Steinbach: Letzte Ruhe im Stadtwald

Die CDU-Fraktion schlägt Urnenbestattungsmöglichkeiten unter Bäumen vor und kündigt einen entsprechenden Antrag fürs Stadtparlament an.
Steinbach -Die Sonne scheint durch die Baumwipfel, Vögel zwitschern, und unten, vor einer Buche, steht ein kleine Trauergemeinde. Vorsichtig senkt ein Förster eine Urne in das 80 Zentimeter tiefe Loch am Fuß des Baumes. Bestattungen in einem speziell ausgewiesen Waldstück sind seit einigen Jahren möglich. Die CDU-Fraktion könnte sich eine solche letzte Ruhestätte im Steinbacher Stadtwald vorstellen und hat dazu einen Antrag an die Stadtverordnetenversammlung gestellt, die am Montag, 27. Februar, tagt.
In dem Beschlussvorschlag, unterzeichnet von Fraktionsvorsitzendem Christian Breitsprecher, heißt es: „Der Magistrat wird beauftragt, mit dem Forstamt Königstein und gewerblichen Bestattungswald-Anbietern (beispielsweise FriedWald GmbH, RuheForst GmbH) zu prüfen, ob es im etwa 91 Hektar umfassenden Steinbacher Stadtwald eine geeignete Fläche für einen Bestattungsplatz gibt.“
Der Wunsch nach Nähe zur Natur und Individualität spiegle sich auch in der Bestattungskultur wider. Immer mehr Menschen wünschten sich ein Alternative zu herkömmlichen Bestattungen, schreibt Breitsprecher in der Begründung. Eine Baumbestattung verspreche Naturnähe sowie Unabhängigkeit von Konfessionen und sozialen Zwängen. Hinzu komme: „Familien leben oft nicht mehr in der Region. Dadurch ist etwa die Grabpflege bei einem herkömmlichen Friedhofsgrab schwerer zu organisieren.“ Mit einem Urnengrab im Wald sollten Angehörige von Kosten und Zeitaufwand für die Pflege des Grabes entlastet werden. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Tanja Dechant-Möller ergänzt: „Für viele ist das Vorsorgekonzept, dass man sich einen Bestattungsort schon zu Lebzeiten aussuchen kann, ein wesentlicher Entscheidungsgrund für Baumbestattungen.“
Laut inoffiziellen Schätzungen hätten im Jahr 2021 in Deutschland schon rund 370 000 Reservierungen für Bestattungen im Wald vorgelegen. Nach Studien zur Bestattungskultur wünschten sich mittlerweile knapp 20 Prozent der Deutschen ein Grab unter Bäumen. Ursprünglich stamme die Idee des „Bestattungswaldes“ aus der Schweiz. Dort seien Ruhe- oder Friedwälder bereits seit 1999 genehmigt worden.
Zehn bis 30 Hektar Waldfläche nötig
Für die Stadt Steinbach könne ein solcher „Friedwald“ eine vorteilhaftere Bewirtschaftung des Waldes ermöglichen, so Breitsprecher weiter. Aktuell gebe es in unserer Region in Weilrod, Dietzenbach und Taunusstein „FriedWälder“. Beide seien von Steinbach oder Frankfurt aus mit einer Anfahrt von mindestens 40 Minuten verbunden. „Steinbachs zentrale Lage, gute Verkehrsnetzanbindungen und die Buchen- und Eichenmischwälder könnten für eine Eignung sprechen und sollten geprüft werden.“
In der Tat ist ein solcher Bestattungswald ein nach öffentlichem Recht genehmigter Friedhof, das steht auf der Homepage der FriedWald GmbH zu lesen. Investitionskosten würden von Waldbesitzer und Bestattungswald-Anbieter übernommen. In Deutschland dürfen laut RuheForst aufgrund der rechtlichen Bestimmungen keine privatwirtschaftlichen Friedhöfe betrieben werden. Die Realisierung von „RuheForsten“ erfolge daher immer in Kooperation mit einem kommunalen oder kirchlichen Träger. Nötig seien unter anderem zwischen zehn und 30 Hektar Waldfläche mit überwiegend Buchen- und Eichenbestand sowie eine Anbindung an öffentliche Straßen.
Die Bestattungswaldfläche werde schrittweise mit Urnen-Grabfeldern von zwei bis drei Hektar erschlossen, heißt es bei FriedWald. Erdbestattungen seien nicht möglich. Grabschmuck wie Blumen, Kränze oder Grabsteine, gebe es nicht. Lediglich bei der Beisetzung schmücke der Friedwald-Förster die Graböffnung mit natürlichen Materialien, die im Wald - je nach Jahreszeit - zu finden seien. Am jeweiligen Baum, könnten kleine Tafeln mit den Namen der dort Bestatteten angebracht werden
Befürchtungen, dass Wildschweine nach den Urnen graben könnten, seien unbegründet, heißt es bei FriedWald. Urnen und Totenasche seien für Schwarzwild uninteressant, „denn sie riechen nach nichts Essbarem“. Die Urnen seien biologisch abbaubar und würden nach einigen Jahren im Boden zersetzt. Im Übrigen werde jede Urne in 80 Zentimeter Tiefe beigesetzt. Falls Wildschweine in der Nähe einer Urne Futter witterten, würden sie auch dann die Urne nicht mit ausgraben.
In einem Bestattungswald ruhe zudem die Jagd, steht bei FriedWald zu lesen. Allerdings müsse an einigen Standorten gelegentlich trotzdem gejagt werden, um den Wildbestand zu reduzieren. In Ausnahmefällen berührten zudem Jagdaktivitäten aus angrenzenden Waldgebieten die FriedWald-Fläche. Beides sei aber selten und werde vorher bekanntgegeben, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten.