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Terror wuchert wie ein Krebsgeschwür

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Für den Westen ist der „Islamische Staat“ nichts weniger als ein Alptraum. Vor allem, weil es die Islamistengruppe versteht, Ängste vor Terror, Genozid und Herrenmenschentum zu visualisieren. Historiker Dr. Oliver Piecha rät trotzdem zur Gelassenheit.

Von MURIEL-LARISSA FRANK

Die Bilder und Videos, die der IS produziert, sind an Brutalität kaum zu überbieten. „Das ist gewollt. Die Jihadisten denken sich immer neue Exekutionsmethoden aus, um Aufmerksamkeit zu bekommen“, erklärt Dr. Oliver Piecha, als er am Donnerstagabend in der Stadthalle zum Thema „Das Kalifat der Alpträume“ referierte. Der IS lasse Alpträume wahr werden und zwar mit einer ruchlosen Selbstverständlichkeit.

„In den Köpfen der Menschen ist er deshalb bereits angekommen. Die Bilderwelten des IS, in denen er Elemente totalitärer Herrschaft des 20. Jahrhunderts aufgreift, sind wie für uns gemacht. Sie bedienen unsere Ängste vor Terror, Genozid und Herrenmenschentum“, erklärt er und spielt auf Fotografien an, auf denen mehrere tausend irakische Soldaten zu sehen sind, wie sie von den Jihadisten gedemütigt in den Tod marschieren. „Dahinter stecken Medienprofis. Das gilt auch für das Männermagazin Dabiq, das seinen Titelseiten regelmäßig apokalyptische Züge verleiht“, so der promovierte Historiker.

Ansprechen solle das die unzähligen jungen Männer aus schwierigen sozialen Verhältnissen, die vor allen in den Vorstädten der Metropolen leben – von Paris bis Islamabad. „Die ISIS hat nämlich für diese Menschen etwas zu bieten“, so der Wiesbadener. Jugendliche könnten das, was sie bisher nur aus Videospielen kennen, nun in der Realität ausprobieren. Das mache in gewisser Weise auch die Faszination des IS aus.

Druck ausüben

„Was hat sich der IS für Europa ausgedacht?“, will eine Zuhörerin besorgt wissen. Der Historiker hat eine Theorie: „Sie wollen den Krieg in den Westen tragen und bemühen sich, ihre Kämpfer aus dem Kalifat hinaus in die Welt zu entsenden. Dort können sie viel mehr Druck ausüben.“ Ob der IS das Ergebnis einer verfehlten Nahostpolitik des Westens sei, fragt jemand aus dem Publikum. „Ja und Nein“, antwortet Piecha, „Er ist vielmehr das Ergebnis einer total verfehlten Syrienpolitik.“

Bis 2011 sei die Revolution gegen Machthaber Assad in Syrien friedlich verlaufen. Doch im Westen habe man nicht die Richtigen unterstützen wollen. Jetzt habe man stattdessen die Irren da am Start, die sich auf ihrem Eroberungszug auch an den Beständen der von den Amerikanern ausgerüsteten irakischen Armee bedient hätten.

„Hätte man den IS militärisch bekämpfen wollen, wäre er schnell besiegt gewesen. Doch man hätte damit direkt den nächsten Konflikt heraufbeschworen.“ Jetzt aber wuchere die Idee um die Welt wie ein Krebsgeschwür, so Piecha.

Was könne denn der Einzelne tun, um dem Kalifat entgegenzutreten, wollte schließlich ein älterer Herr wissen.

„Wir sollten weder hysterisch noch panisch werden, auch wenn der IS archetypische Ängste bedient. Zynisch betrachtet, sollten wir es wie die Israelis halten, die gelernt haben, sich von ihren Feinden keine Angst einjagen zu lassen“, rät Piecha.

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