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Tragende Teile werden sicherheitshalber getauscht

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Blick auf die Stirnseite eines der Beton-Binder der Erich-Kästner-Schule in Oberursel: Die äußeren Stahl-Litzen sind kaum von Beton umgeben, was sich negativ auf die Statik auswirkt.
Blick auf die Stirnseite eines der Beton-Binder der Erich-Kästner-Schule in Oberursel: Die äußeren Stahl-Litzen sind kaum von Beton umgeben, was sich negativ auf die Statik auswirkt. © nn

Beton-Binder der drei gesperrten Hallen haben Mängel - Fertigstellung frühestens 2025

Hochtaunus -Alles ist relativ; das Einsteinsche Motto gilt auch bei Reparaturen. Wenn etwa im Auto die Innenverkleidung der Tür kaputt ist, reicht Klebeband. Macht die Bremse komische Geräusche, sollte ein Fachmann nachschauen und gegebenenfalls Hand anlegen. Das dauert, kostet Geld, lohnt aber letztlich mehr, als das Auto aus falsch verstandener Sparsamkeit gegen die Wand zu fahren und dabei die Insassen zu gefährden.

Drei Nummern größer ist die Entscheidung, die der Kreis zuletzt treffen musste: Nach dem Teileinsturz des Daches der Sporthalle an der Integrierten Gesamtschule Stierstadt (IGS) im Juni 2021 wurden auch die baugleichen Hallen der Erich-Kästner-Schule Oberursel (EKS), der Gesamtschule am Gluckenstein in Bad Homburg (GaG) und des Taunusgymnasiums Königstein vorsorglich gesperrt, wobei letztere im vergangenen Frühjahr wieder geöffnet werden konnte, jetzt jedoch kurz vor Schulbeginn erneut geschlossen werden musste.

Die Situation der Hallen aus den 1970ern, die damit zusammenhängenden Überlegungen und organisatorischen Herausforderungen an Kreis, Schulen und Vereine waren gestern Anlass für eine Pressekonferenz, zu der Landrat Ulrich Krebs (CDU) auch die Fachbereichsleiter Hochbauamt, Jens Glatz, Schule und Betreuung, Sascha Bastian, und André Meyer vom Immobilienmanagement gebeten hatte.

Es sei unbestreitbar „eine schwierige Situation, unter der der Schul- und Vereinssport erheblich leidet“, so Krebs. Doch der Tenor bleibt: „Sicherheit geht vor Schnelligkeit“, sprich: Bis die drei bereits länger gesperrten Hallen fertig sind, wird es noch einmal länger dauern als gedacht. Die Halle der EKS werde nun frühestens zum Jahreswechsel 2024/25 fertig sein, die Halle der GaG im Frühsommer 2025 und die der IGS im Herbst 2025. Für das Taunusgymnasium könne ein Termin für die Wiederinbetriebnahme noch nicht verlässlich genannt werden. „Wenn wir keine weiteren Überraschungen erleben und eine Ertüchtigung der Halle sinnvoll ist, könnte dort Anfang kommenden Jahres wieder Sport möglich sein“, so Krebs.

Eine böse Überraschung hatte es bereits gegeben. War man bislang der Ansicht, dass es bei den drei dauerhaft gesperrten Hallen ausreiche, die Holz-Dachkonstruktion zu erneuern, während die Spannbeton-Binder, die die Dachlast tragen, bleiben können, sieht das nun anders aus. Bei vorbereitenden Arbeiten, etwa dem Abhängen der Decken, habe man zunächst gesehen, „dass es dort Anbohrungen gibt, die dort nicht hingehören“. Dies habe weitere Untersuchungen nach sich gezogen.

So wurden auch die Taschen geöffnet, in denen die tragenden Teile normalerweise liegen. „Wir haben dabei festgestellt, dass die Binder zwar ausreichende Stärke haben, die Betonummantelung über den Litzen an den Enden aber teilweise zu dünn ist, so dass die Kraftübertragung von Stahl und Beton nicht mehr überall funktioniert“, so Glatz. Es handele sich um Fertigteile, die von einem Werk kamen, das einen guten Ruf genoss und bei deren Produkten auch bis jetzt keine Mängel aufgefallen waren. Aber: „Die Ausführung der hier verbauten Teile war auch schon damals nicht regelkonform.“

„Es kann keiner sagen, ob es hält oder nicht“, bilanzierte Glatz. Und das heißt: Die Binder sollen durch Stahlträger ersetzt werden. „Von den Kosten liegen wir dabei derzeit bei rund 10,5 Millionen Euro pro Halle. Das wäre in etwa so teuer, wie die jetzigen Binder zu ertüchtigen“, so Glatz. Das wäre technisch möglich, doch die Neukonstruktion des Daches in der leichteren Stahl-Blech-Bauweise hat andere Vorteile. „Die mögliche Traglast wäre deutlich höher.“ Die Hallen könnten etwa bei viel Schnee auch betrieben werden und Platz für Photovoltaik-Anlagen bieten.

Krebs erteilte Gedankenspielen für einen kompletten Neubau eine Absage. „Da wären wir bei einer Sechsfeldhalle aktuell bei 22 Millionen Euro Baukosten.“ Und die steigen derzeit weiter, außerdem würden Planung, Ausschreibung und Ausführung ungleich länger dauern. „Wir würden bei Null anfangen müssen“, so Glatz. In Königstein scheint die Lage teilweise anders: „Hier sind nur die Auflagen nicht in Ordnung.“ Auch habe es bei Sanierungen zwischen 2008 und 2010 bereits Verstärkungen am Sekundärtragewerk gegeben. Trotzdem werde die Halle überprüft. „Wir können und werden kein Risiko eingehen, wenn es um Leib und Leben geht“, so Krebs. Noch laufen die Untersuchungen. „Wenn wir die notwendigen Infos haben, werden wir sehr genau abwägen, ob es sinnvoll ist, die Königsteiner Halle zu ertüchtigen oder ob auch hier eine grundlegende Sanierung unternommen werden sollte“, sagte Krebs.

Großes Lob gab es vom Landrat und Fachbereichsleiter Bastian für das Taunusgymnasium. „Dort hat die Nachricht die Schule kurz vor Ferienende erreicht und man hat unaufgeregt nach Lösungen gesucht“, sagte Bastian. Diese seien gefunden worden. Auch andere Vereine hätten Hallenkapazitäten zur Verfügung gestellt, unterstrich Meyer vom Immobilienmanagement. „Mit Einsatz und Solidarität klappt das, da steht kein Verein auf der Straße.“

Die Traglufthallen an EKS und IGS bleiben also. Wann die Dusch-Container an der IGS und in der Bleibiskopfstraße in Betrieb gehen, konnte Glatz noch nicht sagen. „Das hängt an der Genehmigung, da haben wir keinen Einfluss drauf. Das ist eine hessische Besonderheit.“ Krebs mahnte, dass dies möglichst bald geschehen solle, worauf Glatz von „wenigen Tagen“ sprach.

Die GaG kann für den Sport mittlerweile auch die Turnhalle der alten Maria-Scholz-Schule nutzen. Eine Traglufthalle in der Größe wie an der IGS und EKS hätte auf dem Parkplatz der GaG keinen Platz. „Und den brauchen wir, wenn dort die Baustelle eingerichtet wird“, fügte Glatz an.

Parallel zu den Untersuchungen in Königstein laufen die Arbeiten an den drei anderen Hallen weiter. So wurde mit dem Teilrückbau nicht mehr benötigter oder zu erneuernder Installationen begonnen. Bald sollen die Sportböden, die nicht mehr erhalten werden können, zurückgebaut werden.

Für die technischen Gewerke Heizung, Lüftung und teilweise Sanitär sowie Elektro sind die Sanierungsplanungen vollständig und abschließend geprüft. Auch die Brandschutzkonzepte sind mit den zuständigen Dienststellen abgestimmt.

Die Bauanträge für die Sanierungen der drei Doppelsporthallen sind bei den zuständigen Bauaufsichten eingereicht worden. Bis auf die statischen Unterlagen, die sich aufgrund der Trägererneuerung noch in der umfangreichen Überarbeitung und (Neu-)Aufstellung befinden, sind den Bauanträgen alle relevanten Unterlagen beigefügt.

15 Mitarbeiter und 10 externe Dienstleister sind mit im Boot

Landrat Ulrich Krebs (CDU) weiß um die Probleme, die die Sperrung der Hallen mit sich bringt: „Wir sind uns bewusst, dass die Sperrungen für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Vereinssportlerinnen und -sportler eine große Beeinträchtigung darstellen“, so Krebs, der ergänzte: „Sie können gewiss sein, dass wir alles daransetzen, diese Situation so schnell es geht zu beheben.“ Dass das für manche nicht schnell genug gehe, sei nachvollziehbar. „Mir geht es nicht anders. Gehen Sie bitte davon aus, dass ich über die aktuelle Situation alles andere als glücklich bin. Allerdings geht Sicherheit vor Schnelligkeit - und ich weiß, dass die Verwaltung alles tut, was getan werden kann“, betonte er.

Insgesamt arbeiten nach Angaben von Krebs 15 Mitarbeiter aus dem Fachbereich Hochbau, Gebäudemanagement und Schule an der Lösung sowie 10 externe Dienstleister für die Verwaltung ganz oder zumindest zeitweise an der Hallenproblematik. Insgesamt sind somit rund 30 Architekten, Bauingenieure und Ingenieure der technischen Gebäudeausrüstung sowie Bausachverständige ins Projekt eingebunden. Der Kreis nehme seine Betreiberverantwortung für die kreiseigenen Sporthallen sehr ernst. „Deswegen kann jede Bürgerin und jeder Bürger gewiss sein, dass alle freigegebenen kreiseigenen Sporthallen sicher sind und dort keine Gefährdung für Nutzerinnen und Nutzer besteht. Denn auch die nicht gesperrten Hallen sind alle nochmals unter die Lupe genommen worden“, so Krebs. red

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