Sonne versüßt Apfelernte

Von qualitativ super bis „katastrophal“: Bilanz der Apfelernte fällt gemischt aus.
Hochtaunus -Der Regen kommt für die frühen Apfelsorten definitiv zu spät. Viele Bäume hingen zwar mit kleinen Äpfeln voll wie selten. Aber nach dem extrem trockenen Sommer sind viele Früchte bereits heruntergefallen, bevor sie überhaupt richtig reif waren. Entsprechend sind die Ernteprognosen für dieses Jahr. Qualitativ sieht es aber nicht ganz so schlecht aus.
Bei der Keltergemeinschaft Michelbach war am Samstag bereits reichlich zu tun. „Wir hatten schon genug Anmeldungen und sind zwei Wochen früher dran als sonst“, stellten Stefan Göldner und Markus Schindewolf fest. Sie beschränken sich zunächst auf das Lohnkeltern. Aus dem Usinger Land haben die Leute beim ersten Keltertermin Fallobst gebracht, damit es nicht auf dem Kompost landet.
Der sortenreine Saft aus Goldparmänen von Werner Wengenroth schmecke jedenfalls wunderbar süß, heißt es. Wie der Apfelwein in diesem Jahr wird, bleibe hingegen abzuwarten. Dazu eignen sich laut Schindewolf besser die späten Sorten. Mit dem Ankauf von Äpfeln für die Schoppenherstellung wollen er und Göldner daher noch ein wenig warten. Die Saison gehe erst los. „Wir erwarten in diesem Jahr eine Top-Qualität“, so Schindewolf. Er verriet: „Wenn die Süße so hoch bleibt, experimentieren wir beim Äppler bei einigen Ansätzen wieder mit dem Zusatz von anderem Obst, mit Quitte lässt sich die Säure etwas heben.“
Peter Gwiasda aus Wehrheim hat die aromatischen Gravensteiner, die als Frühäpfel nicht lange lagerfähig sind, bereits zu Dörrobst verarbeitet. Für den Apfelwein keltern will er erst ab Mitte Oktober. „Der Anhalter, ein alter Kulturapfel aus dem Taunus, gehört zu den ältesten Wehrheimer Sorten, ist ein klassischer Mostapfel und trägt in diesem Jahr sehr gut“, stellte er fest. Auch der Brettacker, den seine natürliche Wachsschicht vor dem Austrocknen schützt, habe zum Einlagern noch etwas Zeit und verspreche eine gute Ernte.
Im Vordertaunus sieht es in diesem Jahr jedoch nicht ganz so gut aus. Vorsitzender Fred Biedenkapp von der Interessensgemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) sprach von katastrophalen Bedingungen und sagte: „Die Bäume lassen nach der langen Trockenheit ihre Früchte fallen, um sich zu retten, deshalb nehmen wir jetzt runter, was noch hängt.“ Die Äpfel hätten viel Sonne abbekommen und seien sehr süß. Probekeltern ist erst am kommenden Wochenende. Aber er meint: „Die Qualität scheint gut zu sein.“ Kelterfest ist am neuen Vereinsheim am 24. und 25. September, danach keltert die IKF, solange es Äpfel gibt. Ob der Regen den späten Sorten, die oft viele, aber kleine Früchte tragen, noch hilft, kann Biedenkapp nicht abschätzen. Aber so viel:
Apfelwein wird milder und hochprozentiger
„Es gibt in diesem Jahr viel Mostobst, weil die Normen für Tafeläpfel nicht erfüllt werden.“ Auf jeden Fall konnten die IKF-Mitglieder 200 Jungbäume durch Bewässerung aus dem Brunnenhäuschen über den trockenen Sommer retten.
Irritiert ist Heiko Fischer, der Vorsitzende des Kronberger Obst- und Gartenbauvereins, dass die großen Keltereien eine so tolle Apfelernte angekündigt haben. „Wir haben die katastrophalste Ernte, die wir jemals hatten. Über die Hälfte der Äpfel ist schon runtergefallen.“ Von denen, die jetzt noch hängen, werde es auch noch Verluste geben, weil der Apfelwickler, ein Schädling, aufgrund der Klimaveränderung in diesem Jahr gerade in der dritten Generation aktiv sei. „Wir werden wohl bis zu 70 Prozent weniger ernten“, meint Fischer und sagt: „Wie der Apfelwein wird, müssen wir abwarten.“ Frisch gefallene Äpfel könne man ohnehin nur zu Saft oder Brei verarbeiten. Auch dafür fehle den Äpfeln, wie allem Obst, in diesem Jahr das Aroma. Wegen der Trockenheit seien zu wenig Nährstoffe nach oben gelangt.
Das bestätigte auch Florian Steden von der gleichnamigen Kelterei in Oberursel. Die eigentliche Ernte beginne erst jetzt. Er weiß, dass die Äpfel in diesem Jahr viel Fruchtzucker und wenig Säure entwickelt haben. „Für den Apfelwein bedeutet das, er wird eher mild, hat aber deutlich mehr Alkohol“, erläuterte Steden. In der Wetterau hätten Kollegen bis zu 50 Prozent Ernteausfälle. „Wir bekommen unsere Tanks voll“, meint er. Die eigenen Standorte hätten genug Feuchtigkeit abbekommen. Ein Problem seien die neu gepflanzten Bäume gewesen. Die bestellten Wassersäcke seien zu spät gekommen und trotz Gießens seien 30 von 100 Jungbäumchen regelrecht verbrannt. „Weil sich der Grundwasserspiegel seit sechs Jahren nicht erholt hat, müssen wir uns künftig etwas einfallen lassen, wie wir die jungen Bäume durchkriegen“, so Steden. Die Kronberger etwa hatten die frisch gepflanzten Bäume gewässert und versucht, den älteren den Trockenstress durch Mulchringe zu nehmen.