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Hochtaunusstift macht dicht: „Ganz furchtbar für Bewohner und Angehörige“

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Von: Evelyn Kreutz

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Das Hochtaunusstift in Neu-Anspach stellt kurzfristig seinen Betrieb zum 31. März ein.
Das Hochtaunusstift in Neu-Anspach stellt kurzfristig seinen Betrieb zum 31. März ein. © Evelyn Kreutz

Die baulichen Mängel verhindern den Betrieb des Hochtaunusstifts in Neu-Anspach – die Zusammenarbeit mit dem DRK endet im März.

Neu-Anspach – Der Kreisverband Hochtaunus des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) muss den Betrieb der Neu-Anspacher Seniorenwohnanlage Hochtaunusstift zum 31. März einstellen. Die Eigentümerin des Gebäudes, eine österreichische Immobiliengesellschaft, hat bauliche Mängel nicht fristgerecht beseitigt und dem DRK die Duldung für den Betrieb entzogen. Von der Schließung betroffen sind 45 Bewohner und 50 Mitarbeiter, die am Freitag informiert wurden. Das DRK ist zuversichtlich, für beide Gruppen Zukunftsperspektiven zu finden.

Der Kreisverband ist erst im Dezember 2019 als Betreiber eingesprungen und hat nach der Insolvenz des vorherigen Betreibers die Schließung des Stifts verhindert. Seit Januar steht der Verkauf der Immobilie im Raum. Doch seit Jahren geht es darum, ob das rund 50 Jahre alte Gebäude saniert werden kann oder besser abgerissen und neu errichtet werden sollte. Deshalb hat es laut DRK-Pressemitteilung zwischen der österreichischen Gesellschaft Achat-Immobilien, einer 100-prozentigen Tochter der Raiffeisen Leasing Austria, und dem Kreisverband Hochtaunus nie einen Pachtvertrag gegeben, sondern lediglich eine Duldung.

Hochtaunusstift in Neu-Anspach: Kein Vertrag, nur Duldung

„Deren Laufzeit war mehrmals im beiderseitigen Einvernehmen verlängert worden, die letzte Frist läuft zum 31. März ab“, so DRK-Kreisgeschäftsführer Axel Bangert. Dafür gibt es zwingende Gründe. Notwendige Ertüchtigungsmaßnahmen beim Brandschutz seien von der Eigentümerin nicht in der von der Bauaufsicht des Hochtaunuskreises eingeräumten und mehrmals verlängerten Frist vorgenommen worden. Auch das Gesundheitsamt habe diverse Nachbesserungen gefordert, die nicht erfüllt worden seien.

Die baulichen Mängel lassen keinen Betrieb mehr zu, weshalb die Eigentümerin die Duldung des Betriebs untersagt hat. Der geschäftsführende Vorstand des DRK-Kreisverbandes hat am Donnerstag die Schließung beschlossen.

Bangert und Kreisvorsitzender Jürgen Banzer betonen, dass das DRK die Immobilie gerne in eigener Regie übernommen hätte. Nach einem vom DRK in Auftrag gegebenen Gutachten hätte es finanziell kaum einen Unterschied gemacht zu sanieren oder neu zu bauen.

„Wir waren von Anfang an der Meinung, dass für uns nur ein moderner Neubau in Frage kam“

„Wir waren von Anfang an der Meinung, dass für uns nur ein moderner Neubau in Frage kam“, so Sebastian Fischer, der stellvertretende Kreisgeschäftsführer. Das Gebäude sei nie für diese Nutzung gedacht gewesen.

Die für eine moderne Seniorenpflegeeinrichtung völlig ungeeigneten langen, dunklen Flure hätte auch eine aufwendige Sanierung nicht beseitigen können. Sanierung bei laufendem Betrieb hätte vermutlich jahrelang den Betrieb beeinträchtigt.

Verbandschef Banzer bedauert, dass es nie zu Ankaufverhandlungen zwischen dem DRK und der Eigentümerin gekommen sei. Das Angebot des DRK und die Preisvorstellungen der Eigentümerin hätten zu weit auseinandergelegen. Ein wirtschaftlicher Betrieb einer Seniorenwohnanlage im vom DRK angestrebten hohen Standard zu marktgerechten Konditionen müsse aber gewährleistet werden können. Gesprächen mit der Eigentümerin habe man entnommen, dass alle Versuche, einen Investor zu begeistern, gescheitert seien.

Hochtaunsstift in Neu-Anspach: DRK hilft bei Arbeitsplatzsuche

Eine Seniorenwohnanlage mit entsprechenden Zusatzangeboten im Usinger Land, insbesondere im Einzugsbereich der rund 15 000 Einwohner zählenden Stadt Neu-Anspach ist für Banzer unverzichtbar. Daher wolle das DRK nach Möglichkeit im Usinger Land präsent bleiben. Er kündigt an: "Wir werden die Augen offenhalten und nach alternativen Standorten suchen." Doch zunächst sind bis Ende März Plätze für die Bewohner in anderen Einrichtungen zu finden. Das DRK werde den hervorragend ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern behilflich sein neue Arbeitsplätze zu finden.

Und was bedeutet die Schließung des Stifts für Neu-Anspach? Bürgermeister Thomas Pauli (SPD) sagte dazu: „Ich finde es ganz furchtbar für Bewohner und Angehörige und noch schlimmer für die Mitarbeiter, dass das Alten- und Pflegeheim zum Spekulationsobjekt einer österreichischen Bank wird, zumal das DRK einen großartigen Job gemacht hat und es dort bisher keinen einzigen Corona-Fall gab.“ Nächste politische Aufgabe der Stadt müsse es sein, wieder eine neue Einrichtung zu bekommen, möglichst eine moderne Anlage, die auch Tagespflege und betreutes Wohnen ermöglicht.

Hochtaunsstift in Neu-Anspach macht dicht: Ältestenrat schweigt

„Das könnte auch eine Chance sein“, so Pauli. Er befürchtet, dass die Eigentümerin zockt zuungunsten der Senioren, der Mitarbeiter und der Stadt und an gleicher Stelle eine Wohnbebauung wünscht.

Doch da hat die Kommunalpolitik mitzureden. Holger Bellino (CDU) hat als Stadtverordnetenvorsteher den Ältestenrat einberufen, der aber hat beschlossen, sich zu dem Thema nicht zu äußern. Als Vorsitzender des DRK Ortsverbandes, der ehrenamtlich zur guten Lebensqualität der Bewohner im Stift mit kleinen Veranstaltungen und viel Herzblut beigetragen hat, meinte Bellino: "Das ist ein sozialer Einschnitt, den keiner will. Neu-Anspach mit mehr als 30 Prozent über 60-Jährigen braucht so eine Einrichtung." Der Standort in Neu-Anspach müsse erhalten bleiben. Der DRK-Ortsvorsitzende sagt: Ich bin sicher, dass die Stadt ihrer Verantwortung nachkommt und im Bebauungsplan dort nur eine Senioreneinrichtung zulässt. (Evelyn Kreutz)

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