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Kritischer Blick vor dem Klick

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Ein wenige verschwommen wirkt das Emblem vom Bundesministerium der Justiz, doch das vom BKA prangt rechts oben gestochen scharf.
Ein wenige verschwommen wirkt das Emblem vom Bundesministerium der Justiz, doch das vom BKA prangt rechts oben gestochen scharf. © NATASCHA HEIDENREICH

Bloß nicht den Anhang öffnen: Aufwendig gefälschte BKA-Mails mit „Vorladungen“ sind im Umlauf. Es gibt verschiedene Wege, sich zu schützen.

Hochtaunus -„Das Unglück rennt immer schneller“, als man selbst. Diese Redewendung ist dem 95-jährigen Mann schon geläufig. Aber in diesem Fall war er seinem Ungemach einen Schritt voraus - und schlug dreisten Betrügern ein Schnippchen.

Als der Mann aus Oberstedten vor einigen Tagen sein E-Mail-Postfach öffnete, schien zunächst alles normal zu sein. Er überflog alles, was neu ist und stutzte: Eine Nachricht vom Bundeskriminalamt (BKA). Er schluckte und war für einen Moment erschrocken, dann aber misstrauisch. Was könnte das BKA schon von ihm wollen? Wie komisch. Er löschte die Nachricht kurzerhand. Doch sie blieb ihm im Gedächtnis. Und nach einem Tag holte er sie wieder aus dem virtuellen Papierkorb hervor.

Das Emblem des BKA war oben rechts zu sehen, das Bundeswappen Deutschlands hinter dem Text, die Vorladung als Wort gefettet und die Liste der Straftaten, die ihm vorgeworfen wurden, las er mit Erstaunen, darunter Kinderpornografie, Pädophilie und Exhibitionismus.

Falsche Paragrafen und viele Fehler

Das angebliche BKA nannte in der E-Mail sogar Artikel 372 des Strafgesetzbuches, um zu unterstreichen, dass der Rentner in großen Schwierigkeiten steckt. Dass das Strafgesetzbuch bei Paragraf 358 endet und keinesfalls mit der Bezeichnung „Artikel“ arbeitet, sei nur am Rande erwähnt.

„Es ist nach wie vor eine gängige Masche“, sagt der Polizei-Pressesprecher, Kriminalhauptkommissar Ingo Paul. Bereits im Dezember 2021 und Mai 2022 kursierten solche E-Mails von unbekannten Absendern, die sich als BKA-Präsident Holger Münch ausgaben. Das BKA habe nun festgestellt, dass solche E-Mails wieder verstärkt im Umlauf sind, berichtet Paul. Die E-Mails enthalten auch gefälschte Vorladungen, verbunden mit der Aufforderung, sich innerhalb einer Frist über eine in den Schreiben angegebene E-Mail-Adresse an das BKA zu wenden.

„Ziel ist, Schadsoftware auf den Computer zu bringen, ihn zu sperren, oder sich irgendwie Zugang zum Online Banking zu verschaffen“, sagt Paul. „Das sind hochprofessionelle Täter, die da am Ende des Tages mit 100 000 Euro und mehr rausgehen.“

Genaue Zahlen für den Hochtaunus kann Paul nicht nennen, „weil die Dunkelziffer so hoch ist“, sagt der Polizei-Sprecher. „Viele melden die fehlgeschlagenen Betrugsversuche nicht und manche, die darauf hereingefallen sind, melden sich aus Scham nicht.“ Ein Fehler. Das echte Bundeskriminalamt warnt auf seiner Website gezielt vor dieser professionellen Masche, und auch Paul betont, wie wichtig es sei, Anzeige zu erstatten, damit es gelingt, die Täter zu fassen.

Beim E-Mail-Betrug sei das schwierig, merkt Paul an und rät, niemals unbekannte Links anzuklicken, und keinesfalls dürften Anhänge geöffnet werden. „Wenn es doch geschieht, dann muss der Computer sofort vom Internet getrennt und am besten auch ausgeschaltet werden.“ Dann sollte er zu einem Fachmann gebracht werden.

Alles sollte genau gelesen werden, sagt Paul. Bei einem kritischen Blick auf die Mail - wie die des Oberstedteners - fällt dann eventuell auf, dass eine Vorladung nicht voller Rechtschreibfehler steckt, dass sie gewiss nicht von einer E-Mail-Adresse, die da lautet: kitten.alderdice@stu.murray.kyschools.us, gesendet wird und dass Vorladungen ohnehin niemals per E-Mail verschickt werden. „Da ist Deutschland altmodisch“, meint Paul. „Sie werden postalisch versendet.“

Auch andere Betrugsmaschen sollten nach Möglichkeit immer angezeigt werden. „Was uns im Hochtaunus momentan etwas mehr beschäftigt, sind neben den üblichen Schockanrufen, dem Enkeltrick und den falschen Polizisten, vermehrt betrügerische Nachrichten, die über Whatsapp versendet werden.“ Hierbei bekommen die Betroffenen eine Nachricht von einer unbekannten Nummer, die angeblich von einem nahen Verwandten stammt, der dringend Geld für einen Handwerker oder Ähnliches braucht. „Manche überweisen da bis zu 4000 Euro“, sagt Paul.

Ein Tipp des Experten: „Immer skeptisch sein, wenn es eine Geldforderung gibt. Echte Polizisten kommen niemals mit Geldforderungen an die Haustür.“ Eine andere Empfehlung lautet, Gegenfragen zu stellen, die nur echte Angehörige beantworten können. Wichtig ist, aufmerksam zu bleiben.

So wie der 95-Jährige, der die E-Mail nun endgültig gelöscht hat. Aber zuvor hat er bei der Polizei Anzeige erstattet.

Die Warnung steht auch auf der BKA-Website: Vorsicht vor gefälschten E-Mails.
Die Warnung steht auch auf der BKA-Website: Vorsicht vor gefälschten E-Mails. © dpa

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