Oberursel: Bei „Auskleidung“ fließen Tränen

Prinzessin Fiona I. begräbt die Fastnachtskampagne, trennt sich von den Insignien närrischer Macht und ist wieder unter den Normalsterblichen.
Oberursel -Kurz vor Mitternacht wird das Licht gedämpft. Getragene Musik erklingt. Mehrere Männer und eine Frau in schwarzsamtenen Umhängen und mit ebensolchen Baretts schreiten in den Saal. Jeder von ihnen trägt eine brennende Kerze. Es sind die Ex-Prinzen bei ihrer Aschermittwochs-Trauerprozession. Eben war in der Turnhalle in der Platanenstraße noch zu Ehren der Fastnachtsprinzessin Fiona I. gefeiert und getanzt worden. Jetzt steht die „Auskleidung“ der scheidenden Tollität an.
Ex-Prinzen-Sprecher Jürgen Sommer verkündet: „Ein Ende hat die Narretei. Der Alltag ruft: Komm schnell herbei.“ Und die Gäste im Saal singen: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Die Prinzessin ringt nach Fassung, aber es hilft nichts. Sie muss auf die Bühne. Dort umringen sie die Ex-Prinzen und schirmen sie mit Hilfe ihrer Umhänge vor den Blicken der Zuschauer ab.
Kurz darauf ist es geschehen. Das wunderschöne silberfarbene Prinzessinnenkleid ist verschwunden, ebenso das Narren-Zepter und die stattliche Fastnachtsorden-Sammlung, die die Tollität um den Hals getragen hatte. Fiona hat nun das gleiche schwarze Cape umgebunden und das gleiche Barett auf dem Kopf wie die Mitglieder der Ex-Prinzen-Versammlung. Ende des vorletzten Aktes der Kampagne 2022/23.
Der letzte Akt sollte am Aschermittwoch um 11 Uhr folgen. Denn der Ex-Prinzen-Sprecher hatte der nun entthronten Hoheit auch dieses ins Stammbuch geschrieben: „Der Rathausschüssel geht zurück. Zu Hause, da liegt jetzt dein Glück.“ Pünktlich steht Fiona dann auch, gemeinsam mit dem Kinderprinzenpaar, dem Hofstaat und Mitgliedern des Narrenrates, am vereinbarten Treffpunkt im Alt-Oberurseler Brauhaus parat. Alle sind, dem Anlass entsprechend, in Schwarz gekleidet. Auch die Vertreter des Oberurseler Magistrats, angeführt von Bürgermeisterin Antje Runge (SPD), tragen Schwarz. Artig überreicht die ihres Amtes ledige Lieblichkeit den Schlüssel an die Rathauschefin. Und diese dankt der Ex-Tollität, die mit bürgerlichem Namen Fiona Becker heißt und für die Grünen im Stadtparlament sitzt, für ihren Einsatz: „Das war eine unglaubliche Kampagne voller Emotionen. Du hast eine Riesen-Bühnenpräsenz. Du hast Orschel mit vollem Herzen und voller Sympathie vertreten.“
Die Bürgermeisterin dankt auch dem Kinderprinzenpaar Annabel und Julius. Die beiden übrigens bleiben in Amt, bis am 11. November ein neues Kinderprinzenpaar inthronisiert wird. Und Runge betont: „Die nächste Kampagne wird kommen und die Fastnacht in Orschel wird bleiben.“ Tradition und Brauchtum seien wichtig. „Das macht auch den sozialen Zusammenhalt in Oberursel aus.“
Neue Tollitäten stehen schon bereit
Narrenratspräsident Harry Hecker hatte schon am „Auskleidungs“-Abend betont: „Fiona hat die Oberurseler Fastnacht neu belebt.“ Er hatte den Zuschauern gedankt, die „der Herrscherin so einen schönen Festzug bereitet haben“. Und er hatte gefordert, dass die Brauchtumspflege weiterhin von der Stadt unterstützt werde. Eine Bitte hatte er auch, nämlich einmal über die Bezeichnung „Ex-Prinzen“ nachzudenken. Fiona sei jetzt schon die dritte Orscheler Prinzessin. Und er kündigte an, dass Tollität und Kinderprinzenpaar für die nächste Kampagne bereits gefunden seien. Die Namen bleiben natürlich bis zum 11. 11. streng geheim.
Fiona hatte noch vor ihrer „Auskleidung“ unter Tränen ihren vielen Helfern, allen voran ihrer Frau Sarah Becker-Iacenda, ihrer Mutter Corinna Becker, ihren Pagen Katrin Müller und Laura-Sophie Volkmann sowie ihrem Hofmarschall Ex-Prinz Ludwig (Reuscher), gedankt. Sie hatte das Kinderprinzenpaar geherzt, das genauso vom Abschiedsschmerz überwältigt war wie sie. Und sie hatte den Narrenrats-Verein für die tolle Unterstützung gedankt.
Lange wird sie sich auch noch an die tollen Abschieds-Tanzvorführungen erinnern. Sogar die Ehrengarde hatte eine Choreographie einstudiert. Tanzmariechen Mara Tomillo zeigte eine hinreißende Polka. Die Garde des Carneval Vereins (CV) Stierstadt beeindruckte. Die Tänzerinnen von Fionas Heimatverein „The Ravens“ zeigten zwei großartige Showtänze. Die Traumtänzer 2.0 vom CV Stierstadt hatten sich einen Tanz-Wettstreit ausgedacht. Das Tanzpaar Antonia und Alexander vom Club Geselligkeit Humor begeisterte, und die durchaus männlichen „Bulltown Girls“ vom CV Stierstadt entführten zu den Klänge von „The Lion Sleeps Tonight“ tänzerisch nach Afrika.

