Neues „Stadthaus“ soll zugleich Oberurseler Rathaus und Stadthalle sein

Statt Sanierung zweier Problem-Altbauten: Grüne schlagen Neubau vor.
Oberursel -Aus zwei mach’ eins: Das ist, kurz gefasst, die Idee der Grünen-Fraktion für die Zukunft von Rathaus und Stadthalle. Ein neues „Stadthaus“, das sowohl als Rathaus als auch als Stadthalle dienen soll, könnte auf das Areal der jetzigen Stadthalle gebaut werden und der Stadt auf lange Sicht viel Geld sparen, meinen die Grünen. Gestern präsentierte Fraktionsvorsitzende Christina Herr zusammen mit den Stadtverordneten Dr. Angela Helbling-Marschall und Robert Eppig die Eckpunkte und eine Entwurfsskizze.
Mit dem Neubau wollen die Grünen gleich mehrere Probleme lösen. Denn erstens ist das Rathaus marode. In den Sitzungssaal regnet es hinein, von der Fassade lösen sich immer wieder Teile des Putzes, und die meisten Fenster darf niemand mehr öffnen, weil sie sonst aus der Wand fallen würden. Sanierung oder Neubau würden 30 bis 39 Millionen Euro kosten. Zweitens ist die Stadthalle nicht nur ein Zuschussbetrieb (mit 450 000 Euro Verlustausgleich pro Jahr, den die Stadt tragen muss, Tendenz steigend). Dort ist auch noch eine Brandschutzsanierung fällig. Kostenpunkt 5 bis 7,5 Millionen Euro. Barrierefrei ist die Stadthalle auch nicht. Und drittens hat die Stadt mit einem strukturellen Defizit zu kämpfen.
Klar sei, dass sowohl Rathaus als auch Stadthalle einen hohen Wert für die Stadtgesellschaft haben, sagte Helbling-Marschall. Vereine und Parteien dürften die kleineren Mehrzweckräume in der Stadthalle kostenlos nutzen. Nur für den großen Saal falle Miete an (mit Foyer 2200 Euro pro Tag, ohne Foyer 2050 Euro).
Das Thema großer Saal ist aber auch der Wermutstropfen bei der „Stadthaus“-Idee. Denn einen so großen Saal, in dem 1000 Menschen Platz finden, würde es dann nicht mehr geben, so Helbling-Marschall. Der Saal werde ohnehin nur selten genutzt. Und bei den meisten Veranstaltungen mache die Stadthalle Verlust. Auch ein besseres Marketing verspreche da kaum Erfolg. Eher würden wohl die Verluste steigen. „Es gibt in 30 Kilometer Umkreis ein Überangebot an Veranstaltungshallen.“ Außerdem sei die Veranstaltungstechnik veraltet. Die Energiekosten für den Saal seien hoch. Und er sei nicht barrierefrei erreichbar.
Kleinerer Saal für Veranstaltungen
„Es ist unmöglich, einen Menschen, der im Rollstuhl sitzt, für eine Ehrung auf die Stadthallen-Bühne zu bekommen“, berichtete Eppig. Und die Toiletten im Erdgeschoss seien nur über Treppen erreichbar. Die einzige Möglichkeit für Rollstuhlfahrer, Treppen der Stadthalle zu überwinden, sei der Lastenaufzug der Stadtschänke. Im Preis für die Brandschutzsanierung seien aber weder ein barrierefreier Umbau, noch eine energetische Sanierung enthalten, sondern nur eine so genannte „Pinsel-Sanierung“, also solche Sachen wie neue Farbe für die Wände und neuer Teppichboden. Für diese Bauzeit müsse die Stadthalle mindestens neun Monate lang geschlossen werden. Hinzu komme: „Derzeit tragen die Stadtwerke einen Teil der Verluste aus dem Betrieb der Stadthalle“, erklärt Helbling-Marschall. Das sei künftig wegen der steigenden Energiekosten nicht mehr möglich, so dass an der Stadt dann voraussichtlich eher 600 000 Euro Verlustausgleich pro Jahr hängen blieben. Betreiber der Stadthalle ist die Stadthallen- GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke.
Der Sitzungssaal im neuen „Stadthaus“ wäre zugegebenermaßen kleiner, könne aber als Multifunktions-Saal auch für Veranstaltungen genutzt werden, so Helbling-Marschall weiter. Wichtig sei auch, kleinere Räume weiter anzubieten, denn die würden im Gegensatz zum großen Saal sehr intensiv genutzt. Mit dem neuen „Stadthaus“ hofften die Grünen nicht nur auf eine Senkung des strukturellen Defizits. „Die Baukosten könnten durch eine Vermarktung des Rathaus-Geländes refinanziert werden. Und wir könnten das Raumangebot in der Stadt verbessern.“ Die Volkshochschule suche Räume. Auch für die Stadtbücherei werde eine Lösung gesucht.
Fossilfreie Energieversorgung
Außerdem biete die „Stadthaus“-Idee die Chance, das ganze Areal rund um den Rathausplatz neu zu ordnen und aufzuwerten. Das neue Gebäude solle barrierefrei sein und als Niedrigenergiehaus in ökologischer Bauweise und mit fossilfreier Energieversorgung (ohne Gas- oder Ölheizung) entstehen. Das spare später Energiekosten. Offen seien unter anderem noch die Fragen, was mit der Tiefgarage werden solle, was die Sache koste und wie lange der Neubau dauern würde.
„Wir müssen das jetzt angehen, sonst sind wir eines Tages richtig pleite“, sagte Herr. Ihre Horrorvision: „Ein neues Rathaus steht, und für die Stadthalle ist kein Geld mehr da.“ Ihre Fraktion sei fest davon überzeugt, dass in einer vertieften Prüfung des Themas „Stadthaus als Herz der Stadt“ große Chancen für Oberursel liegen. „Wir wollen eine Lösung, die auch in fünf bis acht Jahren noch greift.“ Auch wolle sie den Bürgern keine neuen Steuererhöhungen zumuten. „An der Steuerschraube ist genug gedreht.“ Herr hofft nun auf eine politische Mehrheit für die Idee, das Thema „vertieft zu prüfen“. Aber zuerst müsse ausgiebig beraten werden: „Wir suchen die Auseinandersetzung über diesen Vorschlag mit den anderen Fraktionen, bevor wir eine parlamentarische Initiative starten.“