Oberursel: Eine letzte Reise in die Vergangenheit

50 Jahre liegt ihre Entlassung aus der heutigen IGS zurück. Jetzt haben sich ehemalige Realschüler wiedergetroffen. Ihr einstiger Schultrakt wird abgerissen.
Stierstadt -Wenn das mal nicht das beste Aushängeschild für eine Schule ist. Auf Tag und Stunde genau 50 Jahre nach ihrem Realschulabschluss am 2. Juli 1973 besuchten die Schüler von damals ihre alte Wirkstätte an der Integrierten Gesamtschule Stierstadt (IGS), um sogleich in Erinnerungen an eine überaus schöne Schulzeit und eine ganz besondere Klassengemeinschaft zu schwelgen.
„Es ist die gleiche Atmosphäre wie früher“, beschreibt Heike Neidhardt, „ich war genau richtig dort, in der richtigen Schule und der richtigen Klasse.“ Ganz ähnlich empfindet auch Thomas Hasskerl: „Es sieht alles noch so aus wie damals.“ Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass der geplante Abriss des Gebäudetrakts, in dem sich der Klassenraum befand, für die Ehemaligen auch mit Wehmut verbunden ist. „Dies war eine letzte Chance für die Reise in die Vergangenheit“, hebt Heinz-Georg Heil hervor.
Chronik reicht bis 1880 zurück
„Als ich mit Heike Neidhardt und Schulleiter Markus Herget zur Vorbereitung des Treffens über den Schulhof gelaufen bin, kam es mir so vor, als wären erst zwei Jahre vergangen, seit wir hier Schüler waren“, erinnert sich auch Heinz-Georg Heil und richtet an dieser Stelle ein großes Lob an den jetzigen Schulleiter. „Herr Herget hat unsere Idee von Anfang an unterstützt und eine schöne Zeit für uns möglich gemacht.“ Unter anderem mit einem unterhaltsamen Vortrag aus der Schulchronik über das Jahr 1973, ein eindrucksvolles Exemplar, existiert sie doch seit 1880.
So führte Herget die rund zwei Dutzend Besucher, darunter einige Partner der Ehemaligen, durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der IGS und verdeutlichte damit das außergewöhnliche Engagement in dieser Einrichtung, das übrigens auch vor mehr als fünf Jahrzehnten ausgeprägt gewesen sei, ist die einhellige Meinung. Drei Lehrer haben die Klasse damals begleitet und dazu beigetragen, dass so viele der ehemaligen Schüler auch nach Jahren noch so gerne auf ihre Schulzeit zurückblicken.
Auf dem stillen Örtchen Hausaufgaben gemacht
„Allein die Tatsache, dass wir jedes Jahr eine Klassenfahrt gemacht haben, das hat die Gemeinschaft unter uns Schülern sehr gefördert“, sind alle überzeugt. In den Odenwald, die Rhön, auf die Schwäbische Alb, in den Schwarzwald und nach Straßburg sind sie gefahren, ehe die große Abschlussfahrt nach London folgte. Klassenfahrten sind nach Ansicht von Schulleiter Markus Herget auch heute noch die besonderen Momente in den Schullaufbahnen, das, woran jeder gerne zurückdenkt, auch die Lehrer übrigens, wie Herget berichtet. „Genießt diese Erlebnisse“, gibt er denn auch seinen jetzigen Schülern als Botschaft mit auf den Weg, „und nutzt sie, um den Zusammenhalt untereinander zu stärken.“ Denn mit solch schönen gemeinsamen Erinnerungen im Gepäck gibt es immer wieder etwas zum Anknüpfen, bleibt der Kontakt untereinander lebendiger, ist Herget überzeugt.
Für die Zukunft ist ein Austausch mit einer Schule in Tel Aviv geplant, sagt der Schulleiter. Auch den Pädagogen von damals scheint die Zeit in bester Erinnerung zu sein, hat doch einer der ehemaligen Klassenlehrer, Erwin Rübsam, Grußworte an seine Zöglinge von einst entsandt.
„Unsere ehemalige Klassenlehrerin Gertraud Otto, die wir auch sehr schätzten, ist leider schon lange verstorben“, berichtet Heinz-Georg Heil, der bereits vor einigen Jahren als Chronist der Klasse von sich reden machte. Heil will noch einen Appell loswerden: „Falls unser Lehrer Klaus Jahr, dem wir auch viel zu verdanken haben, diese Zeilen liest, freuen wir uns sehr, wenn er sich meldet.“ Ansichtskarten und Berichte über die Klassenfahrten hat Heil digitalisiert und so vor dem nagenden Zahn der Zeit gerettet. Ihre eigene Zeit haben die Schüler von damals genutzt, die unterschiedlichsten Ausbildungen durchlaufen und Berufe ergriffen, Familien gegründet, Hobbys gepflegt und doch immer den Kontakt gehalten.
„Ein Treffen pro Jahr haben wir immer geschafft, manchmal auch mehr“, sagt Heike Neidhardt und betont die große Verbundenheit untereinander, die auch bei dieser gemeinsamen Reise in die eigene Vergangenheit bei allen Beteiligten spürbar ist. Und so erinnert sich der ein oder andere auch, wie es war, zum damaligen Rektor Schreck zitiert zu werden, weil die Hausaufgaben noch schnell auf dem stillen Örtchen erledigt worden waren oder wieder mal ein Schüler beim Rauchen erwischt wurde.
„Ich kann kaum glauben, dass es 50 Jahre her ist“, fasst denn auch Monika Grossmann zusammen, was sicher viele fühlen. Ausklingen lassen die Ehemaligen das berührende Treffen im Gasthof „Zur Sonne“ und schließen mit einem Fazit, das im besten Fall auch für kommende Schülergenerationen gilt. „Mit solch schönen Erinnerungen an seine Schulzeit zurückblicken zu können, das ist so wertvoll“, ist sich die Klasse von damals einig.
