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Am Alten Cronberger Weg finden Archäologen Amphoren und mehr

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Im Frühjahr 2016 begannen die Grabungen am Alten Cronberger Weg. Die Archäologen sammelten wichtige Erkenntnisse und entdeckten unter anderem Reste eines Pfostengebäudes und eine große Amphore aus Glas.
Im Frühjahr 2016 begannen die Grabungen am Alten Cronberger Weg. Die Archäologen sammelten wichtige Erkenntnisse und entdeckten unter anderem Reste eines Pfostengebäudes und eine große Amphore aus Glas. © Matthias Reichwein

Eine Grabung vor der eigenen Haustür und damit quasi Archäologie zum Anfassen – das gibt es nicht alle Tage. Und so bleibt das Interesse der Steinbacher groß an den Spuren längst vergangener Zeiten, die Experten im Sommer 2016 am Alten Cronberger Weg zutage förderten. Jetzt gibt es erste Erkenntnisse, was die Funde zu bedeuten haben.

Es war ein Missgeschick, ein kurzer unaufmerksamer Moment, der dafür gesorgt hat, dass wir heute wissen, was unsere Urahnen gegessen haben. Jene Menschen, die sich vor 3000 Jahren an der heutigen Sodener Straße niedergelassen hatten. Also genau dort, wo sich nun wieder Menschen ein Zuhause schaffen. „Die Bodenproben aus einer der Gruben enthielten eine große Menge verkohlter Eicheln“, berichtet Archäologin Dr. Franka Schwellnus, die die Ausgrabung auf dem etwa 0,9 Hektar großen Areal 2016 leitete. Diese seien von unseren Vorfahren verzehrt worden. „Aber das war wohl ein kleiner Röstunfall. Die auf einem Holzgestell gerösteten Eicheln sind komplett verkohlt und dann als Abfall in der Grube gelandet. Deswegen sind sie so gut erhalten“, erklärt die Archäologin.

Spuren aus der Steinzeit

Die Grabung, zu der die Stadt im Zuge des Bebauungsplanverfahrens durch die Landesbehörde Hessen-Archäologie verpflichtet worden war, da die Experten an dieser Stelle nicht zuletzt aufgrund der nahe gelegenen ehemaligen Villa Rustica weitere Bodendenkmäler vermuteten, war den ersten Arbeiten fürs Neubaugebiet „Alter Cronberger Weg“ vorangegangen. Und tatsächlich entdeckten Schwellnus und ihr Team, wie berichtet, an der Sodener Straße zahlreiche Spuren aus der Jungsteinzeit, der mittleren bis späten Bronzezeit – in dieser Epoche, 1300 bis 800 vor Christus, passierte der Röstunfall – und der Römerzeit, darunter Gruben, Gräber und Keramik. Auf Einladung des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Steinbach sprach die Grabungsleiterin jetzt über die Bedeutung der Funde, die zurzeit in Kisten verpackt im Depot der Hessen-Archäologie in Wiesbaden liegen – Stand heute, die Untersuchungen seien nämlich noch nicht abgeschlossen, wie sie informiert. Die sogenannten Blockbergungen, also jene Funde, die, um Oxidation vorzubeugen, erst in einer Restaurierungswerkstatt vollständig freigelegt werden, befänden sich noch in der Warteschlange. „Ich drängle immer schon – wie lang es noch dauert, weiß ich nicht“, sagt Schwellnus.

Aber auch wenn die wissenschaftliche Aufarbeitung noch aussteht – schon jetzt ist laut der Expertin für Vor- und Frühgeschichte klar, dass durchaus „Herausragendes“ zutage gefördert wurde. Darunter fällt auch ein Ofeneinbau aus der mittleren Jungsteinzeit. „In einer der Gruben aus dieser Zeit haben wir große Brocken verbrannten Lehms gefunden“, erklärt Schwellnus. Außerdem habe sich in der Vertiefung eine dicke schwarze Brandschicht gezeigt. „Dort fand offenbar ein Ofen Verwendung, zum Beispiel um Getreide zu rösten.“

In unmittelbarer Nähe zur Ofen-Grube, direkt an der jetzigen Straße, fanden die Archäologen auch Hinweise auf die zugehörige Behausung der Menschen, die hier vor sechseinhalbtausend Jahren siedelten: ein Pfostengebäude. „Die Pfostengruben waren nur noch wenige Zentimeter tief erhalten. Wir hatten Glück, dass wir sie überhaupt gefunden haben.“ Entdeckt worden sei denn auch nur ein Teil des Grundrisses des Hauses, das damals in Ständerbauweise und mit Lehmflechtwänden errichtet worden war. Außerdem kamen mehrere längliche Gruben zum Vorschein. „Sie sind undatiert, aber möglich ist, dass sie aus der Jungsteinzeit stammen“, so Schwellnus. Es könnte sich um Überreste von Einfriedungen handeln für Tiere oder Grund. Klar hingegen ist, was mit den jungsteinzeitlichen Hämatit-Brocken geschah, die das Team ausgrub, dem sogenannten Rötel: „Die Stücke sind ringsherum abgerieben. Mit dem Pulver der Abreibungen wurden Haut, Textilien oder auch Keramik rot eingefärbt.“

Neun römische Gräber

Von besonderer Bedeutung sind auch die neun römischen Gräber, auf die die Archäologen stießen, beziehungsweise das gesamte Ensemble, handelt es sich doch um den „Friedhof“ der Villa Rustica, die sich in rund 350 Meter Entfernung befand. „Dass man die Gräber dazu findet, das hat man selten“, weiß Schwellnus. „Sie können ja überall um die Villa sein und man gräbt ja nur noch, wenn gebaut werden soll, also klar ist, dass Bodendenkmäler zerstört werden.“ Interessant sei, dass die Gräber wie an einer Perlenschnur aufgereiht seien, von Nordost nach Südwest. „Hier muss also eine Straße verlaufen sein. Sie lag wohl an einem überregionalen Netz.“ Die wohlhabenden Bewohner des Landguts hätten sich offenbar lieber repräsentativ an dieser Stelle bestatten lassen statt an der weniger befahrenen Stichstraße, die zur Villa führte. Die Gräber selbst, die sich in 40 Zentimetern Tiefe auftaten, waren reich ausgestattet – so fanden sich Amphoren, die ehedem den Leichenbrand beziehungsweise Beigaben enthielten. Darunter auch ein „ganz toll erhaltenes“ großes Urnen-Gefäß aus grünem Glas, eines der Stücke, die auf die Restaurierung warten.

„Wenn wir das mal zurückbekommen, das wäre toll“, sagt Ilse Tesch im Gespräch mit der Taunus Zeitung. Allerdings weiß die Vorsitzende des Geschichtsvereins auch, dass das mit einigem Aufwand verbunden wäre, schließlich müssten bestimmte Bedingungen erfüllt, etwa entsprechende Vitrinen vorgehalten werden. „Dann kann es aber schon sein, dass die Landesarchäologie so etwas mal herausgibt“, so Schwellnus. Zufrieden ist der Vorstand aber schon jetzt. „Nichts geht verloren. Das ist unsere eigene Geschichte, so etwas zu erleben, ist toll“, sagt Vize Kai Hilbig.

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