Helen I. von Königstein verabschiedet sich
Für Königsteins amtierendes Burgfräulein Helen I. heißt es morgen Abend Abschied nehmen von der Krone. Und das nach 14 Monaten. Eine der längsten Amtszeiten, die je eine Lieblichkeit auf dem Thron der Kurstadt saß. Vor ihrem Abschied sprach Helen mit TZ-Redakteur Stefan Jung über das, was war, das was kommt und darüber, was das Burgfräulein für die Kurstadt so besonders macht.
Helen, Du hast jetzt 14 Monate lang die Krone des Königsteiner Burgfräuleins getragen. Nur sehr wenige Deiner Vorgängerinnen dürften eine längere Amtszeit vorweisen können. Macht das Mehr an Zeit den Abschied von der Krone jetzt leichter oder schwerer?
HELEN I.: Ich denke schon, dass es mir den Abschied etwas leichter macht. Was nicht heißt, dass ich nicht jeden Monat mehr im Amt genossen habe. Aber jetzt kann ich doch mit großer Zufriedenheit sagen, dass ich alles, was ich mir bei meinem Amtsantritt erhofft hatte, auch erlebt habe. Und sogar noch einiges mehr. Es waren tolle 14 Monate.
Ein Mehr an Amtszeit hat natürlich auch ein Mehr an Terminen zur Folge. Hast Du mitgezählt, wie oft Du im grünen Samtkleid für Burgverein und Stadt unterwegs warst.
HELEN I.: Genau Buch geführt habe ich nicht. Aber es dürften schon rund 60 Termine gewesen sein. Das Büdesheimer Laternenfest, das Schützenfest in Ortenberg, Kinder im Park und das Sachsenhäuser Brunnenfest waren sogar doppelt dabei – das brachte die verlängerte Amtszeit mit sich (lacht).
Hier die doppelten, da die einmaligen Auftritte – an welche ganz besonderen Termine wirst Du Dich vermutlich noch in vielen Jahren erinnern, wenn Du auf Deine Zeit als Burgfräulein Rückschau hältst?
HELEN I.: Natürlich ist das „eigene“ Burgfest mit der Inthronisation und dem großen Festzug etwas, was sicher bei jedem Burgfräulein den größten bleibenden Eindruck hinterlässt. Das wird bei mir nicht anders sein. Darüber hinaus durfte auch ich die Erfahrung machen, dass die Reisen in die Partnerstädte und die herzliche Gastfreundschaft in Kórnik wie auch in Le Cannet einmalig sind. Wie hier die Idee des geeinten Europa gelebt wird, das ist schon etwas ganz Besonderes.
Du hattest in Deiner Antrittsrede ein flammendes Plädoyer für Königstein gehalten und die sogenannten „Schlafbürger“ dazu ermuntert, mehr am Leben in der Stadt teilzunehmen. Hast Du das Gefühl, dass Deine Botschaft bei allen, die es hören sollten, auch angekommen ist?
HELEN I.: Sicher nicht bei jedem. Das habe ich auch gar nicht erwartet. Es soll sich ja niemand gezwungen fühlen, am Leben in der Stadt teilzuhaben. Mein Ziel war und ist es, den Leuten Lust darauf zu machen, sich einzubringen. Denn es macht Freude und ist absolut bereichernd. Das sehe ich ja bei mir selbst am besten.
Inwiefern?
HELEN I.: Noch vor drei, vier Jahren hätte ich mir kaum vorstellen können, dass ich einmal Burgfräulein werden und im Vorstand der Plaschis an der neuen Fastnachtskampagne mitfeilen würde. Und jetzt bin ich mit dabei und habe großen Spaß daran. Ich denke, jeder, der solche positiven Erfahrungen gemacht hat, der gibt sie auch in seinem persönlichen Umfeld gerne weiter und zieht wiederum andere mit. Das ist am Ende die beste Werbung dafür, sich aktiv in der Stadt einzubringen. Und ich denke, dass man gerade als Königsteiner Burgfräulein genau dafür auch steht.
Mit „stehen“ allein ist aber sicher nicht getan. Wenn man bedenkt, dass Du unter der Woche in Heidelberg studierst und dann an den Wochenenden noch rund 60 Termine in der hessischen Heimat zu bewältigen hattest, klingt das nach einem recht bewegten Leben als Lieblichkeit. Wie kriegt man das alles unter eine Krone?
HELEN I.: Durch meine Zeit im Hofstaat von Nora und später dann von Isabelle hatte ich ja schon mehr als nur eine Ahnung davon, was mich erwarten würde. Das war sicher eine gute Schule. Da kann einen so schnell nichts erschüttern. Und wenn es dann doch mal etwas stressig zu werden drohte, konnte ich mir immer sicher sein, dass jemand da war, der mir half.
Ist das glanzvolle Spiel um die Krone also zu einem gewissen Teil auch ein Mannschaftssport?
HELEN I.: Auf jeden Fall. Natürlich steht das Burgfräulein im Rampenlicht. Aber ohne ein tolles Team im Rücken geht es nicht. Und das hatte ich absolut. Meine Familie, meine Freunde, die Verantwortlichen des Burgvereins und natürlich mein Hofstaat – Florian, Lotte, Charly, unsere kleine Hofdame Nina und unsere Hofstaatsmama Alexandra – sie alle standen mir zur Seite und haben mir ein fantastisches Jahr ermöglicht. Und das ist jetzt nur der innere Kreis.
Heißt im Umkehrschluss, es gibt auch einen „äußeren“?
HELEN I.: Unbedingt. Und der ist groß. Ich habe die schöne Erfahrung gemacht, dass sich ein Burgfräulein immer auf „seine“ Königsteiner verlassen kann, wenn mal Not an der Frau ist.
Not an der Frau – gibt es da Beispiele?
HELEN I. (schmunzelt): Oh ja, ich denke zum Beispiel an Dagmar Reuter von der Nähstube, die sich sofort ins Auto setzte und mir Ersatz brachte, als mir ein Knopf von meinem Kleid abhandengekommen war. Oder an den heldenhaften Einsatz „meines“ Ritters Jens, der mich in den Burgfestnächten nicht nur nach Hause eskortierte, sondern mir auch galant das schwere Samtkleid öffnete.
Wie bitte?
HELEN I. (lacht): Das war ganz harmlos und unverfänglich. Jedes Burgfräulein weiß auch eigener Erfahrung, dass es fast unmöglich ist, ohne Hilfe aus dem Kleid herauszukommen. Da war Jens mein „Ritter in der Not“, wie er es auch schon für einige meiner Amtsvorgängerin war. Gerade solche liebenswerten Details sind es, die zeigen, dass das Burgfräulein für die meisten Königsteiner eben sehr viel mehr ist als schmückendes Beiwerk für Festakte und Vereinsjubiläen. Es ist ein Teil der Identität dieser Stadt. Und das wiederum macht es so schön und irgendwie auch leicht, die Krone zu tragen.
Hast Du das nie als Bürde empfunden?
HELEN I.: Nicht einen Tag. Ich hatte auch nicht einen Tag ein komisches Gefühl, wenn ich im Kleid und mit Krone auf dem Kopf noch schnell vom Friseur zum Café Kreiner gelaufen bin, um Pralinen für den nächsten Termin abzuholen. In Königstein ist das eine Selbstverständlichkeit. Da erntet man keine schiefen Blicke, sondern spürt immer diese angenehme Vertrautheit.
Woher kommt diese enge Bindung der Königsteiner zu „ihrem“ Burgfräulen – hast Du eine Idee?
HELEN I.: Ich glaube, die lange Tradition, die dieses Amt umgibt, spielt da eine entscheidende Rolle. Jede Generation kann mit dem Burgfräulein etwas verbinden. Für die Älteren sind es die Erinnerungen an die guten alten Zeiten, in denen sie selbst noch auf der Burg gefeiert haben, und bei den kleinen Mädchen weckt es den Traum, vielleicht selbst einmal das Kleid und die Krone tragen zu dürfen.
Für Dich endet dieser Traum jetzt morgen. Weißt Du denn schon, was Dich nach dem Aufwachen erwartet?
HELEN I.: Da gibt es so einiges. Zunächst einmal freue ich mich schon darauf, das studentische Leben in Heidelberg auch mal an den Wochenenden etwas mehr genießen zu dürfen. Bislang war das, ob des Pendelns, kaum möglich. Außerdem steht für mich ein Praktikum im Hessischen Finanzministerium an. Im März kommenden Jahres dann werde ich mit meiner Schwester einen ganzen Monat mit dem Rucksack durch Thailand reisen. Aber jetzt freue ich mich erst einmal darauf, das Burgfest in dem guten Gefühl feiern zu dürfen, dass am nächsten Morgen der Wecker nicht schon wieder um 8 Uhr klingelt.
Vor der Inthronisation
Lesen Sie morgen an dieser Stelle, wie sich Königsteins kommende Lieblichkeit Charlotte Pignataro auf ihre Inthronisation am morgigen Abend und ihr Jahr als Burgfräulein vorbereitet.