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Infektionslage ist hoch und steigt

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Coronaschutzimpfungen werden Menschen ab 60 sowie Risikopatienten empfohlen. Was Grippe betrifft, so raten Ärztinnen und Ärzte Menschen jeden Alters zur Immunisierung.
Coronaschutzimpfungen werden Menschen ab 60 sowie Risikopatienten empfohlen. Was Grippe betrifft, so raten Ärztinnen und Ärzte Menschen jeden Alters zur Immunisierung. © dpa-tmn

Corona wieder häufigste Atemwegserkrankung - Auch Grippe auf dem Vormarsch

Hochtaunus -In Büros sind ganze Flure leer. Im Freundeskreis schnieft und hustet es. Im Bus tragen wieder mehr Menschen Masken. Und sie tun gut daran. Denn es ist wieder wahrscheinlicher geworden, dass die Schniefnase nebenan unter Covid-19 leidet. Im Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) über Labortests in Arztpraxen wurde Ende Oktober „erstmals für Sars-CoV-2 mit 23 Prozent eine höhere Positivenrate verzeichnet als für die bisher am häufigsten zirkulierenden Rhinoviren“. Viele Infizierte hätten aber nur milde Erkältungssymptome.

„Die Infektionslage ist hoch und steigt“, sagt die Bad Homburger Hausärztin Petra Hummel. Sie ist Vorsitzende des Bezirks Taunus des Hausärzteverbandes Hessen und zudem eine der Ärztinnen und Ärzte, die das RKI mit Daten ihrer Patienten beliefern. Sie glaubt, dass der Anteil von Covid-19-Infizierten unter den derzeit Erkälteten noch höher ist. Denn die Daten, die an das RKI gehen, sind nur Stichproben; zudem testen sich nicht alle Erkrankten auf das Coronavirus. Manche stecken unwissentlich andere an.

Die Omikron-Variante Eris (EG.5) macht laut RKI knapp die Hälfte aller nachgewiesenen Infektionen aus. Zwar lösen weder sie noch andere aktuelle Varianten schwerere Symptome als vorherige Coronavarianten aus. Dennoch ist auch die Zahl an Patienten, die sich wegen ihrer Coronainfektion im Krankenhaus behandeln lassen müssen, wieder angestiegen.

„Wir haben seit langer Zeit wieder mehr als 30 Coronapatienten auf der Normalstation“, erklärte Dr. Julia Hefty, Geschäftsführerin der Hochtaunus-Kliniken, am Mittwoch, 8. November. Übers Jahr seien es zwischen 12 und 20 gewesen. Einzelne Personen liegen mit schweren Covid-Symptomen sogar auf der Intensivstation. Dass sehr viele Menschen an Atemwegssymptomen leiden, sehe man im Krankenhaus auch am derzeit stark ausgedünnten Personal.

Masken sind in den Kliniken nicht flächendeckend vorgeschrieben wie während der Pandemie; lediglich für Ärzte und Pfleger, die „am Patienten“ arbeiten. Hefty hält es aber für möglich, dass sich die Situation im Winter auch ändern kann.

Menschen über 60 Jahre, Jüngeren mit „Vorerkrankungen“ an Atemwegen oder Herz und Lunge sowie stark übergewichtigen Personen wird empfohlen, ihre Corona-Impfung auffrischen zu lassen. Dies zu tun liegt in der Verantwortung der Hausärzte. „In den meisten Praxen wird geimpft“, weiß Petra Hummel. Um die 100 Impfungen seien in ihrer eigenen Praxis in Ober-Eschbach bereits vollzogen worden, seitdem Ende September der neue Impfstoff herausgekommen ist.

Viele aus der „Risikogruppe“ wollten den Piks, es herrsche aber insgesamt eine große Unsicherheit, ob das Vakzin tatsächlich nötig sei. Viel sei in Zeitungen und Fernsehen über Langzeitfolgen von Corona oder auch als Folge einer Impfung dagegen berichtet worden. „Dabei hat lediglich 1 Prozent der Erkrankten solche Folgen“, so die Medizinerin. Es sei sicher, dass eine Impfung schwere Verläufe zu vermeiden hilft und auch einer Long- oder Post-Covid-Erkrankung vorbeugt.

Bei Menschen zwischen 18 und 60, die gesund sind, sei sie selbst „eher zurückhaltend“, was die Impfung betrifft. Wer zwei oder drei Mal geimpft und einmal genesen sei, brauche eigentlich keine weitere Impfung. Wer allerdings Kontakt zu Risikopatienten habe - etwa der betagten Mutter -, solle eine Auffrischung doch erwägen.

Impfung beim Hausarzt oder im MVZ

Schwierigkeiten, einen Impftermin zu bekommen, gebe es bei ihr zumindest nicht - binnen Wochenfrist sei das in der Regel möglich. „Wer möchte, bekommt eine Impfung“, so Hummel. Ähnlich bei ihrer Hausarztkollegin Dr. Daniela Walenzyk, die Vorsitzende des Praxisnetzwerks Hochtaunus ist. „Wir können allen Patienten, die dies wünschen, einen Impftermin anbieten“, erklärt die Internistin.

Um keine angestochenen Vakzindosen wegwerfen zu müssen, bündeln beide Praxen die Termine, um immer sechs oder zwölf Personen beisammen zu haben - mit einem Fläschchen können sechs Patienten geimpft werden. Deshalb bietet Walenzyk nur einmal in der Woche Impftermine an. Wer gerade Corona hatte, sollte zwölf Monate mit der Impfung warten. Walenzyk bezeichnet die Nachfrage nach Impfungen als gemäßigt: „Meine Praxis hat bislang 80 Impfungen in vier Wochen verabreicht.“

Für Menschen, die eine Coronaschutzimpfung möchten, aber keinen Termin in ihrer Praxis bekommen, bieten die Hochtaunus-Kliniken Termine im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) am St.-Josefs-Krankenhaus in Königstein an, wie Dr. Julia Hefty sagt. Es ist unter Telefon (0 61 74) 20 80 zu erreichen.

Immunisiert wird derzeit auch verstärkt gegen Grippe. „Da kommt was auf uns zu“, sagt Petra Hummel. „Bei den Stichproben für das RKI wurden zuletzt auch mehr Parainfluenza-Viren gefunden, die die „echte Grippe“ auslösen. Sich gegen Grippe impfen zu lassen - hierbei herrsche bei den Patienten weniger Skepsis als bei der Covid-Schutzimpfung, sagt die Allgemeinärztin. Sie rät generell zur Impfung - auch weil es möglich ist, dass sich Folgekrankheiten wie das chronische Fatigue-Syndrom ME/CFS aus solchen Viruserkrankungen entwickeln.

Jede Woche neue Zahlen zur Infektionslage

Das Corona-Dashboard wie in der Pandemie führt das Robert-Koch-Institut (RKI) nicht mehr, dafür stellt es nun Wochenberichte der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) zu akuten respiratorischen Infektionen (ARE), also Atemwegserkrankungen, online. Das können einfache Erkältungen, grippale Infekte, aber auch Corona sein. Die AGI ist ein Netzwerk von rund 700 Haus- und Kinderarztpraxen, die dem RKI das ganze Jahr über freiwillig und ehrenamtlich jede Woche die Zahl der Erstkonsultationen akuter Atemwegserkrankungen in ihrer Praxis mitteilen. Auf dieser Grundlage ermitteln die Experten im RKI die Krankheitslast in der Bevölkerung - für Influenza (Grippe), Covid-19 und durch andere Atemwegserreger verursachte Infektionen. Dieses Verfahren nennt sich Sentinel.

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