Aufräumen nach der Verwüstung

Durch Usingens Gemarkung rauschte am Dienstag eine zerstörerische Windhose. Die darf man getrost auch als Tornado bezeichnen – meteorologisch handelt es sich ohnehin um dasselbe Wetterphänomen. Augenzeugen und Einsatzkräfte sagen, dass sie so eine heftige Verwüstung noch nicht erlebt haben im Usinger Land.
Es geschah kurz nach 17 Uhr, als der Alarm bei der Feuerwehr eintraf. „Baum auf Fahrbahn“, lautete zunächst die Meldung. Als die Kameraden der Feuerwehr Mitte am Einsatzort, dem Bremthaler Quarzitwerk, eintrafen, stellten sie fest, dass es sich nicht nur um einen einzigen Baum handelte, der die Bundesstraße 275 blockierte.
„Drei Bäume lagen auf der Fahrbahn“, vermeldete später Wehrführer Stefan Göttl. Was jedoch weit mehr beunruhigte, das war der Anblick der Hessenmühle im angrenzenden Usatal (mehr dazu lesen Sie im unteren Artikel) sowie der nebenher laufende Radweg. Der Gebäudekomplex wies starke Beschädigungen auf, und den Radweg blockierten ebenfalls umgeknickte Bäume.
„Wir haben als erstes nach möglichen Verletzten gesucht“, sagte später Stadtbrandinspektor Michael Grau. Zum Glück habe es jedoch keine gegeben. „Nur ein Radfahrer, der etwas verschreckt auf dem versperrten Weg stand. Den haben wir auf unsere Seite geholt, damit er weiterfahren konnte.“
Ziemlich beeindruckt klang Grau, als er die Schilderung eines Augenzeugen wiedergab. Der habe beschrieben, wie sich die Windhose über dem freien Feld bei Eschbach hinter den Quarzitwerken gebildet habe. „Das soll nur eine kleine Hose gewesen sein“, sagte der Stadtbrandinspektor. Die sei dann zwischen der Usa und der Bundesstraße hin- und hergesprungen, bevor sie das Haus getroffen habe, das sie mit sich riss, um danach Richtung Radweg zu sausen, wo sie eine Schneise in den Wald mähte. „Danach ist sie in sich zusammengefallen“, gab Michael Grau die Schilderung des Augenzeugen wieder.
Möglicherweise war dieser Eindruck jedoch nur an der betreffenden Stelle entstanden, während unsichtbare Kräfte des Tornados noch weiter wüteten. Denn just zur selben Zeit erreichte ein weiterer Notruf die Feuerwehren von der anderen Seite des Höhenzugs.
Der Wald im östlich der Usa gelegenen Stadtteil Kransberg wurde nämlich ebenfalls von einem Tornado heimgesucht. „Nachdem das zeitgleich passiert ist, gehe ich davon aus, dass es sich um dieselbe Windhose gehandelt hat“, mutmaßte Markus Lezius. Wehrheims stellvertretender Gemeindebrandinspektor betreute den Einsatz der Wehrheimer, Pfaffenwiesbacher und Kransberger Feuerwehren an der Kreisstraße 728.
Etwa zehn Bäume räumten die Einsatzleute von der Fahrbahn, so dass der Verkehr noch am selben Abend wieder fließen konnte. „Zum Glück ist die Schreinerei Kirst verschont geblieben“, zeigte sich Lezius erleichtert. Dafür habe die Windhose auch einige Bäume im Wald dahinter umgeknickt.
Die Bundesstraße 275 blieb sogar gestern bis zum späten Nachmittag noch gesperrt, weil einige Bäume umzufallen drohten. „Die konnten nachts aber nicht mehr alle gefällt werden“, sagte Michael Grau, obgleich die Stadtteilwehren aus Wernborn und Michelbach halfen. Das sollte doch besser bei Tageslicht geschehen.
Um die Baumwurfschäden in den Wäldern braucht sich die Feuerwehr wenigstens nicht zu kümmern. „Das ist Sache des Försters.“ Der hat jetzt ebenfalls alle Hände voll zu tun, denn zur Ermittlung der Schadenshöhe ist die Einschätzung des Forstes ebenso nötig wie die von Hessen-Mobil.
Den Eigentümern der denkmalgeschützten Hessenmühle stand das Technische Hilfswerk zur Seite, wie Michael Grau verlautete. „Die haben die meiste Arbeit gemacht“, sagte der Stadtbrandinspektor.
Mit den Folgen eines Tornados war die Usinger Feuerwehr wohl noch nie konfrontiert gewesen. „Wir haben zwar schon öfter Bäume nach Stürmen von Fahrbahnen geräumt“, sagte Grau. An Windhosen könne er sich allerdings nicht erinnern. Die Ereignisse legen eine Zunahme an Tornados in der Region nahe. Dem widerspricht der Deutsche Wetterdienstes. Demnach gibt es keine signifikante Steigerung an Windhosen in Hessen.