Gregor von Opel erinnert an Pionierleistung seines Vaters

Die Idee war gut, doch die Welt noch nicht bereit: Dr. Georg von Opel baute 1971 einen GT zum Elektroauto um, um die Leistungsfähigkeit und das Zukunftspotenzial dieses alternativen Antriebes unter Beweis zu stellen. Kurz darauf starb er – und mit ihm die Chance, die Technologie in Hessen weiterzuentwickeln.
Dr. Georg von Opel war ein Visionär. Das lässt sich mit Fug und Recht behaupten, wenn man den Original-Prototypen des Opel GT mit Elektroantrieb näher betrachtet. Heute ist das Thema Elektromobilität allgegenwärtig. 1971 aber musste der silberne Blitz ungeheuer futuristisch anmuten: Die Batterien wogen mehrere hundert Kilo und fanden ihren Platz in speziellen Gitterkäfigen auf der Rückbank. Für geplante Langstreckenrekorde über 100 Kilometer Entfernung wurde damit auch noch die Beifahrerseite beladen. Allein, über mehr als 44 Kilometer Strecke ist er seinerzeit nicht hinausgekommen, weil die Batterien schlappmachten.
Der Sohn des Erfinders, Gregor von Opel, erinnerte gestern an die Pionierleistung seines Vaters. „Er zeigte, dass der Elektroantrieb eine gute und leistungsfähige Alternative sein kann – zwanzig Jahre, bevor es Anfang der 1990er-Jahre zu einer Renaissance der Technologie kam.“ Die Motivation des Vaters kam nicht nur daher, weil er ein Tüftler war, auf dessen Konto beispielsweise auch ein innovativer Ski-Schuh ging. Bereits früh hatte er eine eigene, unabhängige Tankstellenkette aufgebaut. „Es muss endlich auch bei uns einen billigen Treibstoff geben, der nicht durch den Luxus verteuert wird, den die großen Gesellschaften mit ihren Tankstellen-Prachtbauten auf teurem Baugrund an den Hauptverkehrsstraßen betreiben“, zitierte der „Spiegel“ ihn 1955. Später sah er jedoch, spätestens unter dem Eindruck der bevorstehenden Ölkrise, Konflikte voraus, erzählte sein Sohn. Mit den Partnern Bosch, Varta und Continental griff er ein Konzept wieder auf, das in Vergessenheit geraten war: „1910 wurden noch 40 Prozent der Autos mit Dampf betrieben, 38 elektrisch, und nur 22 Prozent mit Benzin.“ Der Opel GT sollte von Opels Demonstrationsobjekt werden.
Das Modell hatte 1968 Premiere gefeiert, für die Präsentation wurde im August 1968 sogar ein Werbefilm auf dem Feldberg gedreht, berichtete Olaf Moldzen, Vorsitzender des Dachverbands europäischer GT-Clubs. 1971 baute Dr. Georg von Opel einen GT zum Elektroauto um, der seine Leistungsfähigkeit schnell unter Beweis stellte. Im Mai stellte er sechs Weltrekorde auf dem Hockenheimring auf, und mit einer Spitzengeschwindigkeit von 188,86 Kilometern pro Stunde brauchte sich der Elektro-GT nicht vor anderen Benziner-Modellen zu verstecken. Noch war es allerdings nur ein Prototyp, weit weg von der Serienreife: Das Fahrwerk war aufgrund des Gesamtgewichts von 1680 Kilogramm, wovon rund die Hälfte die Nickel-Cadmium-Zellen ausmachten, mit härteren Federn ausgestattet. Zudem verrichtete ein elektrisches Kühlgebläse seinen Dienst, der Bremskraftverstärker erhielt eine elektrische Vakuumpumpe. Am Steuer saß der Erfinder höchstpersönlich, wenn auch angesichts des knappen Raumes etwas eingeengt.
Euphorische Berichte
Die Zeitungen berichteten wohlwollend bis euphorisch: „Stiller Traum“, hieß es damals, oder: „Weltrekord auf leisen Sohlen“. „Wer dabei war, wird nie vergessen, wie der Wagen mit der typischen Wucht des Elektroantriebs maximal und lautlos beschleunigte, dicht an der Haftgrenze der Reifen“, berichtete das auto-journal. Der Traum zerplatzte, als Georg von Opel im August 1971 starb. Heute steht der E-GT in der Oldtimer-Werkstatt des Autobauers in Rüsselsheim.
Gregor von Opel verband mit der einmaligen Präsentation gestern in Kronberg auch einen Appell: „Wir sollten uns ein bisschen mehr verlieben in die Elektromobilität.“ Denn die Technologie bringe Vorteile für Luft und Umwelt, und auch der Lärmpegel sinke. dsc