Oberursel: Frieden und Klimarettung sind (noch) möglich

Der Autor, „Realpazifist“ und Ex-„Report“-Moderator Dr. Franz Alt stellt im Rahmen der Oberurseler Friedensgespräche im Rushmoorpark Bezüge zur Bergpredigt her.
Oberursel -Frieden ist immer (noch) möglich. Wenn es nach einem zweitägigen Vieraugengespräch zwischen Sowjetführer Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan 1986 in Island möglich war, 80 Prozent der Atomwaffen der beiden Supermächte Russland und USA zu verschrotten, und wenn es wiederum Gorbatschow zu verdanken ist, dass es ohne einen einzigen Schuss friedlich zur Wiedervereinigung der beiden Deutschlands gekommen ist, dann müssten heute auch Russland und die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen sein.
Davon ist Dr. Franz Alt, Buchautor, Politikwissenschaftler, Ex-Fernsehmoderator (20 Jahre „Report“) und nach seinen eigenen Worten „Realpazifist“, überzeugt, Und auch das hat er am Sonntag zum Abschluss der Oberurseler Friedensgespräche vor 300 Zuhörern im Rushmoor-Park festgestellt: „Frieden ist nur möglich, wenn man Frieden des Friedens willen schaffen und ihn nicht durch Kriege erzwingen will.“ Weltweit würden jährlich 2000 Milliarden US-Dollar in Kriege investiert, das Zehnfache dessen, was nötig wäre, den Hunger auf der Welt zu stillen. Alt, der in seiner Zeit als Fernsehjournalist viele Kriege miterlebt hat, warnte davor, den Weltfrieden immer nur mit „Waffen, Waffen, Waffen, Krieg, Krieg, Krieg“ sichern zu wollen. Es sei sicher richtig, der Ukraine Waffen zu liefern aber nur solche, die der Verteidigung dienen, nicht dem Angriff. Damit lasse sich der Krieg nicht beenden, sondern nur verlängern. Streubomben, wie sie jetzt geliefert werden, bedeuteten nur „Krieg nach dem Krieg“ mit schrecklichen Folgen für die Zivilbevölkerung. Wenn Jesus in seiner Bergpredigt dazu aufgerufen habe, seine Feinde zu lieben, so sei dies natürlich kaum auf den Umgang mit Wladimir Putin zu übertragen.
Die Bergpredigt lasse sich aber auch so interpretieren, dass man sich natürlich nicht alles bieten lassen könne und dem Feind nach dem Schlag auf die eine Wange auch noch die andere hinzuhalten. Jesus habe damit auch dazu aufgerufen, klüger zu sein als der Feind, sagt Alt. Als sich Gorbatschow, mit dem Alt eine enge Freundschaft verband, und Reagan auf die Atomabrüstung verständigten, sei die Welt noch eine andere gewesen. Die Nato habe aus 18 Staaten bestanden, heute seien es 31. Dass sich Putin da in Sorge um sein Territorium umzingelt fühlen müsse, liege auf der Hand. Die Nato täte gut daran, ihm zu vermitteln, dass auch die Sicherheitsinteressen Russlands mehr als bisher garantiert und respektiert werden. Was die Welt brauche, seien mehr „Putin-Versteher“, nicht aber „Putin-Unterstützer“, sagte Alt. Andernfalls laufe die Welt Gefahr, sehenden Auges einen Atomkrieg zu riskieren, den niemand auf der Welt überleben würde.
Potenziale sind da, man muss sie nur nutzen
Im zweiten Teil seines Vortrags widmete sich Alt auch dem Klimaschutz, der zweiten globalen Mammutaufgabe. Auch die Rettung des Weltklimas und damit der Welt sei möglich. Die Transformation hin zu „100 Prozent Klimaneutralität“ könne innerhalb von 15 Jahren gelingen, wenn nur die vorhandenen Potenziale genutzt würden. Die Sonne liefere das 18-Fache der weltweit benötigten Energie, dazu Wind- und Wasserkraft sowie Geothermie - man müsse es nur endlich machen. Und auch hier findet Alt einen Bezug zur Bergpredigt. Vor gut 2000 Jahren schon habe Jesus gesagt, die Sonne des Vaters scheine für alle. Alt sah darin eine Art Gebrauchsanleitung für den Klimaschutz: „Sonne und Wind schicken keine Rechnung.“
Bürgermeisterin Antje Runge (SPD) zeigte sich ebenfalls friedensbewegt: „Frieden muss immer möglich sein, auch wenn die Wege dorthin unterschiedlich sind und im Diskurs solidarisch begangen werden müssen“, sagte sie. Die Nachkriegsordnung funktioniere heute leider nicht mehr. Der Krieg, nicht nur der in der Ukraine, sei längst Teil des Alltags geworden. So schrecklich der Überfall Russlands auf die Ukraine auch sei, so dürften auch die vielen anderen Kriege auf der Welt mit Millionen traumatisierten, getöteten und verletzten Menschen nicht vergessen werden. Runge rief dazu auf, Brücken zum Frieden zu bauen. Mit Kriegen sei das aber unmöglich, sie zerstörten nur die Freiheit und die Demokratie.