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Steinbach: Stadtspitze ergibt sich der bunten Übermacht

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Friedlich kapituliert: Bürgermeister Steffen Bonk (v. links), Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Galinski, Stadtrat Lars Knobloch und Vereinsringvorsitzender Kai Hilbig nach der Machtübernahme.
Friedlich kapituliert: Bürgermeister Steffen Bonk (v. links), Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Galinski, Stadtrat Lars Knobloch und Vereinsringvorsitzender Kai Hilbig nach der Machtübernahme. © klee

Mit lautem Kanonenschlag übernehmen die Narren das Kommando im Rathaus. Die Gegenwehr des Bürgermeisters ist zwecklos.

Steinbach -„Mit Mundschutz statt Narrenkappe hielten wir allemal die Klappe. Doch jetzt, wo wieder Fastnacht ist, stecken wir Corona in die Mottenkist.“ Im klassischen Fastnachts-Reim verabschiedet sich am Sonntag der Steinbacher Bürgermeister Steffen Bonk (CDU) von zwei Jahren närrischer Corona-Zwangspause.

Mit anderen städtischen Gesandten lehnt er sich aus den offenen Fenstern des Rathauses, um die Stadt vor der Besetzung vom Narrenvolk zu verteidigen. Bei der Rückkehr des Rathaussturms sammeln sich um Punkt 13.44 Uhr mehr als 100 Närrinnen und Narrhallesen der Fastnachtsvereine, um gemeinsam mit jungen und alten Anwohnern die fünfte Jahreszeit offiziell einzuläuten.

Während aus den oberen Stockwerken des Rathauses bereits das Konfetti fliegt und Kindern Süßigkeiten zugeworfen werden, nähern sich Blasorchester, Pitschetreter und Garde lautstark und imposant. Mit einem donnernden Schlag aus mittelalterlicher Kanone wird der Bürgermeister gezwungen, den Rathausschlüssel herauszurücken und die gewohnte Ordnung außer Kraft zu setzen, um der Fastnacht freien Lauf zu lassen. „Unsere Geduld ist nun am Ende, komm raus mit hoch erhobenen Hände“, befiehlt der Garde-Kommandeur, bevor prompt die weiße Flagge aus den Fenstern des Rathauses weht.

Zu Johann Strauss’ Radetzky-Marsch, den die Blaskapelle erklingen lässte, kapituliert die Politik sinnbildlich. Mit der Stadtkasse in der Hand, die bis oben hin mit Kreppeln statt Gold gefüllt ist, siegt der Fasching, langersehnt von der ganzen Stadt und gefeiert mit lautem Applaus.

Organisiert vom Steinbacher Carnevals Club, dem örtlichen Kultur- und Geselligkeitsverein - auch bekannt als die Staabacher Pitschetreter - und der Tanzgarde, wird mit dem Rathaussturm eine örtliche Tradition fortgesetzt, die erfolgreich die ganze Gemeinde Steinbachs zusammenbringt. „Weil wir keinen Umzug haben, wird das hier jedes Jahr zu unserem fastnächtlichen Sammelpunkt“, erklärt Bonk mit Kreppel in der Hand und sichtlich unberührt von seiner Kapitulation. Schon als Jugendlicher war der Politiker überzeugter Narr und begleitete seine Eltern zu Sitzungen und Umzügen. Auf die Vereine sei er besonders stolz. „Wir haben in Steinbach eine hervorragende Jugendarbeit. Unsere Kinder sind nicht nur immer verkleidet mit dabei, sondern auch aktiv engagiert in den Vereinen.“

Kai Hilbig, Vereinsringvorsitzender, stimmt dem nickend zu. Seit 2001 nimmt er jährlich am Faschingsprogramm teil. „Das ist einfach eine hochwichtige Sache für die Gemeinde“, fährt er fort, kurz bevor auch er ins Rathaus verschwindet, um es zu verteidigen. „Hier gibt es alte Hasen, die bereits Jahrzehnte dabei sind, und die allerjüngsten, die die Tradition weiter fortsetzen und zu einer Normalität machen, auf die sich jeder freut.“ Neben den Vereinsmitgliedern verzeichnet der diesjährige Fastnachtsauftakt wohl die größte Besucherzahl seit langem, merkt Bonk an. Man sehe zwar, dass der Eine oder Andere etwas eingerostet sei, aber die Leute wollen feiern. Am wichtigsten sei ihm das Allgemeinwohl seiner Gemeinde. „Die Krisenthemen überwältigen viele Menschen derzeit, sei es Krieg, Energiekrise oder Inflation. Mit dem Fasching nutzen wir die Möglichkeit, um für ein paar Wochen alles mal abschalten und einfach Spaß haben zu können.“ Natürlich passiert dies alles unter Anstand, Sitte und Moral. Der großen Feierlaune der Vereine ist jedoch klar zu entnehmen, dass die diesjährige Fünfte Jahreszeit zum Besten ausgeschöpft werden wird und die Übergabe des Rathausschlüssels die richtige Entscheidung war. „Staaabach - Helau!“

Alle Gegenwehr hilft nicht angesichts des närrischen Massenaufmarsches, so dass dem Bürgermeister und seinem Ersten Stadtrat nur noch das Schwenken der weißen Fahne aus dem Rathausfenster bleibt.
Alle Gegenwehr hilft nicht angesichts des närrischen Massenaufmarsches, so dass dem Bürgermeister und seinem Ersten Stadtrat nur noch das Schwenken der weißen Fahne aus dem Rathausfenster bleibt. © klee
Der Gardekommandeur fordert die Stadtspitze zur Aufgabe auf.
Der Gardekommandeur fordert die Stadtspitze zur Aufgabe auf. © klee

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