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Oberursel: Neues Umspannwerk soll am besten an Autobahn

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Zahlreiche Bürger sind beim Info-Markt der Übertragungsnetzbetreiber in der Burgwiesenhalle.
Zahlreiche Bürger sind beim Info-Markt der Übertragungsnetzbetreiber in der Burgwiesenhalle. © Christiane Paiement-Gensrich

Beim Info-Markt der Übertragungsnetzbetreiber zu ihren Plänen für die neue Anlage auf Bommersheimer Feldgemarkung geht es vor allem um die Zukunft der dortigen fruchtbaren Ackerböden.

Bommersheim -Der Appetit auf Strom wird immer größer. Digitalisierung, Elektroautos, Wärmepumpen und vor allem Rechenzentren brauchen große Mengen an Elektrizität. „Gerade im Rhein-Main-Gebiet ist der Bedarf sehr groß“, sagt Joëlle Bouillon, Unternehmenssprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Und Anne Klingenburg, Referentin für Bürgerbeteiligung Hessen beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet erklärt, dass derzeit nicht allen Anschlussbegehren stattgegeben werden könne. Gerade bei den Strom-gefräßigen Rechenzentren sei man derzeit zurückhaltend. Beide waren am Mittwoch nach Oberursel-Bommersheim gekommen und informierten in der Burgwiesenhalle über das geplante neue Umspannwerk, das die beiden Unternehmen ins Bommersheimer Feld stellen wollen. Es soll, zusammen mit weiteren neuen Umspannwerken, die laut Netzentwicklungsplan Strom 2037/2045, unter anderem in Bad Homburg-Obererlenbach und Eschborn gebaut werden sollen, auf lange Sicht die Stromversorgung verbessern. Der Plan befindet sich derzeit im Aufstellungsprozess.

Bürgermeisterin Antje Runge (SPD) hatte darauf bestanden, dass die beiden Übertragungsnetzbetreiber öffentlich informieren. Rund 200 Bürger waren zum Info-Markt gekommen. Und um es gleich zu sagen: Die Begeisterung der Bommersheimer für das Projekt hält sich in Grenzen. Immerhin sollen dafür bis zu 20 Hektar Ackerland zugebaut werden. Ortsvorsteher Steffen Wolf (OBG Freier Wähler) fasste kurz und prägnant zusammen: „So ein Umspannwerk passt hier nicht in die Landschaft.“ Sehr gute Böden würden verloren gehen, zudem sei das Bommersheimer Feld Naherholungsgebiet für Oberursel und Frankfurt. Und wenn schon Umspannwerk, „dann so weit weg wie möglich“.

Runge betonte, die Stadt wisse um den Strombedarf, aber das Umspannwerk solle so klein wie möglich gebaut werden und am besten weit weg von der Stadt, dicht entlang der Autobahn 5. „Unsere Bauern dürfen nicht in ihrer Existenz bedroht werden“, betonte sie und die Höchstspannungsleitung „soll dort bleiben, wo sie ist“, nämlich auf der (östlichen) Frankfurter Autobahn-Seite. Ferner dürfe die Stadt weder durch die Planung des Umspannwerks noch durch die damit zusammenhängenden 380-Kilovolt-Leitungen in ihren Erweiterungsmöglichkeiten eingeschränkt werden.

„Bestes ebenes Feld“

Die Bürger waren dazu aufgerufen, ihre Vorschläge und Bedenken auf Wandzeitungs-Bögen zu schreiben, was einige auch taten. Unter anderem wurde dort angeregt zu prüfen, ob es vielleicht auch reiche, das bestehende (Syna-)Umspannwerk zu erweitern. Als Standort wurde vorgeschlagen: „Zwischen Kieswerk und A 5“. Zudem solle geprüft werden, ob sich die Bad Homburger Seite ebenfalls eigne. Und es hieß: „Anfahrtswege der Baufahrzeuge bedenken. Die Bommersheimer Straße ist schon jetzt überlastet.“ Zudem kann jede Person ihre Stellungnahme bis zum 20. November abgeben unter: www.netzausbau.de.

Ortslandwirt Michael Klein, der einen Vollerwerbsbetrieb mit Schwerpunkt Pensionspferdehaltung hat, aber auch Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Kartoffeln und Mais anbaut, sagte: „Wir sind auf die Flächen angewiesen.“ Dort, wo das Umspannwerk angedacht sei, liege „bestes ebenes Feld“. Sieben bis acht Meter tief reiche der Lösslehm. „Das ist ein guter Wasserspeicher, hier wächst es ohne Beregnung.“ Ein Kubikmeter Boden könne bis zu 200 Liter Wasser speichern. „So hochwertige Ackerflächen müssten für jegliches Bauen unantastbar sein.“ Und: „Das Ackerland ist dafür da, um uns zu ernähren.“ Immerhin werde die Welternährungssituation immer problematischer. Die Bommerheimer Landwirtschaft sei von den Übertragungsnetzbetreibern sozusagen „überfallen worden“. „Auf einmal kamen Briefe an die Landeigentümer mit Kaufgesuchen für das Umspannwerk.“

Landwirt Jan Mag, der ebenfalls Pensionspferde beherbergt und zudem Zuckerrüben, Gerste, Weizen und Hafer anbaut, findet, Lage und Größe des Umspannwerks müssen „angepasst werden“. Winfried Wolf, der seine Nebenerwerbslandwirtschaft bereits an die nächste Generation übergeben hat, meint, es werde, auch durch die Sicherheitsabstände, die zu einem Umspannwerk eingehalten werden müssten, schwierig werden, allen Interessen Rechnung zu tragen. Aber der Bau einer solchen Anlage werde „wahrscheinlich nötig sein“.

Klingenburg betonte: „Wir verstehen, dass das den Bürgern und den Landwirten wehtut.“ Und Bouillon sagte: „Der hohe Flächenverbrauch ist uns bewusst. Wir sind immer bemüht, Tauschflächen für Landwirte anzubieten.“ Im Übrigen versuche man mit dem Umspannwerk „so dicht wie möglich an die Autobahn zu kommen“, das sei auch im Interesse der Übertragungsnetzbetreiber selbst.

Fit für die Energiewende

Das Umspannwerk solle spätestens 2037 gebaut werden, besser schon früher, so Bouillon weiter. Das Stromnetz solle mit dem Ausbau fit für die Energiewende gemacht werden. Denn durch den Ausstieg aus Atom- und Kohleenergie könne in Süddeutschland kaum noch Strom produziert werden. Er müsse daher von den Offshore-Anlagen und der Nordseeküste in den Süden geleitet werden.

Ein neutraler Ansprechpartner, losgelöst von den Netzbetreibern, ist der „Bürgerdialog Stromnetz“. Die staatlich geförderte Organisation informiert Bürger darüber, wie etwa Genehmigungsverfahren für Umspannwerke laufen. Auch bei Beschwerden sei der „Bürgerdialog“ Erstkontakt, erklärte die Regionale Ansprechpartnerin für Hessen und Rheinland-Pfalz, Alena Richter. Ansprechpartner bei Einwänden sei jedoch die Bundesnetzagentur. Der „Bürgerdialog“ hat die Internet-Adresse www.buergerdialog-stromnetz.de.

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