Marlene Grabiger schafft in Brasilien neuen Lebensraum für Flora und Fauna

Die 22 Jahre alte Marlene Grabiger aus Steinbach wirbt nicht nur für umweltfreundliches Verhalten, sie lebt es auch. Anfang dieses Jahres half sie mit, Regenwald in Brasilien aufzuforsten. Doch das ist nur ein Teil ihres Engagements.
Vor einigen Jahren hat Marlene Grabiger mit ihrer Familie Urlaub in Brasilien gemacht. Dahinter ließe sich ein Haken setzen, hätte diese Reise nicht nachhaltige Wirkung auf das Mädchen von damals gehabt. Denn die junge Marlene lernte neue Perspektiven kennen, sah, dass es in der Welt nicht immer ganz so gerecht zugeht. Sie begann, sich für soziale und ökologische Projekte zu interessieren – und zu engagieren.
„Ich habe einen engen Draht zu Südamerika“, sagt die 22 Jahre alte Steinbacherin heute. Nach dem Abitur hat sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in Argentinien gemacht und sich nahe Buenos Aires um sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche gekümmert. Jetzt, Anfang dieses Jahres, war sie erneut in Südamerika, dieses Mal wieder in Brasilien.
Die junge Frau hat dort in einem Projekt des Vereins AMAP (Almada Mata Atlântica Project) mitgearbeitet, das, kurz gefasst, die Aufforstung des Regenwaldes an der brasilianischen Atlantikküste zum Ziel hat. Konkret geht es um einen etwa 250 Hektar großen Korridor, der zwei große Waldgebiete verbindet. „Ich habe unvergessliche Erfahrungen gemacht“, sagt Marlene Grabiger über ihren knapp dreiwöchigen Einsatz. Mit Sonnenaufgang um 6 Uhr ist die junge Frau aufgestanden und hat sich gleich, zusammen mit ihren Mitstreitern, ans Werk gemacht, bevor es am Vormittag zu heiß wurde. Pflanzen hat sie gesetzt. „Heimische Pflanzen, die gut gedeihen und unfassbar viel Sonne vertragen“, erklärt sie und nennt als Beispiel Palmen. 30 bis 40 Meter könnten manche hoch werden.
Die Arbeit dort habe durchaus etwas Meditatives gehabt, bei aller Anstrengung in der Sonne und bei Temperaturen von um die 35 Grad. „Ich habe mich total gut danach gefühlt.“ Sie hat einen ökologischen Beitrag geleistet, damit heimische Pflanzen und Affen wieder Lebensraum haben.
„Jeder kann so viel tun“
Sich einbringen, etwas beitragen zum Umweltschutz, darum dreht sich bei der jungen Frau einiges. „Jeder Einzelne kann so viel tun“, sagt sie, und bei ihr klingt das keinesfalls nach einer Floskel. Marlene Grabiger denkt nach, bevor sie etwas sagt, hört ihrem Gegenüber aufmerksam zu, spricht langsam und mit Bedacht. Das verstärkt die Wirkung ihrer Worte.
„Ich habe aus Überzeugung bis heute keinen Führerschein gemacht“, erzählt sie. Sie braucht kein eigenes Auto, kommt auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin, wo sie will. Zum Beispiel nach Heidelberg, wo sie ein Bachelorstudium in Soziologie absolviert hat. Und nach Karlsruhe, wo sie jetzt einen Masterstudiengang dranhängen will: in Umweltbildung.
Junge Menschen für Ökologie sensibilisieren – das kann sich die Absolventin der Kronberger Altkönigschule gut als berufliche Zukunft vorstellen. An einem Programm des Bundesumweltministeriums hat sie schon teilgenommen und mit anderen jungen Leuten ein Umweltprojekt für Schüler auf die Beine gestellt.
Zudem bringt sie sich ehrenamtlich bei Greenpeace als sogenannte Greenspeakerin ein. Die Greenspeaker, so verrät es ein Blick auf die Homepage der Umweltschutzorganisation, werden pädagogisch weitergebildet, so dass sie an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen kenntnisreich über Umweltthemen wie das Schutzgebiet Arktis und das Meer als Lebensraum sprechen können.
„Als junger Mensch sollte man kritisch sein und Dinge hinterfragen“, meint Marlene Grabiger und nennt das Stichwort „Fake News“. Sie selbst ist eine, die nachdenkt, soziale Netzwerke nur dosiert nutzt. Beim Gespräch mit dieser Zeitung hat die sportliche junge Frau – viele kennen sie noch als Aktive des Leichtathletik-Clubs (LC) Steinbach – kein Smartphone auf den Tisch gelegt oder in der Hand. Äußerst ungewöhnlich für eine 22-Jährige. Sie habe zwar ein Smartphone, erzählt sie, aber ohne mobiles Internet. „Ich habe Zeit, mich mit Menschen zu unterhalten und nachzudenken.“
Dass sie beim Einkauf darauf achtet, Verpackungen zu vermeiden, liegt auf der Hand. Auch, dass sie nur wenig Fleisch isst. Hat doch Fleischproduktion starke Auswirkungen auf die Umwelt – so wird beispielsweise Regenwald abgeholzt, um Platz für Rinderherden zu schaffen. Aber die junge Studentin geht noch weiter. „Weniger ist mehr“, meint sie und erzählt, dass sie sich seit vier Jahren keine neuen Kleidungsstücke gekauft habe. Gleichwohl kommt sie modisch daher: Beim Treffen mit dieser Zeitung trägt sie einen knallgrünen Pulli mit Peace-Logo. Er könnte ein Statement sein.
Lieber keine Parteiarbeit
Marlene Grabiger besorgt sich ihre Kleidung zum Beispiel im Second-Hand-Shop – oder aus dem Kleiderschrank ihrer Mutter. Die Eltern Dr. Gabriele Grabiger und Dr. Christian Albrecht engagieren sich ebenfalls für die Gesellschaft, beide sind kommunalpolitisch für die Grünen aktiv. Hat die Tochter auch mal darüber nachgedacht, sich parteipolitisch einzubringen? „Ja, darüber nachgedacht habe ich schon.“ Doch der Umgang mit Themen wie dem Atomausstieg oder dem Diesel-Skandal habe sie enttäuscht. „Ich habe das Gefühl, dass man über Nichtregierungsorganisationen mehr erreicht.“
Als solche versteht sich auch der Verein AMAP, für den die Frau aus dem Taunus Brasiliens Regenwald aufgeforstet hat. In einigen Jahren will sie wieder hinreisen und schauen, was aus ihren Pflanzen geworden ist. Das Projekt liegt in einer Schutzzone. Daher stehen die Chancen gut, dass Marlene Grabiger dann vor hochgewachsenen Bäumen stehen und sehen kann, dass jeder Einzelne tatsächlich viel erreichen kann.