Steinbach: Gemeinschaft kann Berge versetzen

Beim Gesamtbeiratstreffen zeigt sich die Wertschätzung der Menschen für ihre Stadt.
Steinbach -Ein freundlicher Smiley steht neben dem Wort „Bauwagen“. „Wir haben die Bestätigung bekommen, dass der Wagen Ende März kommt“, sagt die Sprecherin der Interessengruppe (IG) Jugend Chris Tiwa. Das Gefährt soll künftig am Grünen Weg stehen und als Treffpunkt für Jugendliche dienen. Tiwa stellte, gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Jonathan Sutphen, beim zweiten Treffen des Gesamtbeirates ihre Arbeit aus den vergangenen Monaten vor. Die Stadt hatte zu dem Treffen eingeladen.
Der Gesamtbeirat besteht seit dem 29. März 2022 und ist als Plattform der Bürgerbeteiligung gedacht. Quartiersmanagerin Bärbel Andresen betreut das Projekt. Insgesamt haben sich sechs IGs gebildet. Außer „Jugend“ sind das „Familie“, „Senioren“, „Barrierefrei“, „Nachhaltigkeit“ und „Kulturelle Vielfalt“. Fünf der Gruppen berichteten nun. Von der IG „Kulturelle Vielfalt“ dagegen gab es keine Präsentation. Die bisherige Sprecherin war von der Stadt abgesetzt worden, ihre Stellvertreterin hatte das Amt niedergelegt. Die Sprecherinnen hätten wiederholt gegen den Leitfaden für die IGs verstoßen, erklärte Bürgermeister Steffen Bonk (CDU). Der Bericht dieser IG solle im Frühjahr nachgeholt werden. Die abgesetzte Sprecherin war unter den Zuschauern, verließ dann aber den Saal.
Zurück zum Bericht der beiden IG-Vertreter, die sich schon richtig auf den Bauwagen freuen. Gemeinsam mit Jugendlichen solle er, bevor er zum Einsatz komme, gestaltet werden. „Damit er von ihnen wertgeschätzt wird“, erklärte Tiwa. Zuerst sollen die jungen Leute dafür Entwürfe zeichnen. Auch ein Jugendzentrum (Juz) stehe auf der Wunschliste der jungen Leute ganz oben, so Tiwa weiter, das sei ein langfristiges Ziel. 106 Jugendliche hätten einer IG-Umfrage zufolge gern ein echtes festes Juz. Sutphen, der neu im Amt ist, 25 Jahre alt und Lehramtsstudent, ist vielen Jugendlichen bestimmt aus der Jugend-Gruppe „Just Boys“ bekannt. Er berichtete, dass die IG Jugend sich künftig auch mit der Jugendvertretung von Steinbachs thüringischer Partnerstadt Steinbach-Hallenberg austauschen wolle. Und der Rathauschef kündigte eine Bürgerreise dorthin an, bei der Jugendliche willkommen seien. Anlass sei das Burgfest in Steinbach-Hallenberg.
Erfolgreiches Nachbarschaftsfest
Auch die IG Familien hat eine neue stellvertretende Sprecherin. Naila Janjua ist am 16. November gewählt worden. Kerstin Heger berichtete vom Nachbarschaftsfest in der Herzbergstraße 3, 5 und 7., das die IG am 25. und 26. Juni veranstaltet hatte. Dazu gehörten eine Reinigungsaktion vor dem Fest, bei der Anwohner, vor allem Familien, fleißig Unrat einsammelten. Noch immer bewundert werden können die vielen bunten Bilder, die bei der Kunstaktion, die zum Fest gehörte, entstanden sind. Sie schmücken nun, auf nicht-brennbare Gipskartonplatten aufgezogen, die Eingangsbereiche der drei Hochhäuser. Auch die Mitbring-Party, zu der die Teilnehmer Leckereien und Getränke mitbrachten sei ein Erfolg gewesen du habe das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Fürs neue Jahr geplant hat die IG-Familien so einiges: Ein Nachbarschaftsfest in der Berliner Straße 60, einen Vorlesenachmittag im Bürgerhaus am 26. Februar in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei sowie im Frühsommer Spiele und Spaß für Kinder mit Stockbrot-backen. Bonk regte an, die IG Familien könne am Steinbacher Familientag, der sehr gut angenommen werde, mit einem Stand mitwirken.
Die IG Barrierefrei, hieß früher IG Barrieren und hat ihren Namen geändert, berichteten deren Sprecher Traute Salzmann und Rolf Leipold. „Unsere Vision ist eine barrierefreie Welt, in der sich jeder so verhält, wie er selbst auch behandelt werden möchte“, sagte Salzmann. Und die bat darum, ihre IG künftig bei städtischen Baumaßnahmen frühzeitig in der Planungsphase zu beteiligen. Leipold betonte, Teilhabe solle im Alltag stattfinden und Kinder sollten frühzeitig erfahren, dass die Welt heterogen sei. Er berichtete von einem Senisibilierungs-Parcours, die die IG an der Phorms-Schule angeboten habe. Die Schüler konnten dort testen, wie es sich anfühlt, wenn man einen Alter-Anzug oder einen Schlaganfall-Anzug trägt, außerdem durften sie Rollstuhl und Rollator ausprobieren. An der Stadtrallye wolle die IG mit einem Fühl-Memory-Spiel teilnehmen.
Die IG Nachhaltigkeit arbeite mit drei Arbeitsgemeinschaften aus den Projekten der „Sozialen Stadt“ zusammen, berichteten Sprecher Caroline Bechtold und Georg Sonntag-Löw. Nämlich mit der Fahrradwerkstatt sowie der AG Steinbach blüht und der AG Steinbach repariert. Die IG selbst habe drei Untergruppen gebildet:
„Energie“, „Natur und Grün“ sowie „Müll und Konsum“. Mit Balkon-Kraftwerken, Bürger-Energie und Energiegenossenschaften hat sich Sonntag-Löw intensiv auseinandergesetzt. Bachtold berichtete, die IG wünsche sich mehr Stadtgrün und weniger Lichtverschmutzung. Auch das Thema Gärtnern im Klimawandel mit Pflanzen, die nicht gegossen werden müssten sei wichtig. Unter dem Motto „Foodsharing“ sollen Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, an Bürger, die das wollten, abgegeben werden. Eine Berechtigungsschein, etwa wie für die Tafeln, bräuchten die Interessenten nicht. Zwei gespendete E-Bikes könnten zudem nun über das Stadtteilbüro geliehen werden.
Großer Zuspruch für Seniorenmesse
Die Stars des Abends waren die Sprecher der IG Senioren Christine Lenz und Giancarlo Cappellutti. Sie haben erfolgreich die erste Seniorenmesse „Leben im Alter“ für Senioren und pflegende Angehörige veranstaltet, mit 26 Ausstellern und sechs Vorträgen. Eine Umfrage haben sie an die 2385 Einwohner Steinbachs verschickt, die älter sind als 65 Jahre sind. Per Hand haben sie alles kuvertiert und auch selbst an die Haushalte verteilt. Der Rücklauf bis 30. November war beachtlich: 1031 Fragebögen kamen zurück, das sind 43 Prozent. Die Auswertung laufe per Computer, ein Bericht werde Anfang nächsten Jahres vorgestellt, sagte Cappellutti. Im nächsten Jahr soll auch eine aktualisierte Fassung der Senioren-Broschüre fertig sein. Immerhin seien 25 Prozent der Einwohner der Stadt Senioren, die höchste Quote im Hochtaunuskreis.
Zu den regelmäßigen IG-Treffen kämen 20 bis 30 Personen, berichtete Lenz. Fürs nächste Jahr seien schon diverse Vorträge geplant, unter anderem zu Trickbetrug, Palliativ-Versorgung, Demenz und den Dienstleistungen des Roten Kreuzes. Außerdem ein Konzert des Frankfurter Seniorenorchesters und ein Kaffeenachmittag, bei dem Jonathan Sutphen als Musiker mitwirken wird. Cappellutti sagte begeistert, die schönste Erfahrung aus der IG-Arbeit sei: Gemeinschaft kann Berge versetzen.“ Das Motto der engagierten Senioren lautet übrigens: „Nur wer alt wird, kann länger leben.“
Bonk lobte die Arbeit aller IGs. Sie hätten, jede im Rahmen ihrer Möglichkeiten, viele Themen nach Steinbach gebracht und die Menschen für die Stadt begeistert. Auch Andresen war des Lobes voll: „Hochachtung, toll was Sie innerhalb von neun Monaten auf die Beine gestellt haben.“ Das Engagement zeige eine unglaubliche Wertschätzung für Steinbach.