Oberursel: Mit Muskelkraft und Stöffche-Stärkung nach oben

Das Baumstellen markiert einen der Höhepunkte der diesjährigen Umtriebe.
Oberursel -Der Kirchturm schlägt zur Mittagsstunde als die Kerbegesellschaft vom Planwagen springt und kurz darauf die Ärmel hochkrempelt. Es gilt den Kerbebaum zu stellen. Auf der Bleiche am Festplatz wird Orscheler Kerb gefeiert. Also, noch ein Schluck Apfelwein zur Stärkung. Dann die Scherenstangen gepackt und: „Los geht’s“, rufen sie sich zu.
Am Samstagmittag sitzt jeder Handgriff. 20 Männer im besten Alter nutzen ihre Muskelkraft. Die Oberurseler sind im Kerbefieber. Am rot-weißen Flatterband stehen die Schaulustigen dicht an dicht. Die Taunuskerb ist beliebt. Vier Tage feiern sie im Herzen der Altstadt.
Auch Anna Hofstetter, Lena Löw und Ina Pape sind wieder mit dabei. Die Kerbemädchen mischen sich unter die anderen Vereinsmitglieder und beäugen das Treiben.
Wie schnell es wohl diesmal gehen wird? „Bisher läuft alles nach Plan“, sagt Anna Hofstetter. Sie hat beste Kontakte, ist sie doch die Gattin des Vorsitzenden Kai Hofstetter und selbst im Vorstand aktiv.
Mit gekonnten Griffen stemmen die Kerbeburschen den Stamm in die Höhe. Nach kurzer Verschnaufpause geht es weiter. Die Fichte hatten sie am Morgen im Oberurseler Stadtwald ausgesucht und gefällt. „Wir haben dazu den Kranz gebunden und alles geschmückt“, erklärt Lena Löw.
Rot, Weiß und Blau sind die Farben des Oberurseler Stadtwappens. Auch im Kerbeverein haben sie diese „Tricolore“ auf den Fahnen.
Ina Pape verweist zudem auf den St. Ursula Brunnen, „den wir auch in diesem Jahr wieder geschmückt haben.“
Für die Bürgerinnen und Bürger sind Brunnen und Baum schön anzusehen. Beides sind Symbole der Orscheler und der Orscheler Kerb.
„15 Meter ist die Fichte in etwa“, schätzen die Kerbemädchen. Vormittags wurde der Stamm mit Spitze im Rahmen eines Umzugs durch die Stadt eskortiert. Die Brassband vom Karnevalverein Frohsinn begleitete den Transport. Auf dem Planwagen: Die Kerbegesellschaft. Im Konvoi folgten Traktoren.
Auf der Bleiche knüpft die Stimmung an die vom Freitagabend an. Da fand bereits die offizielle Eröffnung mit dem Bieranstich statt. Die „Äbbelquetscher“ spielten auf und sorgten im Festzelt für gute Stimmung. Am Samstag steht der Baum im Zentrum des Interesses. Über dem mit Fähnchen dekorierten Nadelkranz sitzt die Puppe, die bei anderen „Schlagges“ heißt. Die Oberurseler nennen sie „Schlumbel“.
Das merkwürdige Wesen trägt in diesem Jahr schwarze Hose und helles Hemd. Unter dem Kranz hat es sich wieder der pinkfarbene Flamingo gemütlich gemacht. Auch er gehört zur Oberurseler Kerb, erklären die Kerbebmädels. „2013 ist uns mal unsere Schlumbel geklaut worden“, erinnern sie sich. Seitdem haben sie den Flamingo als Aufpasser am Baum. „Das scheint zu helfen“, sagt Ina Pape und grinst.
Als der Baum gestellt ist, stoßen sie gemeinsam auf die Kerb an. Gestärkt wird sich bei Michael Dinger und Peter Ochse. Die beiden sind mit der nostalgischen Suppenküche aus Stierstadt angereist und servieren Oma Ellis Linsen- und Erbsensuppe nach Originalrezept.
Am Schießstand zielen die Besucher derweil auf Stoffrosen und Schlüsselanhänger. Die süße Bude lockt mit gebrannten Mandeln besonderer Geschmacksrichtungen. „Wir setzen auf Vielfalt. Die Granatapfelmandeln kann ich Ihnen empfehlen. Die sind der Renner!“, wirbt Wolfgang Eiserloh Junior dort.
Am Abend spielt die Band „Bongaz“ Coversongs von einst und heute. Der Sonntag beginnt mit dem obligatorischen Gottesdienst in Sankt Ursula. Nachmittags findet die Kerbeolympiade statt. Mit dem anschließenden Giggelschmiss endet der offizielle Teil für die Kerbegesellschaft. Im Festzelt wird noch weitergefeiert. Die Band „Syndicate“ heizt dem Publikum. Am heutigen Montag öffnen nochmal alle Fahrgeschäfte. Es ist Familientag!
