Anwohner im Rosengärtchen wünschen sich mehr Barrierefreiheit
Viele ältere Menschen leben inzwischen im Rosengärtchen. Als das Wohngebiet in den 70er Jahren entstand, waren Themen wie behindertengerechte Hauseingänge noch kaum in der Diskussion. Nachbesserungen heute sind vor allem eines – teuer.
Das Rosengärtchen ist im Umbruch. Das Wohnviertel mit guter U-Bahnanbindung, das in den 70er Jahren hochgezogen wurde, um möglichst viele Menschen aufzunehmen, die in Frankfurt ihren Arbeitsplatz hatten, kommt mit seinen Bewohnern langsam in die Jahre. Das erfordert für Senioren Erleichterungen wie Barrierefreiheit. Diese ist jedoch laut Minna Schellmann (75) und Horst-Dieter Geburtig (78) nicht überall gewährleistet.
Schellmann wohnt schon lange in der Siedlung, und sie fühlt sich dort wohl. „Wir sind 1974 ins Rosengärtchen Haus Nummer 8 gezogen“, erzählt die noch sehr rüstige Rentnerin. Sie musste inzwischen jedoch leider am eigenen Leib erfahren, wie schnell ein älterer Mensch in seiner (Bewegungs-) Freiheit eingeschränkt werden kann.
„Im September 2016 bin ich in der Wohnung gestürzt, habe mir schwere Prellungen zugezogen und musste an Krücken gehen“, erzählt sie. „Kein einfaches Unterfangen, wenn man die acht Stufen zum Eingang des Hauses Nummer 8 hinunter- und hinaufgehen will, denn hier gibt es keine Barrierefreiheit.“
Zu allem Unglück habe sich im Dezember 2016 auch noch ihr Mann ein Bein gebrochen, fährt die Seniorin fort. Das sei fatal gewesen, rauszukommen war schier unmöglich. Die Schellmanns fühlten sich wie in Einzelhaft. Dabei hätte eine Rampe schon geholfen. „Wir haben schließlich, einfach um einmal herauszukommen, eine Krankenfahrt bestellt, um außer Haus essen zu gehen“, berichtet Minna Schellmann weiter. „Das kostet einfach fast 100 Euro und die Fahrer helfen, den Rollifahrer über die Treppen zu tragen.“
Im Haus selbst gebe es keine Probleme, da es über einen modernen Aufzug verfüge, sagt Schellmann, die Eigentümerin ihrer Wohnung ist. Auch wohnten im Haus Familien mit Kindern, welche die gleichen Probleme mit Kinderwagen gehabt hätten, fügt die Oberurselerin hinzu: „Zum Glück können die Kleinen jetzt laufen.“
Unterschriftensammlung
Das Thema Barrierefreiheit sei schon vor etwa zehn Jahren bei der Eigentümerversammlung aufgekommen, jedoch wegen der Kosten für eine bauliche Umgestaltung abgelehnt worden, weiß Schellmann, die mit 32 weiteren Parteien im siebengeschossigen Haus wohnt, einige von ihnen sind Mieter. „Im vergangenen Jahr gab es sogar diesbezüglich eine Unterschriftensammlung im Haus, bei der 80 Prozent der Leute dafür waren, und ich hoffe, dass dieser Wunsch bei der bevorstehenden Eigentümerversammlung im April/Mai berücksichtigt wird.“
Nach altem Eigentumswohnungsgesetz hätten alle Eigentümer eines Hauses einer baulichen Veränderung zustimmen müssen, damit sie gemacht werden könne, glaubt die Rentnerin: „Doch seit drei Jahren sind es nur noch 75 Prozent.“
Tilo Weinert von der Foncia Rhein-Main, Immobilienverwaltung in Frankfurt, die in der Straße Im Rosengärtchen die Häuser 23 sowie 29 bis 31 betreut, drückt es anders aus: „Eigentlich ist eine bauliche Veränderung einstimmig zu beschließen, wenn jedoch eine Einfachmehrheit und die Zusage, dass keine gerichtliche Anfechtung angestrebt wird, besteht, ginge dies auch.“
Aufgang zu steil
Bei den von der Foncia verwalteten Häusern bestehe beim Gebäude Nummer 23 Barrierefreiheit durch ebenerdigen Zugang, sagt er, doch bei den Liegenschaften 29 bis 31 nicht. „Dass dieses Thema über kurz oder lang wieder auf uns zukommt, ist mir bewusst“, fügt Weinert hinzu. Kürzlich sei die Möglichkeit des Baus einer Rampe von einem Ingenieurbüro geprüft worden und als nicht realisierbar eingestuft worden. „Für eine Rampe dürfte die Treppe nur eine Neigung zwischen 10 und maximal 25 Prozent aufweisen“, erklärt Weinert. „Die Kosten für eine solche Veränderung lägen bei etwa 25 000 bis 35 000 Euro. Eine Alternative wäre ein Außenaufzug, was natürlich wesentlich teurer würde, das wurde bisher jedoch auch nicht gewünscht.“
Auch Horst-Dieter Geburtig, ehemaliger ehrenamtlicher Stadtrat der CDU, der im Rosengärtchen ebenfalls Eigentum besitzt, wünscht sich Barrierefreiheit. „Im öffentlichen Raum klappt das ja immer besser, aber bei Wohnhäusern mit Eigentums- oder auch Mietwohnungen wird sich oft vor den Kosten gescheut“, sagt er. Im Rosengärtchen Nummer 2 gebe es seit zwei Jahren ein positives Beispiel, nämlich eine Rampe, betonen Schellmann und Geburtig. „Sicher gibt es auch Zuschüsse, um ein Gebäude barrierefrei zu gestalten“, meint Geburtig, aber keiner wisse so richtig wo.
Aufmerksam wurde auf diese Schwierigkeiten auch der Sozialarbeiter der Heilig-Geist-Kirche, Jan Klementowski, der sich im Rahmen des „Drin-Projektes“ der evangelischen Kirche Hessen und Nassau und der Diakonie Hessen, an dem die Gemeinde teilnimmt, um ältere sowie gebrechliche Menschen im Norden Oberursels kümmert. „Irgendwann kann es jeden treffen und dann ist man aufgeschmissen. Dabei wollen wir doch, dass ältere Menschen so lange es geht, in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Ich sehe die barrierefreie Gestaltung von Wohnraum deshalb als Prävention.“
Sebastian Zöll, Geschäftsführer der Hausverwaltung fürs die Immobilie Im Rosengärtchen 8, der Eigenheim Gesellschaft für Immobilien-Verwaltungen mbH & Co. Liegenschaft KG, ist die Problematik bekannt. „Es gab bereits ein Impulsschreiben vor kurzer Zeit. Doch bisher liegt kein Beschluss der Eigentümer vor. Allerdings steht dieser Punkt auf der Tagesordnung der kommenden Eigentümerversammlung“, sagt er.