Dampfer ist schon abgefahren
Das Jahr ist halb rum – und jetzt hat Kronberg endlich seinen Haushalt. Der ist ausgeglichen. Diskutiert wurde trotzdem.
Da rennt man zum Hafen, um dem auslaufenden Schiff zuzuwinken, muss aber feststellen, dass es bereits am Horizont ist. Klar, dass man dann vom Ufer aus keinen Einfluss mehr auf den Kurs nehmen kann. Mit diesem Bild brachte Dr. Andrea Marlière ihr Empfinden, ja ihre Verwunderung über die späte Haushaltsberatung zum Ausdruck. Beim Haushalt 2016 sei der Dampfer bereits abgefahren, die KfB werde diesen Haushalt nicht „abnicken“, freue sich aber schon auf eine konstruktive Beratung des neuen Etas. Bei den Abstimmungen zum Etat agierte die KfB-Fraktion nicht einheitlich. Dort, wo Co-Fraktionschefin Dr. Heide-Margaret Esen-Baur votierte, enthielten sich ihre Fraktionskollegen oft.
Im ordentlichen Ergebnis schließt der Haushalt mit einem Plus von 6334 Euro. Ein Ergebnis, das – da machte sich niemand etwas vor – auf positiven Sondereffekten beruht.
Thorsten Keller (Grüne) hatte kein Verständnis dafür, dass die Stadtverordneten so lange auf den Haushalt hätten warten müssen. Die Konsequenzen aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) hätte man in einem Nachtragshaushalt berücksichtigen können.
Investition in IT
Dietrich Kube von der FDP-Fraktion wollte mit dem „Mythos von der Konsolidierung“ aufräumen, den die schwarz-rote Koalition über die vergangene Wahlperiode verbreite. Dass der Haushalt von 2016 ausgeglichen ist, sei lediglich der Einnahmeverbesserung in Höhe von 9,5 Millionen Euro zu verdanken. Die Konsolidierung selbst habe nur Einsparungen in Höhe von 574 000 Euro erbracht, sei also nur ein sechsprozentiger Beitrag zum positiven Haushaltsergebnis. Kube wiederholte sein Argument aus dem Haupt- und Finanzausschuss (HFA), die Stadt müsse Personal einsparen. Die Mitarbeiter sollten durch moderne Informationstechnologie entlastet werden. Da müsste die Stadt investieren.
„Mir fehlt da das Konkrete“, kritisierte Udo Keil, Fraktionsvize der Grünen. Kube solle Ross und Reiter nennen, auf welche Leistungen er verzichten wolle.
Christoph König, Fraktionschef der SPD und Vorsitzender des HFA, machte deutlich, dass er Zweifel an der Haushaltskompetenz der FDP habe. So mokierte er sich über den Vorschlag der Liberalen, die Stadtwerke sollten mehr Gewinn erwirtschaften und an die Stadt ausschütten. Im Bereich der Gebührenhaushalte gehe dies von vorneherein nicht und in den anderen Bereichen sei die Stadt zu 90 Prozent Auftraggeber. Für Gewinne der Stadtwerke müsste die Stadt also zuvor mehr an die Stadtwerke zahlen. Auch mit dem Vorschlag der FDP, drei Stellen zu streichen und somit schon in diesem Jahr 60 000 Euro zu sparen, ging König scharf ins Gericht. „Da hätten wir drei städtische Mitarbeiter noch am selben Abend entlassen müssen.“
Der schwarz-roten Koalition sei es binnen fünf Jahren gelungen, ein planmäßiges Defizit von 5,8 Millionen auf Null zu drücken, so König. Er kritisierte den KFA als „Solidaritätsabgabe an die Landeskasse“, begrüßte aber, dass jetzt der Wettlauf der Kommunen um den niedrigsten Gewerbesteuersatz beendet sei.
Kritik an neuer Stelle
Andreas Becker, Fraktionschef der CDU, sieht im aktuellen Haushalt den Konsolidierungskurs von Schwarz-Rot aus der vergangenen Wahlzeit bestätigt, wertete die Sondereffekte als „Glück der Tüchtigen“. Zu den Anstrengungen habe gezählt, 4,25 Stellen in der Verwaltung abzubauen. Dass 2016 vier neue Stellen geschaffen werden sollen, würde diesen Effekt zunichte machen. An der Stelle für Flüchtlingsintegration und zwei Stellen für Auszubildende habe seine Fraktion nichts auszusetzen. Dass aber eine zusätzliche Stelle in der Hauptverwaltung geschaffen und schon besetzt worden sei, kritisierte er. „Vertrauensvolle Zusammenarbeit stelle ich mir anders vor.“
Noch ein Sondereffekt: Schon allein durch das späte Verabschieden des Haushalts gibt die Stadt weniger Geld aus.