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Polizei kontrolliert: Porsche-Fahrer rastet aus und wird „fixiert“

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Auf der Landstraße von der B 8 zum Roten Kreuz stand kurz vor der Kreuzung die Polizei und winkte alles heraus, was bei der Radarmessung deutlich über 60 Kilometer pro Stunde lag.
Auf der Landstraße von der B8 zum Roten Kreuz stand kurz vor der Kreuzung die Polizei und winkte alles heraus, was bei der Radarmessung deutlich über 60 Kilometer pro Stunde lag. © bur

Die Polizei geht am Feldberg im Taunus gegen Raser und Röhrer vor. Sie legen Fahrzeuge still, mahnen und verteilen Knöllchen – ein Porsche-Fahrer rastet aus.

Usingen – Der Auftritt war massiv, der wenig erfreuliche Erfolg entsprechend. An drei Kontrollstellen zog die Polizei am Sonntag alles aus dem Verkehr, was sich nicht an die Spielregeln auf der Straße gehalten hatte. Dass kontrolliert werden würde, hätte jedem Kraftfahrer - mit zwei oder mehr Rädern - klar sein können, denn der erste Sonntag mit Temperaturen jenseits der 20 Grad lockte tausende Gäste auf den Feldberg. Dass dann die Polizei Kontrollen ansetzt - versteht sich.

Und dennoch: Von 123 kontrollierten Fahrern, darunter 88 Motorräder, verhängten die Beamten 47 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten. Bei weiteren zehn Fällen kam der Zehner-Schlüssel zum Einsatz - das Kennzeichen verschwand im VW-Bus der Polizei. Denn die Motorräder waren so manipuliert worden, dass sie mit dem Inhalt des Fahrzeugscheins nur rudimentär Ähnlichkeit hatten. Von den zehn wiederum waren es sieben Mopeds, aus denen mehr Krach entfleuchte als zulässig. Was am Ende auf das gleiche hinausläuft: Motorradkennzeichen abgeschraubt, Weiterfahrt untersagt. Gut, wer da Freunde mit Hänger hatte, ansonsten blieb nur der Anruf beim Abschleppdienst.

Verschiedene Reaktionen auf Polizeikontrollen am Feldberg

Die Reaktion reichte von "Sie haben ja recht" über resigniertes Schulterzucken und Unverständnis bis zum Klicken von Handschellen. Denn ein Porsche-Fahrer aus Königstein war durch hurtige Fahrweise aufgefallen, wurde gestoppt - und gab per pedes Fersengeld. Ein sinnloses Unterfangen bei dem massiven Polizeiaufgebot - über 30 Polizeikräfte aus Wiesbaden von der in diesem Jahr neu gegründeten "AG Bike" und des regionalen Verkehrsdienstes hatten die Feldbergregion im Griff, dazu noch zivile Motorradstreifen und auch in Uniform, die stets auf allen Feldberg-Straßen unterwegs waren. Der Mann rastete kurzfristig aus ob der Kontrolle, wurde "fixiert", also gefesselt, bis er sich wieder beruhigt hatte.

Spitzenreiter war übrigens kein Motorrad. Ein Mercedes-Fahrer, der aus Richtung Königstein zum Roten Kreuz unterwegs war, hatte den Nachbrenner gezündet und im Tempo-60-Bereich 109 Kilometer pro Stunde auf die Laserpistole projiziert. Damit wird's teuer, aber als Hauptpreis gibt's für Platz eins ein Fahrverbot. Platz zwei geht bald auch einen oder zwei Monate zu Fuß - je nach Richter. Der Biker rasselte mit 106 ins Netz.

Was auffiel: Die Polizei blieb mit allen Ertappten im freundlichen Gespräch - so lange auch die Sünder sich zügelten, teils wurde sogar gescherzt. Einige waren ganz ohne Papiere unterwegs, andere mit Fahrzeugscheinen, die den Unterschied zwischen Theorie und Praxis offenbarten. Bremsen verändert, Kupplung oder Auspuff. Außenspiegel Marke Eigenbau und in Erbsengröße, Kennzeichen, die nach oben gebogen waren, oder Lenker, die von Fantasie zeugen, aber nicht von Fahrsicherheit. Manchmal gab's auch deutliche Belehrungen, gerade bei hurtigen Fahrern. Angesichts der Massen an Radfahrern und Wanderern war schnelles Fahren sowieso nur mit viel Risiko möglich. Was den Erwischten dann auch ins Stammbuch diktiert wurde.

Kevin Dieckhöner, Vize-Chef der AG Bike, erledigte im Polizei-Bus den nötigen Papierkram.
Kevin Dieckhöner, Vize-Chef der AG Bike, erledigte im Polizei-Bus den nötigen Papierkram. © bur

An der Strecke der B 8 zum Roten Kreuz lag das Augenmerk mehr auf Geschwindigkeit. Kurz nach der Kreuzung Richtung Feldberg saßen zwei Beamte gemütlich im Gebüsch und fixierten Schnellfahrer mit der Radarpistiole an, meldeten Verstöße an den Parkplatz am Roten Kreuz, wo dann die Kelle zum Anhalten winkte.

Polizei kontrolliert mit massivem Aufgebot am Feldberg: Geübter Blick auf Anbauten

Am Sandplacken wurden die Mopeds selbst genauer gewürdigt, sprich, hier warf die Polizei einen geübten Blick auf Anbauten oder Abbauten. Und große Diskussionen um eine Lautstärke-Überschreitung wurde im Keim erstickt, denn die Schallmessung zeigte an, welche Stunde respektive welches "Röhren" geschlagen hat.

Per Schallmessung kam schnell heraus, wie viel Lärm eine Maschine verursacht.
Per Schallmessung kam schnell heraus, wie viel Lärm eine Maschine verursacht. © bur

Der Chef der neuen AG, Nicolas Beck, wies deutlich darauf hin, dass es hier nicht um Gängelei geht. "Jemand, der mit ein paar Stundenkilometer zu schnell unterwegs ist, interessiert uns nicht. Wir wollen die Raser aus dem Verkehr ziehen, um rund um und auf dem Feldberg für Sicherheit zu sorgen und auch den Anwohnern zu einer normalen Geräuschkulisse im Verkehr zu verhelfen. Es sind bei unseren Kontrollen nur die ,Ausreißer', die wir stoppen, egal ob Pkw oder Motorrad."

Von manchem Wanderer gab's rhetorischen Beifall an den Kontrollstellen. Das war kein großer Trost für die überwiegend junge Truppe an Polizisten. Denn sie sind nun in den warmen Monaten noch öfter an Sonn- und Feiertagen im Einsatz, um die Straßen am und auf dem Feldberg etwas sicherer und leiser zu machen. (Andreas Burger)

Die Krach-Debatte

Was nervt Anwohner an Motorradstrecken am meisten? Genau: Der Krach. Nun hatte der Bundesrat im Mai 2020 dafür plädiert, die Geräuschemissionen für alle neuen Motorräder auf maximal 80 Dezibel zu begrenzen. Das wäre der Krach eines vorbeifahrenden Zuges oder eines Gewitters. Dieser Beschluss kam auch zur Bundesregierung, doch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lehnte weitere Verbote und Beschränkungen für Biker ab. Auch aus Bayern wurde ein solcher Vorstoß kritisiert. Selbst der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) hatte die Motorradindustrie aufgefordert, freiwillig Motorräder zu produzieren, die im Fahrbetrieb sozialverträglich leise sind. Die Industrie sieht die Motorradfahrer selbst in der Verantwortung. Und das Gesetz? Das sieht vor, dass Motorräder nicht mehr als 77 Dezibel haben dürfen - in bestimmten Mess- und Drehzahlbereichen. Das Motorrad kann also durchaus lauter sein. Alles Theorie. Denn praktisch haben die Hersteller Mittel und Wege gefunden, solche Werte zu umgehen. Die Ducati Diavel kommt auf 102 Dezibel Standgeräusch und ist in Deutschland straßentauglich. Die Aprilia Caponord wummert mit 96 Dezibel Standgeräusch. Und bei Oldtimern ist das Geräusch komplett egal - hier gilt die Ausnahmeregelung. In Tirol sollen bereits Fahrverbote für Motorräder über 95 Dezibel kommen.

Die Lösung? Die Motorradfahrer selbst. Zum einen, so auch das Credo der Polizei: Hände weg von Auspuffanlagen und Schalldämpfern. Und: Wer durch eine Ortschaft fährt, kann einfach einen Gang hochschalten, der Motor wird automatisch durchs untertourige Fahren leise. Und wenn dann noch am Ortsende nicht gleich Vollgas gegeben wird, klappt's auch mit dem Nachbarn. (bur)

Bereits im vergangenen Sommer kam es zu Sperrungen am Feldberg für Motoradfahrer. Die „Biker for Freedom“ sprechen sich gegen erneute Sperrungen rund um den Feldberg im Taunus aus. Während die FDP sich auf die Seite der Biker schlägt, hat die SPD noch keine einheitliche Meinung.

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