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Spannung im Schlachtraum

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Von: Evelyn Kreutz

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Ludwig Simon spielt die Hauptrolle in dem neuen hr-Tatort mit Barbara Philipp und Ulrich Tukur (von links), der gerade im Hessenpark gedreht wird, unter anderem im Schlachtraum.
Ludwig Simon spielt die Hauptrolle in dem neuen hr-Tatort mit Barbara Philipp und Ulrich Tukur (von links), der gerade im Hessenpark gedreht wird, unter anderem im Schlachtraum. © Evelyn Kreutz

Hessenpark wird zum „Tatort“: Der HR dreht mit Ulrich Tukur und Barbara Philipp.

Neu-Anspach -Schilder mit „Vorsicht Dreharbeiten - Wir bitten um Ihr Verständnis - hr“ sind derzeit an verschiedenen Stellen im Hessenpark aufgestellt. Schon an der Kasse erfahren die Besucher, dass hier der neue HR-“Tatort“ „Murot und das 1000-jährige Reich“ entsteht. Die Presse ist zu einem Setbesuch eingeladen, und der ist schon mindestens so spannend wie so mancher Krimi.

Für viele Krimifans sind die Fälle mit Kommissar Felix Murot und seiner Assistentin Magda Wächter ein absolutes Muss. Sie sind keine gewöhnlichen Tatort-Folgen, haben oft einen Hang zum Surrealen und fallen auch durch die Besetzung des LKA-Ermittlerduos mit Ulrich Tukur und Barbara Philipp aus der Rolle. Sie und den jungen Hauptdarsteller Ludwig Simon sowie Regisseur Matthias X. Oberg und Redakteur Jörg Himstedt im Hessenpark zu treffen, hinter die Kulissen zu schauen und schon etwas über den neuen Murot-Tatort mit einer Zeitreise in die Nazi-Zeit zu erfahren, ist ein echtes Erlebnis.

Hauptdarsteller in Doppelrollen

Bevor die Schauspieler eintreffen, schaut sich der Regisseur die Vorbereitungen im und vor dem Schlachthaus in der Scheune gegenüber vom Fruchtspeicher aus Trendelburg an. Dort wird an diesem Nachmittag die schaurige Schlussszene gedreht. Draußen haben die Techniker schon die riesigen Schweinwerfer und Reflektoren in Position gebracht. Die erzeugen durch die Fenster hindurch diffuses Licht im dem Raum, in dem später Nazi-Foltermethoden nachgestellt werden. Die Kameraleute legen letzte Hand an ihre Ausrüstung.

Inzwischen sind auch die Darsteller in Wehrmachtsuniform am Drehort und bekommen ihre Instruktionen. Erst kurz vor Drehbeginn kommt Ulrich Tukur in einem Originalanzug von 1938 dazu, richtet im Spiegel des HR-Fahrzeugs noch schnell die Krawatte. Barbara Philipp und Ludwig Simon sind noch in Zivilkleidung, weil ihre nächste Szene erst in drei Stunden dran ist. Fast 80 Jahre liegen im neuen Tatort zwischen der aktuellen Geschichte, dem Empfang eines Kriegsverbrechers, dem der späte Prozess gemacht werden soll, und den Rückblenden ins Jahr 1944, die weitestgehend im Hessenpark gedreht werden.

Ulrich Tukur und Barbara Philipp spielen diesmal nicht nur das aktuelle Ermittlerduo, sondern auch jeweils eine Doppelrolle bei der Aufdeckung eines Mordes in einem kleinen Dorf kurz vor dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft. „Der Hessenpark als Drehort ist für uns ein echtes Geschenk“, so Ulrich Tukur. Der war vorher nach eigener Aussage noch nie im Freilichtmuseum, erinnert sich aber noch gut an seinen zweiten Tatort aus dem Jahr 2011, der in Kransberg und Eschbach gedreht wurde. Wie der Regisseur ergänzt, gibt es für Dreharbeiten geeignete geschlossene Dörfer in einer Anmutung wie in den letzten Kriegsjahren sonst nur in Tschechien. Ein Studionachbau sei aus Kostengründen nicht in Frage gekommen. Im Hessenpark müsse kaum etwas nachgebaut werden. Und es werde auch nur in den Teilen des Parks gedreht, wo die Patina noch echt ist und der museale Charakter nicht zu erkennen sei.

Es wird wohl harte Kost

Hier komme die Atmosphäre im Kriegsjahr 1944 bestmöglich zum Ausdruck. Nicht nur im Film stellen sich Murot und Wächter die Frage, wie sinnvoll es ist, jetzt noch einen Greis als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Ulrich Tukur, der nicht zum ersten Mal eine Figur aus der Zeit des Nationalsozialismus spielt, sagt: „Die NS-Zeit hat die Deutschen nachhaltig geprägt. Diese zwölf Jahre haben uns die Seele geraubt. Im Namen der Gerechtigkeit ist es wichtig, die Täter von damals so lange es geht zu verfolgen und für ihre Verbrechen zu bestrafen.“ Barbara Philipp meint: „Deutschland hat lange keine Form gefunden, mit den Verbrechern von damals umzugehen. Viel zu viele von ihnen wurden nie gefasst und verurteilt.“

Als absoluten Volltreffer bezeichnete der Redakteur Nachwuchsschauspieler Ludwig Simon, der den jungen Kriegsverbrechers verkörpert und zugibt: „Wenn man im Wehrmachtskostüm steckt, ist man praktisch schon in einer Zeitreise und kann sich in die Rolle hineinversetzen.“ Außerdem habe er sich bereits in den ersten Drehtagen von seinen beiden erfahren Kollegen viel abgeschaut.

So langsam endet für die Presse der Setbesuch. Museumsleiter Jens Scheller nimmt Barbara Philipp mit zu einer persönlichen Führung durch den Hessenpark. Die Scheinwerfer gehen an. Ein letzter Blick in den Schlachtraum ist gestattet. Hier stehen die bewaffneten Uniformierten schon bereit, und Ulrich Tukur sitzt noch gelassen auf der Pritsche mit den Handschellen.

„Kommt mal zur Ruhe, wir steigen ein mit einer Probe“, ruft ein Mitarbeiter vom Drehteam und schließt die Tür zum Schlachtraum, der zum Vernehmungsraum und wahrscheinlich zur Folterkammer wird. Was nämlich drinnen abläuft und über weitere Schlüsselszenen hat das Team noch keine Einzelheiten verraten. Spannung muss sein. Klar ist schon jetzt: Der neue Murot-Tatort verspricht harte Kost zu werden.

Am Wochenende ist erst einmal Drehpause. Ab dem 2. Mai finden dann jeweils zwischen 8 und 19 Uhr im Hessenpark weitere Aufnahmen statt. Während die Kamera läuft wird Personal vom HR die einzelnen Drehorte absperren. Während der Aufnahmen soll es keine störenden Geräusche geben und niemand durchs Bild laufen. Doch bestimmt können die Besucher aus der Distanz die Dreharbeiten verfolgen. Und es könnte sein, dass Darsteller auf dem Museumsgelände in Uniform unterwegs sind und auch Schüsse zu hören sind. Das Ende der Dreharbeiten im Hessenpark ist für den 10. Mai geplant. Danach zieht das HR-Tatort-Team bis 19. Mai nach Büdingen um.

Handlung führt in das düsterste Kapitel deutscher Geschichte

Der 13. Fall des LKA-Ermittlers Felix Murot und seiner Assistentin Wächter unter dem Arbeitstitel „Murot und das 1000-jährige Reich“ führt zurück in die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte. Zum Inhalt: Hagen von Strelow befindet sich auf dem Flug von Südamerika nach Frankfurt am Main. Dem gesuchten Kriegsverbrecher soll in Deutschland der späte Prozess gemacht werden. Vor Ort erwarten ihn Kommissar Murot und seine Assistentin Wächter. Murot war ihm schon vor 30 Jahren auf der Spur, aber von Strelow konnte entkommen.

1944 hatten von Strelow und Kommissar Rother in einem kleinen Dorf an einer Mordermittlung teilgenommen. Ein britischer Pilot, der im Besitz brisanter, kriegsentscheidender Dokumente war, war ermordet worden. Während der Ermittlung hatte der kriegsmüde Ermittler Rother alles getan, damit die Unterlagen nicht in die Hände der Nazis fallen und auch noch eine im Dorf untergetauchte Jüdin geschützt. Mit fatalen Folgen.

Wenn die rund einen Monat dauernden Dreharbeiten im Hessenpark, in Frankfurt und Büdingen beendet sind, wird es noch ein Weile dauern, bis der Krimi im Fernsehen zu sehen ist. Der Sendetermin des Tatorts steht noch nicht fest. Er wird voraussichtlich im Herbst/Winter 2024 sein. VON EVELYN KREUTZ

Wo im Hessenpark gerade der neue HR-Tatort gedreht wird, sind unzählige Techniker und Kameraleute im Einsatz.
Wo im Hessenpark gerade der neue HR-Tatort gedreht wird, sind unzählige Techniker und Kameraleute im Einsatz. © Evelyn Kreutz
Vorsicht Dreharbeiten heißt es an mehreren Stellen im Hessenpark, wo gerade der neue HR-Tatort gedreht wird.
Vorsicht Dreharbeiten heißt es an mehreren Stellen im Hessenpark, wo gerade der neue HR-Tatort gedreht wird. © Evelyn Kreutz

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