Hochtaunus: Frei-Tickets gegen den ganzen Bahn-Frust

RMV-Manager und Wasserstoff-Triebwagenhersteller entschuldigen sich beim Verkehrsverband Hochtaunus und den Bahnkunden für Störungen, Ausfälle und Bus-Ersatztverkehr. Ab September soll alles glattlaufen.
Hochtaunus -Das Erfreuliche zuerst: Im August und September ist das Fahren mit der Taunusbahn RB 15 kostenlos: Freitickets für alle. Pendler, Schüler, Senioren, die im vergangenen halben Jahr im Einzugsgebiet mit verspäteten, defekten oder ausgefallenen (Wasserstoff)-Bahnen und Bus-Ersatzverkehren leben und leiden mussten, bekommen die Kosten für ihre Dauerkarten sowie des 49-Euro-Tickets erstattet. Und ab September sollen alle 27 georderten Triebwagen verfügbar und betriebsbereit sein. Will heißen: Ab dann sollen sie tatsächlich zuverlässig, stabil und regelmäßig verkehren. Das verkündeten die Spitze des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) und Vertreter des Triebwagenherstellers am Mittwochabend gegenüber der Hauptversammlung des Verkehrsverbands Hochtaunus (VHT), dem diverse Kommunen angeschlossen sind.
Vertrauen der frustrierten Bahn-Fahrgäste zurückzugewinnen ist die Devise. Dass der Start der Wasserstoffbahn „völlig fehlgeschlagen“ sei, räumen die RMV-Geschäftsführer André Kawai und Knut Ringat unumwunden ein. Und eine Verkehrswende sei nicht hinzubekommen, wenn der öffentliche Regionalverkehr nicht funktioniere und die Menschen sich gezwungenermaßen ins Auto setzen müssten, um zu ihren Arbeitsplätzen zu kommen. Das Podium im Rotunde-Forum des Landratsamts steht deshalb ganz im Zeichen des Bedauerns, des Entschuldigens und des Erklärens, warum die Wasserstoff-Triebwagen im Hochtaunus so fulminant gegen die Wand gefahren sind. Die versammelten Manager bemühen sich sichtlich um Transparenz und Offenheit. Nichts wird beschönigt, um nichts drumherum geredet.
„So eine Performance geht gar nicht. Das ist inakzeptabel. Wir sind beschämt“, erklärt Jens Sprotte, Marketingchef des Triebwagenherstellers Alstom selbstkritisch. Es habe aber nun mal durch pandemiebedingte Lieferkettenprobleme eine unvorhersehbare Kettenreaktion gegeben. Durch Qualitätsmängel und Ersatzteilprobleme sei es zu den Störungen und Ausfällen gekommen. Etwa seien Membranen des „Wasserstoff-Blowers“ minderwertig, Verkabelungen fehlerhaft gewesen. Die Fahrzeuge seien aber inzwischen „refitted“ - entsprechend modifiziert und repariert. Dass etwa die Technologie nicht ausgereift sei, lässt der Alstom-Mann nicht gelten: „Wir wollten nie eine grüne Banane bei Ihnen reifen lassen.“ Nein, man habe sich das ganz anders vorgestellt. In Niedersachsen würden die Triebwagen schließlich störungsfrei fahren. Auch eingesetzte Diesel-Ersatztriebwagen seien störanfällig und immer wieder ausgefallen, räumt auch Dirk Bartels von der DB Regio-Tochter Start GmbH ein, die die Taunusbahn betreibt. Obendrein schlage auch der Fachkräftemangel gnadenlos zu: Bis heute fehlten geschulte Triebfahrzeugführer. Sie hätten ihre Scheine für die Triebwagen mit Wasserstoff-Technologie nicht machen können, weil die Fahrzeuge schlicht nicht fuhren. Die Ausbildung habe immer wieder unterbrochen werden müssen. „Der Störfall war der Regelfall.“ Nicht nur die Hessische Landesbahn habe mit Fahrzeugen und Personal ausgeholfen, man versuche bundesweit Triebwagenführer zu ködern. Ebenso habe Software „einfach nicht funktioniert“. „Wenn wir das alles hätten kommen sehen, hätten wir es um ein Jahr verschoben“, ist zu hören.
Unisono könne man sich nur beim VHT und allen Bahnkunden entschuldigen und für die Geduld bedanken. Oberstes Ziel sei nunmehr, den Betrieb zu stabilisieren. Kavai kündigt ein „reduziertes, aber zuverlässiges Fahrplanangebot“ an. „Wir sind zum Erfolg verdammt. Es wird die Zukunftstechnologie sein“, lässt der RMV-Chef keinen Zweifel offen.
Die Wehrheimer VHT-Vertreterin fragt, warum man bei so einem großen Projekt, bei dem mit Anlaufpannen zu rechnen sei, nicht von vornherein einen Schienenersatzverkehr mit eingeplant habe. „Und haben Sie auch einen Plan B? Was, wenn es ab September wieder nicht funktioniert?“ Ein weiterer kommunaler Vertreter fragt nach dem wirtschaftlichen Schaden der ganzen Wasserstoff-Misere und was er den Steuerzahler koste. „Keinen Cent“, versichert RMV-Chef Knut Ringat. So zahle Alstom den Schienenersatzverkehr. Zudem würden die Möglichkeiten von Vertragsstrafen ausgeschöpft. Statt-Mann Bartels wünscht sich, „dass wir in einem Jahr zusammensitzen und sagen: Wir hatten eine schwierige Zeit, haben aber ein tolles Leuchtturmprojekt in Deutschland“.
Zum Ende kommen ob der klaren Worte auch versöhnliche Töne aus dem VHT-Auditorium: „Es ist angemessen, dass Sie heute hier sind. Ich habe viel verstanden. Sie haben mein Mitgefühl“, stellt eine Delegierte ausdrücklich fest.