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Oberursel tanzt gegen Gewalt an Mädchen und Frauen

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Von: Esther Fuchs

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Passanten bleiben stehen, machen spontan mit - auch Männer. Die Tanzaktion findet die gewünschte Aufmerksamkeit.
Passanten bleiben stehen, machen spontan mit - auch Männer. Die Tanzaktion findet die gewünschte Aufmerksamkeit. © efx

Viele Menschen setzen mit „One Billion Rising“-Aktion auf Epinay-Platz erneut ein Zeichen.

Oberursel -„Hallo Oberursel, seid ihr alle da?“, ruft die Frauenstimme am Mikrofon. Auf dem Epinay-Platz versammeln sich am Dienstagnachmittag Frauen aller Altersgruppen, um ein Zeichen gegen Sexismus und Gewalt an Frauen zu setzen. Es ist der 14. Februar, also eigentlich der Valentinstag. Die Veranstalter nutzen diesen Tag jedoch bewusst. Denn der Tag der Liebenden ist für viele Frauen alles andere als schön oder romantisch. „Auch am Valentinstag leiden weltweit Mädchen und Frauen an Gewalt und Unterdrückung“, erklärt die Rednerin auf dem Epinay-Platz.

Die Bewegung „One Billion Rising“ ist international aktiv und setzt sich mit Tanzdemonstrationen und Redebeiträgen gegen Unterdrückung, Sexismus und Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen ein.

Auch Oberursel beteiligt sich wieder. Mit positiver Energie und fröhlicher Musik tanzen Frauen und Mädchen in der Innenstadt. „Auch letztes Jahr waren wir hier“, erklärt Daria Pilka, externe Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsbeauftragte der Stadt. Bürgermeisterin Antje Runge (SPD), die städtische Gleichstellungsstelle und der Verein Frauen helfen Frauen Hochtaunuskreis haben die dynamische Demonstration organisiert.

Unterstützt wird das Treffen von den Frauen der Oriental Dance Fitness Gruppe der Turn- und Sportgemeinde 1861 Oberursel (TSGO). Die TSGO-Tänzerinnen beginnen zu tanzen, als der Song „Break the Chain“ erklingt. Schrittfolgen und Drehungen sind eingängig, so dass auch alle anderen mitmachen können. „In der Gruppe tanzt es sich fast von alleine und macht dazu noch viel mehr Spaß“, sagt eine Demonstrantin. Auf dem zentralen Platz der Stadt bekommt die Tanzeinlage auch größte Aufmerksamkeit. Passanten bleiben stehen. Manche beteiligen sich spontan - „One Billion Rising“ erfüllt seinen Zweck. Aufmerksamkeit schafft auch der Liedtext: „Break the chain“ - „Sprengt die Ketten!“, rufen die Frauen.

Ketten der Gewalt existieren überall auf der Welt. Laut Angaben der Vereinten Nationen sind ein Drittel aller Frauen in ihrem Leben Opfer von Gewalt. Die Tanzdemonstration steht dieses Jahr unter dem Motto „Rise for Freedom“ und fordert Freiheit in öffentlichen Räumen. Die Anwesenden setzen sich für Solidarität, Selbstbestimmung und Sicherheit aller Mädchen und Frauen ein.

„Mädchen und Frauen müssen sich frei bewegen können ohne eine Bewertung ihrer Körper und Kleidung. Kleidung wird leider immer noch als Entschuldigung benutzt, sexualisierte Gewalt zu rechtfertigen. Das darf nicht sein!“, so die Botschaft am Mikrofon. Und weiter:

„Der Rock zu kurz. Der Ausschnitt zu tief. Das hören wir immer. Doch ein Rock ist keine Zustimmung oder Einladung!“ Ein klares Nein zu sexuellen Übergriffen oder sexistischen, frauenfeindlichen Bemerkungen und Kommentaren. Das Problem müsse gesamtgesellschaftlich an der Wurzel gepackt werden. „Es werden immer nur Symptome behoben. Im Parkhaus gibt es Frauenparkplätze und Videoüberwachung. Doch die Ursachen können wir nur alle zusammen beheben!“

„One Billion Rising“ hat schlicht ein gewaltfreies Zusammenleben zum Ziel.

Das beinhaltet die Freiheit für Mädchen und Frauen, sich zu jeder Zeit in öffentlichen Räumen zu bewegen. „Wir kennen das Unbehagen, wenn wir öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Wir wissen, wie wir uns in einer dunklen Gasse oder einem Aufzug unter Männern fühlen“, so die Rednerinnen. Musik und Tanz setzen dagegen ein Zeichen. Die Frauen heben die Arme nach vorne und in den Himmel.

Am späten Dienstagnachmittag bleiben auch Männer stehen und schauen zu. Ein gutes Zeichen. Die Aktion findet Gehör, Aufmerksamkeit. Um alle Ketten der Gewalt zu sprengen, wird es aber noch ein weiter Weg sein.

Weltweit jeder dritte weibliche Mensch war, ist oder wird Opfer

Die Kampagne „One Billion Rising“ oder „OBR“ bedeutet zu Deutsch „Eine Milliarde erhebt sich“. Die „eine Milliarde“ weist auf eine UN-Statistik hin, die besagt, dass jede dritte Frau in ihrem Leben entweder vergewaltigt oder Opfer einer schweren Körperverletzung wird. Im September 2012 initiierte die New Yorker Künstlerin und Aktivistin Eve Ensler erstmals die Bewegung. Körperliche und psychische Gewalt gegen das weibliche Geschlecht können weder im öffentlichen noch im privaten Raum geduldet werden. Eine Statistik des Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2021 zeigt, dass allein in Deutschland 115 342 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt wurden. 113 Fälle endeten dabei tödlich. Hilfe vor Ort finden Betroffene im Verein Frauen helfen Frauen Hochtaunus und im Frauenhaus Oberursel, Homepage www.frauenhaus- oberursel.de sowie telefonisch unter (06 17) 5 17 68.

Daria Pilka ist erreichbar unter Telefon (06171) 502369 oder per Mail an daria.pilka@oberursel.de. Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen hat die Nummer 08000 116016.

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