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Schnelle Lösung für marodes Oberurseler Rathaus sollte Vorrang haben

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Die Stadthalle könnte durch ein kombiniertes Rathaus- und Veranstaltungsgebäude ersetzt werden, meinen die Grünen. Die anderen Fraktionen aber haben dazu noch viele Fragen.
Die Stadthalle könnte durch ein kombiniertes Rathaus- und Veranstaltungsgebäude ersetzt werden, meinen die Grünen. Die anderen Fraktionen aber haben dazu noch viele Fragen. © Jens Priedemuth

Viel Skepsis zum Grünen-Vorschlag, ein kombiniertes Verwaltungs- und Stadthallen-Gebäude zu planen

Oberursel -Ein einziges neues Gebäude als Ersatz für Rathaus und Stadthalle schwebt den Grünen vor. Der Grund: Beide Bauten sind in die Jahre gekommen und müssten dringend saniert werden. Am Dienstag hatte Grünen-Fraktionschefin Christina Herr das Projekt „Stadthaus“ gemeinsam mit zweien ihrer Fraktionskollegen vorgestellt. Den Neubau sehen die Grünen auf dem Grundstück der jetzigen Stadthalle. Doch was sagen die anderen politischen Kräfte dazu, allen voran Kooperations-Partner CDU?

„Wir begrüßen grundsätzlich alle Beiträge, die die Diskussion um Rathaus und Stadthalle voranbringen“, sagt die christdemokratische Fraktionsvorsitzende Susanne Kügel . Hinsichtlich der Kosten jedoch müsse die Idee „umfänglich geprüft werden“. Ihre Fraktion befürchte, dass ein kombiniertes Rathaus-Stadthallen-Gebäudes deutlich teurer wäre, als ein eventueller Rathaus-Neubau und eine Stadthallen-Sanierung. Daher sei sie hinsichtlich des „Stadthaus“-Großprojektes etwas skeptisch. Die CDU sehe zudem Chancen, die Wirtschaftlichkeit der Stadthalle durch „ein intensiveres Vermarktungskonzept“ zu verbessern, so Kügel weiter.

Die Grünen hatten von 30 bis 39 Millionen Euro für Rathaus-Sanierung oder -Neubau und von 5 bis 7,5 Millionen Euro für die Sanierung der Stadthalle gesprochen. Bei dem Stadthallen-Betrag geht es „nur“ um Brandschutz mit gleichzeitiger „Pinselsanierung“ (etwa durch neue Farbe für die Wände und neue Teppichböden). Nicht aber um energetische Sanierung und Barrierefreiheit.

SPD-Fraktionschefin Elenor Pospiech nennt den „Stadthaus“-Vorschlag der Grünen „eine Idee in einem sehr frühen Stadium“. Die Sozialdemokraten seien immer offen für gute Ideen und bereit, diese zu prüfen. Allerdings gebe es auch Zeitdruck in Sachen marodes Rathaus. Die Fahrstühle dort sind altersschwach, die meisten Fenster dürfen nicht mehr geöffnet werden, weil sie sonst aus der Wand fallen könnten, in den Sitzungssaal regnet es hinein und von der Fassade lösen sich immer wieder Putz-Brocken. „Wir brauchen eine schnelle, nachhaltige und tragfähige Lösung für das Rathaus“, betont sie.

Eine Lanze bricht sie für den großen Saal der Stadthalle (einen solchen würde es im neuen „Stadthaus“ nicht mehr geben). Der Saal habe immerhin ein ausgefeiltes Akustikkonzept, so dass das Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks dort Proben abhalte. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal“, betont Pospiech. Auch gebe es keine Stadthalle, die kostendeckend betrieben werde. Die Grünen hatten angeführt, dass die Stadthalle ein Zuschuss-Betrieb sei. Eine Stadthalle sei „ein wertgeschätzter Ort der Gemeinsamkeit für die Stadtgesellschaft“, so Pospiech weiter. Hinzu komme: „Wenn wir etwas (also in diesem Fall die Stadthalle) niederlegen würden, das man noch gebrauchen könnte, hätten wir einen immensen Energieverbrauch.“ Nicht zuletzt müsse an die Stadthallen-Mitarbeiter und an den Pächter der Stadtschänke, die sich in der Stadthalle befindet, gedacht werden.

Bei der „Stadthaus“-Idee sei die Kernfrage: „Könnte man ein so großes Gebäude überhaupt auf die Stadthallen-Tiefgarage stellen?“ Klar müsse auch sein: „Alle Nutzungsmöglichkeiten für die Oberurseler Vereine müssen erhalten bleiben.“ Denn die Vereine seien „ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft“. Auch müssten die Bedarfe der nächsten Generation berücksichtigt werden. Und natürlich müsse die Finanzierung geklärt sein. Eine weitere Frage sei, wie das gesamte Areal inklusive Rathaus- und Mitarbeiterparkplatz-Grundstück gestaltet werden solle. Eigentumswohnungen in großem Maßstab sehe sie auf dem derzeitigen Rathaus-Grundstück nicht.

„Unrichtige Behauptungen“

Die „Stadthaus“-Idee sei sehr komplex, findet unterdessen Andreas Bernhardt, Fraktionschef der OBG Freie Wähler . Absolut inakzeptabel sei es aber, „die Stadthalle durch unrichtige Behauptungen schlecht zu machen“. „Es ist schlichtweg die Unwahrheit zu behaupten, dass die Toiletten in der Stadthalle für Rollstuhlfahrer nur über Treppen oder über den Lastenaufzug der Stadtschänke erreichbar seien. Es gibt doch einen Aufzug, der auch im Erdgeschoss hält. Die dortige Behindertentoilette ist barrierefrei erreichbar“, so Bernhardt. Selbst in den Räumen der Stadtschänke sei eine behindertengerechte Toilette erst vor der Verpachtung zusätzlich eingebaut worden. Dies sei auch Gegenstand von öffentlichen Gremiensitzungen im Jahr 2022 gewesen.

Die OBG sehe sehr wohl, dass die Stadthalle in die Jahre gekommen sei. Aber: „Um etwas Neues besser darstellen zu können, den Bestand schlechtzureden, ist der falsche Weg.“ Dann dürfe man sich nicht wundern, „wenn potenzielle Kunden noch von künftigen Buchungen abgebracht werden und die Einnahmen am Ende sinken“.

Michael Planer, Vorsitzender der Unabhängigen Liste Oberursel (ULO) ist offen für den „Stadthaus“-Vorschlag, aber trotzdem etwas skeptisch. „Für mich steht die Idee unter dem Vorbehalt der Finanzierung“, sagt er, fügt aber hinzu: „Sicher gebe es bei einem kombinierten Gebäude Synergien bei den Energiekosten.“ Die kostengünstigste Lösung für die Stadtverwaltung sei aber das Braas-Gebäude am Bahnhof. Das Rathaus könne sich dort gut einmieten, genügend Platz für Büros sei vorhanden. Und verkehrsgünstig gelegen sei es auch. Auf dem jetzigen Rathaus-Areal könnten, als Frequenzbringer, ein Bürgerbüro und die Stadtbücherei eingerichtet werden, wo Einwohner beispielsweise Pass-Angelegenheiten erledigen könnten. Eine Stärkung des Einzelhandels durch Innenstadt-Entwicklung sei ihm besonders wichtig. Dazu gehöre auch die Frage, was an der Oberhöchstädter Straße (wo sich derzeit der Rathausmitarbeiter-Parkplatz befindet) gemacht werden solle. Bei der Innenstadt-Gestaltung könne er sich eine ähnliche Lösung wie in Bad Vilbel vorstellen, so Planer weiter. Dort seien Stadthalle und Bibliothek kombiniert, und es gebe eine Flaniermeile mit Geschäften und Cafés, teils mit Blick auf die Nidda. Der Urselbach lasse sich bestimmt auch sehr schön in Szene setzen.

„Nicht wieder die Steuerschraube“

Eine Investition in einen „Stadthaus“-Neubau müsse wahrscheinlich über Kredite gestemmt werden, so Planer weiter. Und da sehe er wenig Luft. „Wir müssen den Haushalt (der ein strukturelles Defizit aufweist) wieder in den Griff bekommen“, betont er. In der Bevölkerung gebe es derzeit sehr viel Unmut wegen der Grundsteuer-Erhöhung. Sinnvoll sei eine Lösung, „die dem Bürger nicht noch mehr auf dem Säckel liegt“. Auch stehe ein Beschluss zur Rathaus-Sanierung im Raum.

„Die Idee der Grünen ist nicht neu“, sagt dagegen AfD-Fraktionsvorsitzende Professor Dr. Claudia Koch-Brandt . „Unter Fachleuten ist seit Jahren unbestritten, dass Rathaus und Stadthalle marode sind und abgerissen gehören.“ Das Rathaus müsse auf den bisherigen Parkplatz und daneben eine Multifunktionshalle, in der auch getagt werde. „Das alte Stadthallenareal brauchen wir für Wohnungsbau, da nur hier eine Lagequalität besteht, die substanziell zur Finanzierung der neuen Gebäude beitragen kann.“

Katja Adler (FDP) meint: „Es ist richtig, dass man das Thema Rathaus mit der Stadthalle verknüpft.“ Da sich die finanzielle Situation Oberursels aber maßgeblich verschlechtert habe, müssten dabei aber auch weitere Alternativen in Betracht gezogen und Folgekosten der Entscheidungen einkalkuliert werden. „Das Konzept muss die Interessen der Vereine, der Rathausmitarbeiter und vor allem der Bürger insgesamt berücksichtigen und für alle tragbar sein. Dazu gehört, dass in Folge der Entscheidungen insbesondere nicht wieder an der Steuerschraube gedreht werden darf, siehe Grundsteuer B.“

Grundsätzlich sei es richtig, auf den Energiehunger und den Modernisierungsstau von Rathaus und Stadthalle Oberursel hinzuweisen, findet Dr. Claudia von Eisenhart Rothe (Klimaliste) . Priorität müsse aber eine zügige Lösung für die Rathausmitarbeiter haben: „Es kann nicht sein, dass wir erneut eine Brainstorming-Phase ausrufen und in der Zwischenzeit bröckelt die Fassade weiter und es regnet durch das Dach. Wir müssen die Arbeit der Rathausmitarbeitenden endlich wertschätzen und für eine würdige Unterbringung so schnell wie möglich einen Parlamentsbeschluss herbeiführen.“ Die Diskussion über die Zukunft des Rathauses dauere nun schon Jahrzehnte. Erst wenn die Mitarbeitenden umgezogen seien, könnten neue Visionen diskutiert werden. Am Ende könnte dann tatsächlich der Abriss von Stadthalle und Rathaus stehen. Und die Vermarktung eines Teils des Areals könnte die Umsetzung eines multifunktionalen Gebäudekomplexes im Plus-Energiestandard finanzieren.

Von der Fraktion der Linken war gestern leider niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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