Jung und für Veränderungen bereit

Am 1. Juni tritt Sebastian Krombacher seine Stelle als neuer Pfarrer in Hausen und Westerfeld an
Neu-Anspach -Seit November 2021 waren die Kirchengemeinden Hausen und Westerfeld, die Anfang 2022 fusioniert haben, ohne eigenen Pfarrer. Das ist bald vorbei. Sebastian Krombacher wird am 1. Juni seinen Dienst antreten. Im aktuellen Gemeindebrief hat er sich schon vorgestellt, im Gespräch mit der Presse teilt er mit: „Ich habe auch schon einige Kasualien (Taufen, Konfirmation, Trauung Beerdigung, Anm. d. Red.) übernommen.“
Das lag für den 34-Jährigen nahe, weil Neu-Anspach schon vor einiger Zeit für ihn, seine Frau Julia sowie ihre Kinder, die vierjährige Sophia und den dreijährigen Levi, zur Wahlheimat geworden ist. „Deshalb sind wir als Familie umso glücklicher darüber, dass Ihr Kirchenvorstand mir diese Gemeinde anvertraut hat“, schreibt er im Gemeindebrief. Dort gibt er auch noch mehr über sich preis.
Mutig Neues ausprobieren
„So sehr ich Traditionen zu schätzen weiß, so wenig fürchte ich, Althergebrachtes dankbar zu verabschieden, wenn es nicht mehr trägt und zum Leben dient“, sagt er. Und: „Ich experimentiere leidenschaftlich gerne mit Gottesdienstformaten und alternativen kirchlichen Angeboten und stehe für lebendige Gottesdienste mit Raum für Spontaneität.“ Dabei wolle er gerne neue Wege gehen und mit motivierten Menschen Ideen entwickeln und kreativ werden. „Hier wünsche ich mir eine Gemeinde, die mit mir bereit ist, mutig zu sein, auszuprobieren, vielleicht auch zu scheitern, aber das Vertrauen auf Gottes Wirken nicht zu verlieren.“
Was macht den Pfarrer, der auf Umwegen zum Theologiestudium gekommen ist, da so sicher? „Die echte Überzeugung kam erst mit den praktischen Erfahrungen, die mir gezeigt haben, wie ich für Menschen da sein kann“, verrät er. Dabei sieht er das eigentliche Pfarramt nur als einen Teil seiner Aufgabe. „Im Idealfall bin ich für alle ansprechbar, konfessionsübergreifend, gerne auch im interreligiösen Dialog“, meint Krombacher. Für ihn ist es wichtig, dass sein von der evangelischen Identität geprägtes Amt ihn und andere trägt.
Offener Raum soll zum Leben dienen
Als Pfarrer stehe er für begleitendes und befähigendes Handeln in der Kirchengemeinde und vernetzendes Wirken an der Schwelle zum Sozialraum. „Kirche ist nur Kirche, wenn sie Kirche für andere ist“, zitiert er Dietrich Bonhoeffer. Um besonders gut füreinander da zu sein, gelte es, Fähigkeiten zu bündeln. Sein Gemeindeverständnis sprenge den pfarrer- und gottesdienstzentrierten Rahmen. „Im Sinne des Pauluswortes in 1. Korinther, 12 glaube ich an eine lebendige Gemeinschaft als ein Leib mit vielen Gliedern“, so Krombacher.
Er ist sicher: „Diese Gemeinschaft kennt zwar unterschiedliche Begabungen und Bedürfnisse, aber sie kennt keine sozialen oder ethnischen Grenzen. Und sie muss auch nicht an der formalen Kirchenmitgliedschaft scheitern.“ Seine Auffassung lautet: „Für mich sollte Kirche ein offener Raum sein, der Menschen zum Leben dient und befreit.“
Seine private Lebenssituation bringt eine gewisse Nähe zu jungen Familien mit sich. Er liebe Kitagottesdienste, Taufen, Hochzeiten und Religionsunterricht in der Grundschule. „Aber auch die seelsorgliche Begleitung von Menschen liegt mir sehr am Herzen“, sagt er zu seiner neuen Gemeinde und: „Ich freue mich darauf, Sie in Ihrem Leben begleiten zu dürfen, mit Ihnen Gemeinschaft zu gestalten und das Leben hoch zu halten, das uns geschenkt wurde.“ Wie ein Geschenk ist für den neuen Pfarrer und seine Familie, dass sie im Pfarrhaus in Rod am Berg einziehen dürfen. Das sei nur durch den Strukturprozess der evangelischen Kirche möglich, in den er sich künftig ebenfalls einbringen wird. Den ersten Gottesdienst wird Krombacher in seiner neuen Gemeinde am 4. Juni halten. Seine Ordination wird am 9. Juli um 17 Uhr in der Hausener Kirche stattfinden.
Ein schwerer Unfall veränderte sein Leben
Geboren im bayerischen Rosenheim, aufgewachsen in Bad Vilbel und schon seit einiger Zeit in seiner Wahlheimat Neu-Anspach zu Hause ist Sebastian Krombacher, der künftige Pfarrer der Kirchengemeinde Hausen-Westerfeld. Eigentlich wollte er nach dem Abitur Lehrer für Deutsch und Sport werden. Doch ein schwerer Unfall, dem mehrere Operationen folgten, machte seine Pläne in Bezug auf Sport zunichte.
„Während der Genesungsphase hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und habe mich mit Gott und der Welt befasst, obwohl ich eigentlich nicht kirchlich sozialisiert war“, erzählt Krombacher. Deshalb wählte er statt Sport als zweites Fach fürs Lehramtsstudium in Frankfurt evangelische Religion. Durch die Förderung eines Professors hat er dann die alten Sprachen gelernt und ein Volltheologiestudium angehängt. „Mein besonderes Interesse galt dabei stets Phänomenen, die Menschen von Gott sprechen lassen, und der Frage nach der Wahrheitsfähigkeit theologischer Aussagen“, sagt er. In seinem Spezialvikariat, also der Vertiefungsphase vor dem Dienstantritt in der neuen Gemeinde, hat er sich mit Organisationsentwicklung und „Change Management“ (Veränderung von Organisationen) beschäftigt. Das wird er brauchen können für den anstehenden Strukturwandel der evangelischen Kirche im Usinger Land. VON EVELYN KREUTZ