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Oberursel: Decken für Charkiw

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Von: Jochen Dietz

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Die ersten Decken hat Martina Bollinger in ihrer Buchhandlung schon angesammelt.
Die ersten Decken hat Martina Bollinger in ihrer Buchhandlung schon angesammelt. © jochen Dietz

Die Buchhändlerin Martina Bollinger startet eine private Sammelaktion für die Menschen in der Ukraine gegen die Kälte des Winters. Am Wochenende können in Oberursel und Bad Homburg wärmende Decken gespendet werden.

Oberursel -Der Winter in der Ukraine ist hart. Er ist noch härter in einem Krieg, in dem Russland nicht nur Wohngebäude, sondern auch die gesamte Wärme- und Stromversorgung, die sogenannte kritische Infrastruktur, gezielt bombardiert und vernichtet. Die Zivilbevölkerung, Frauen, Kinder, Familien, Alte frieren Tag und Nacht in zerschmetterten Häusern und Wohnungen in ständiger Angst vor dem nächsten Angriff.

Mit Beginn des Winters und der gezielten russischen Zerstörung Anfang Dezember hatten die Oberurseler Buchhändler Martina Bollinger und ihr Lebensgefährte Matthias Zimmermann deshalb die ebenso simple, wie einleuchtende Idee, davon, was die terrorisierten Menschen in der Ukraine mit am dringendsten brauchen, zu spenden: Decken. „Eine Decke für die Ukraine“ sei deshalb der „Arbeitstitel“ ihrer privaten Initiative, die gewissermaßen um mehrere Ecken und fast zufällig zustande gekommen war. Über Literaturkreis-Kontakte und Notstromaggregate, berichtet Martina Bollinger

Doch der Reihe nach: „Jeder hat doch bestimmt irgendwo noch zwei, drei Decken, die man spenden könnte“, ermuntert die 63-Jährige. Es gehe um Wolldecken, Steppdecken, Fleecedecken, Bettdecken, Federbetten und Schlafsäcke. „Alles was warmhält eben.“ An diesem Wochenende, 7. und 8. Januar, werden gespendete Decken angenommen: Am Samstag und Sonntag in der St.Marienkirche in Bad Homburg jeweils zu deren Öffnungszeiten sowie am Sonntag von 10 bis 17 Uhr in St. Hedwig, Eisenhammerweg 10, in Oberursel. Hier werden Martina Bollinger und Matthias Zimmermann auch persönlich die Decken entgegennehmen. „Sie müssen nur sauber sein. Sie werden dann von uns gebündelt, in Folie verpackt und beschriftet“, erklärt Martina Bollinger. Auch Neuware sei natürlich willkommen.

Wer es am Wochenende nicht schafft kann seine Spenden-Decken auch in den Buchhandlungen Martina Bollingers in der Hohemarkstraße 158 in Oberursel und in der Louisenstraße 83a in Bad Homburg abgeben. Dort werden auch Sparschweine für Menschen, die Geld spenden wollen, stehen. Die gesammelten Decken werden dann gezielt an ein Krankenhaus in Charkiw geschickt werden.

Verteilung über zentrales Krankenhaus

Und das kam so: Nikolaus Reinhuber, Mann einer Literaturkreis-Freundin von Martina Bollinger, hatte seinerseits mit Freunden über einen privaten Förderverein bereits 50 000 Euro vor allem für medizinische Hilfsgüter gesammelt. Übrigens sind deshalb am Wochenende auch abgelaufene Verbandskästen als Spenden willkommen.

Der Anwalt Reinhuber hatte zudem Kontakte zu einer Kanzlei in Kiew und bereits im März die geflüchtete Familie eines jungen Kollegen bei sich aufgenommen. Der Familienvater war aber in die ukrainische Hauptstadt zurückgekehrt. Er hatte nur ausreisen dürfen, weil er seine Familie aus zwei Frauen und einem Kind außer Landes gebracht hatte. Der Vater des jungen Kollegen wiederum ist Chefarzt der zentralen Klinik in Charkiw, die auf Bauchoperationen spezialisiert ist, berichtet Reinhuber. „Da wird rund um die Uhr operiert und gearbeitet. Auch Menschen unter Beschuss müssen gegen Krebs behandelt werden.“ Und das stets unter der Gefahr plötzlicher Stromausfälle mitten in einer Operation.“ Das Haupt-Aggregat der Klinik sichere zwar die Stromversorgung von Intensivstation und Beatmungsgeräten, aber kaum die komplette Versorgung für Licht oder Kochgelegenheiten. Als sein junger Kollege seine Familie in Oberursel besuchte, habe er ihn gefragt: Was können wir tun? Deshalb die Notstromaggregate und der Kontakt zum Krankenhaus.

Das Zustandekommen von Hilfe in konzertierter Aktion klingt nicht nur kompliziert, sondern ist es halt auch. Die gesammelten Decken werden in den Raum Nürnberg geschafft. Dort hat Martina Bollinger einen Unternehmer einer Gruppe aufgetan die auf eigene Kosten Hilfstransporte in Richtung Ukraine organisiert. Dort wird dann ein 40-Tonner beladen, der die Decken und die Aggregate an die ukrainische Grenze bringt. Dort werden sie von ukrainischen Fahrern übernommen und verteilt. Die Decken gehen gezielt zum Krankenhaus nach Charkiw, das sie ebenso gezielt verteilt. Nah an der russischen Grenze gelegen gibt es hier einen Wohnbezirk der zweitgrößten Stadt der Ukraine, in dem die Not besonders groß ist, berichtet Reinhuber. Aber auch die Notstromaggregate kommen so dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden. „So greift ein Mosaiksteinchen ins andere“, sagt Martina Bollinger. „Jeder freut sich, doch etwas dazu beitragen zu können, das Elend der Menschen zu mindern. Es ist doch ein schönes Gefühl, wenn sie nicht mehr so frieren müssen.“ Jetzt hofft sie am Wochenende auf viele wärmende Decken. Über Helfer am Sonntag freut sie sich auch. Einfach unter Telefon 0174- 9008173 melden.

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