Viertel des Oberurseler Stadtwaldes stehen Fichten. Von diesen 188 Hektar Fichtenbestand waren im vergangenen Jahr bereits 40 Hektar vom Borkenkäfer befallen", sagt Michael Maag, der als Betriebsleiter beim BSO Oberursel auch für den Forst verantwortlich ist.
Ende Mai 2019 waren in Oberursel bereits 50 Hektar befallen. Die Stadt Oberursel ließ 1500 Bäume, zumeist Fichten, in der Nähe des Schulwalds, An der Heide, im Oberstedter Wald sowie an der Emminghaushütte fällen. "Ende des Jahres werden es 75 Hektar sein. Das sind 40 Prozent des Fichtenbestandes. Wir werden hier in absehbarer Zeit keine Fichten mehr haben", prophezeit Maag.
Nach Angaben des Usinger Stadtförsters Karl-Matthias Groß sind im Stadtwald Usingen seit dem vergangenen Jahr rund zehn Prozent der Fichten vom Borkenkäfer befallen. "Genauso viele Fichten wurden seit 2018 von den Stürmen geworfen. Dadurch haben wir bereits jetzt einen Gesamtverlust von einem Fünftel der Fichtenwälder", sagt der Forst-Fachmann. Er geht davon aus, dass auch in diesem Jahr bis zu zehn Prozent weitere Fichten vom Borkenkäfer befallen werden. Die Fichte, Baum des Jahres 2017, ist überall im Usinger Land das Sorgenkind des zuständigen Forstamtes Weilrod.
Sturmschäden
Die Fichten gerieten in der Dürre des vergangenen Jahres unter den oft zitierten "Trockenstress" und konnten sich nicht mehr gegen einbohrende Borkenkäfer mittels Harzfluss wehren. "Zwar verschwanden viele Borkenkäfer nach der Aufarbeitung des eingeschlagenen Holzes und der Abfuhr in den Sägewerken", sagt Forstmann Thomas Götz vom Forstamt Weilrod.
Durch zusätzliche Sturmschäden seien weitere 70 000 Festmeter Holz im Forstamtsbereich angefallen - das ist die doppelte Menge des sonst in einem Jahr üblichen geplanten Fichteneinschlages des Forstamtsbezirkes.
Im Bad Homburger Stadtwald hat alleine die Gewitterfront vom 24. April dieses Jahres den Forst weiter massiv geschädigt. Nach Angaben von Förster Günter Busch entsprechen die bis zu 8000 Festmeter vom Wind geknickten Bäume dem Soll des ursprünglich für 2019 geplanten Holzeinschlages.
INFO: "Das Schlimmste steht noch bevor"
Im vergangenen Jahr konnten sich nach Angaben von Ralf Heitmann, dem Leiter des Forstamtes Königstein, bis zu vier Generationen der Borkenkäfer entwickeln. "Wir waren in der glücklichen Lage, dass rund um den Feldberg der Käferbefall geringer war, als im Landesdurchschnitt", sagt Heitmann. "Unser Waldschutzkonzept hat gegriffen. Wir konnten viele Bäume fällen und das Holz abfahren, bevor die Käfer ausgeflogen sind."
Doch im vergangenen Jahr sei man mit den Möglichkeiten an die Grenzen des Machbaren gestoßen. Im Winter kam der zusätzliche Windwurf hinzu, was zusätzliche Arbeit bedeutete. "Das Schlimmste steht uns jetzt noch bevor", so Heitmann. In den kommenden warmen Tagen werden seiner Einschätzung nach Borkenkäfer massenhaft ausfliegen und neue Bäume befallen. "Es ist nun die Aufgabe aller Waldbesitzer, die befallenen Bäume zu finden, zu markieren und zu fällen. Die gefällten Bäume müssen rasch an die Waldwege gebracht werden."
Da aber die europäischen Holzmärkte wegen des massenhaft anfallenden Schadholzes verstopft sind, werden die Holzstämme wohl auf unbestimmte Zeit auf Poldern am Wegesrand lagern.
"Unsere einzige Chance besteht darin, auf die lagernden Stämme ein Kontaktgift und Insektizide aufzubringen, um die Käfer zu töten", sagt der Forst-Experte. "Für Passanten und Waldbesucher ist das ungefährlich, weil die Polder selbst niemand besteigen darf." map
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