„Tour de Schnaps“ durch Oberursel

Die Stadtführerin Marion Unger bietet einen neuen und ziemlich hochprozentigen Rundgang an.
Oberursel -Eigentlich sollte es bei diesem „hochprozentigen“ Rundgang mit Stadtführerin Marion Unger ja (auch) um Rum gehen. Wenn dann aber das karibische Kultgetränk in einer Location namens „Tabak Carree“ verkostet wird, ist es kein Wunder, dass die Teilnehmer im Dialog mit Ladeninhaberin Katharina Rhode den Fokus auch auf andere Genussmittel gleicher Provenienz lenkten: kubanische Zigarren von höchst veritabler Machart.
Das war zwar nicht ganz dem Drehbuch von Marion Unger entsprechend, aber trotzdem vergnüglich. Zum Teil aber auch Programm, denn alles hängt mit allem zusammen: Rum kann man sich nämlich ebenso solo munden lassen, wie man Zigarren ohne Zugabe von Flüssigkeit genießen kann, zusammen konsumiert, macht es aber noch mehr Spaß.
Apropos Flüssigkeit: Katharina Rhode, jene mit enormem Fachwissen über Rum und Tabakwaren gesegnete Expertin, die an ihrem 18. Geburtstag gemeinsam mit Papa ihre erste Zigarre geraucht hat, gewährte interessierten Herren sogar Zugang zu ihrem Allerheiligsten, dem begehbaren Humidor. In ihm werden die Tabakstangen qualitätssichernd feucht gehalten.
Und während man sich draußen im Laden an einem 40-prozentigen „HeySelNut“-Rumlikör - für Süßschnäbel gibt es ihn auch mit Marzipan-Note - und einem reinrassigen kubanischen Hochprozenter labte, kam drinnen im Humidor schnuppernd Verständnis dafür auf, warum es von den bis zu 300 Euro pro Stück teuren Zigarren pro Kunde und Tag Nachschubproblemen geschuldet nur zwei gibt. Das „Tabak-Carree“ war die zweite Station dieser von Marion Unger erstmals in dieser Thematik angebotenen und mit Oberurseler Stadtgeschichte eng verwobenen Genusstour.
Einblick in die Seele der Whisk(e)ys
Zuvor waren die Tourteilnehmer gegenüber im „Soul of Whisky“ Gäste von Claudia und Norbert Huhndorf-Ohneck. Die ließen ihren begierig aufgesaugten Worten über Machart, Kultur und Seele des „Wassers des Lebens“, das je nach Herkunft mit oder ohne „e“ vorm Ypsilon geschrieben wird (mit „e“ kommt es aus Schottland, ohne „e“ aus Irland oder den USA), auch Taten folgen: Zur Verkostung kamen aus dem 2500 Sorten umfassenden Sortiment ein „Campbeltown Single Malt Glen Scotia Double Cask“ und ein irischer „Glendalough Double Barrel“ ins Nosing-Glas.
Die verströmten ihren Duft, während Claudia und Norbert über die Auswahl der Fässer, in denen guter Whisk(e)y heranreifen sollte, dozierten und auch eine Daumenregel fürs Verkosten verrieten: Pro Reifejahr sollte der meist güldene, rauchige, bisweilen auch an Torf, Karamell, Vanille oder Schokolade erinnernde Quell der Freude unterm Gaumen eine Sekunde lang genüsslich hin- und hergerollt werden, getreu dem Motto Schauen, Riechen, Schmecken. Und das immer in dem Bewusstsein, keinen Schnaps im Mund zu haben, sondern einen Schluck Kultur.
Von Marion Unger mit Bedacht und themenorientiert gewählt war auch die dritte und letzte Station der hochprozentigen Reise durch Alt-Orschel, der „Hirsch“ am Alten Markt. Die Location war deshalb so passend, weil der Taunuswald mit seinen Fichten sowohl die Heimat des größten heimischen Säugetiers ist als auch geschmacksgebende Komponente für das zur Verkostung anstehende dritte Kult-Getränk: „Orschel-Gin“. Tobias Reul, Produktionsleiter der „Taunus Gin GmbH“, der die Verkostung leitete, geizte nicht mit Fachwissen über die klare Spirituose, deren Name das französische „genevrier“ (Wacholder) in sich trägt.
Bevor drei der vier, alle biozertifizierten „Taunus Gin“-Produkte ins Glas kamen, verwies Tobias Reul auf die Nachhaltigkeit des Getränks. Die meisten der in der kleinen Manufaktur verarbeiteten, die typischen Aromen stiftenden Botanicals - an ätherischen Düften reiche Fichtentriebe, Brennnessel, Löwenzahn oder eben Wacholder - werden eigenhändig gepflückt und gesammelt.
Probiert wurde zunächst der mit einer frischen Zitrusnote daherkommende „Spring Brake“, dann der klassische, wacholderbetonte „Heritage“ und schließlich der seine Hauptzutat Fichte nicht verleugnende „Dark Forest“, der trotz der Zugabe österreichischer Zirbenzapfen trotzdem ein echter „Orschel-Gin“ ist.
Die nächsten Führungen sind am Freitag, 26. Mai und 23. Juni. Treffpunkt ist jeweils um 18 Uhr am Vortaunusmuseum am Marktplatz. Die Teilnahme kostet 35 Euro pro Schnapsnase. Anmeldung per E-Mail an marionoberursel@icloud.com.