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Fast 1000 Plätze fehlen in Oberursel

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Von: Manuela Reimer

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In der städtischen Kita Schatzinsel soll der Krippenbetrieb in diesem Jahr wieder aufgenommen werden.
In der städtischen Kita Schatzinsel soll der Krippenbetrieb in diesem Jahr wieder aufgenommen werden. © Priedemuth, Jens

Verzweifelte Eltern machen im Sozial-, Bildungs- und Kulturausschuss ihrem Unmut Luft.

Oberursel -Die Versorgungsquote liegt bei unter 60 Prozent: Um alle Grundschulkinder aufzunehmen, zählen die Oberurseler Horte und Betreuungszentren insgesamt noch fast 1000 Plätze zu wenig. Für Eltern, die auf einen Betreuungsplatz angewiesen sind, sind die fehlenden Kapazitäten ein Problem - auch in diesem Jahr wieder, vor dem Start ins Schuljahr 2023/24. Rund ein Dutzend Mütter und Väter sind deshalb jetzt zur Sitzung des Sozial-, Bildungs- und Kulturausschusses ins Kulturcafé Windrose gekommen.

In der Bürgerfragestunde äußerten sie ihren Unmut - und wollten von der Stadt wissen, wie es weitergeht. „In einigen Nachbargemeinden, zum Beispiel Frankfurt, haben die Eltern schon Planungssicherheit“, sagte eine Mutter. „Mein Sohn wird schulpflichtig - wann bekomme ich eine Zusage?“

Ein Vater aus Stierstadt berichtete, dass das Betreuungszentrum Märchenland an der Grundschule jüngst „über 50 Absagen rausgeschickt“ habe. „Das ist ein sehr schwieriges Thema - wir sind beide berufstätig, und auch unser Sohn wird schulpflichtig.“ Ein anderer Vater, dessen Tochter die Grundschule Mitte besuchen wird, wusste ähnlich Unerfreuliches zu berichten: „Es hieß, dass es nur noch einen Platz gibt. 25 Eltern stehen auf der Warteliste, und händeringend wird noch eine Möglichkeit für zwei Alleinerziehende gesucht.“ Das sei „kein Zustand“: „In Oberursel wird viel gebaut, und die Preise für Grundstücke erhöhen sich, aber die benötigten Hortplätze werden nicht geschaffen.“ Seine Frau, so der Oberurseler, sei Lehrerin in Frankfurt. „Sie wird Stunden reduzieren müssen - was auch wieder zulasten von Kindern geht.“

Eine andere Mutter erklärte, sie sei selbstständig und könne keine Gewerbesteuer zahlen, wenn sie nicht arbeite: „Ich hatte jetzt in St. Ursula einen temporären Platz für ein Jahr, das Jahr davor habe ich mein Kind schon zu Hause betreut. Und jetzt habe ich keine Ahnung, ob ich im Sommer wieder einen Platz für ein Jahr bekomme.“

Eine andere Mutter forderte, dass nicht immer nur „von Jahr zu Jahr gedacht“ werden dürfe. „Auch wir hatten letztes Jahr Glück. Aber ich kenne Alleinerziehende, die nur Absagen bekommen haben.“ Ein Vater fragte gezielt Stadtrat und Sozialdezernent Christof Fink (Grüne): „Was ist die langfristige Planung der Stadt? Was ist in der Vergangenheit falsch gelaufen und wie gedenkt die Stadt diese Probleme zu lösen?“ Schließlich, so die Eltern, sei der Hortplatzmangel „seit Jahren bekannt“ - und die Familien meldeten ihre Bedarfe rechtzeitig an. „Wir sind 2021 nach Stierstadt gezogen, im gleichen Monat haben wir die Anfrage über das Portal Little Bird eingestellt. Die meisten Eltern tun das zwei, drei Jahre im Voraus“, so ein Betroffener.

In der Tat: Mitte und Stierstadt seien die beiden „neuralgischen Grundschulen“, bestätigte Sozialdezernent Fink. Man sei in Gesprächen mit den Trägern - darunter auch die kreiseigene KiT GmbH - mit dem Ziel, kurzfristig noch Kapazitäten zu schaffen. In Mitte ergäben sie sich womöglich im Pfarrer-Hartmann-Haus. Wenn es nach der Stadt gehe, sagte Fink, sollen auch die zehn temporären Plätze in St. Ursula nicht zurückgebaut werden: „Es sind noch bauliche Maßnahmen erforderlich, damit das Jugendamt wieder eine Genehmigung erteilt. Die Gemeinde lässt gerade einen Kostenvoranschlag erstellen. An uns wird es nicht liegen.“

An der Grenze zu Stierstadt in der städtischen Kita Schatzinsel, solle in diesem Jahr wieder der Krippenbetrieb aufgenommen werden - Ende 2021 waren die Gruppen wegen Personalmangel komplett dichtgemacht worden, zwischenzeitlich kamen dann auch Hortkinder in der Einrichtung unter. „Im Krippenbereich haben wir einen Rechtsanspruch“, begründete Fink. Eltern von Grundschulkindern werden das Recht auf eine ganztägige Betreuung ihres Nachwuchses - acht Stunden, inklusive Unterrichtszeit - erst von 2026 an haben. Dennoch, so Fink, seien in Oberursel die Kapazitäten für diese Altersgruppe in den vergangenen zehn Jahren stärker ausgebaut worden als das Krippen- und das Kindergartenangebot. „Gleichzeitig ist die Nachfrage noch schneller gewachsen. Der Ausbau konnte nicht mithalten“, konstatierte Fink. Klar sei aber auch: „Das Land setzt hier auf den Pakt für den Ganztag. In erster Linie sind es die Schulen, die die fehlenden Plätze darstellen sollen.“ Man sei mit dem Kreis als Schulträger und den Grundschulen in Gesprächen, um langfristig Kapazitäten mit Blick auf den Rechtsanspruch zu schaffen.

Hoffen auf „Pakt für den Nachmittag“

Als erste Oberurseler Einrichtung will die Grundschule am Eichwäldchen 2024 dem Pakt für den Nachmittag beziehungsweise Ganztag beitreten. „Wir werden mit den Argumenten, die diese Schule bewogen haben, Paktschule werden zu wollen, versuchen, auch die anderen Schulen zu überzeugen“, sagte Fink. Allerdings sei das ein längerer Prozess.

Der Pakt für den Ganztag sei dennoch „Mittel der Wahl“, um allen Schülern eine Betreuung anzubieten: „Hier wird es Bewegung geben müssen, dass die Schulräume mit genutzt werden können.“ Schließlich sei außer dem Mangel an pädagogischem Personal auch die Frage nach der Unterbringung der Knackpunkt. Fink: „Es macht keinen Sinn, Räume zu haben, die wir vormittags Schule nennen, und andere Räume für nachmittags, die Betreuung heißen.“ Die nächste Ausschusssitzung findet Ende April statt - dann werde man wahrscheinlich schon eine Aussage dazu treffen können, welche Plätze nach den Sommerferien angeboten werden können, versprach Fink den Eltern.

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