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Jacob Schwarz ist erste Wahl unter den Nachwuchscellisten und wuchs teilweise über sich hinaus.
Jacob Schwarz ist erste Wahl unter den Nachwuchscellisten und wuchs teilweise über sich hinaus. © Frank Saltenberger

Das Jugend-Sinfonie-Orchester Hochtaunus bescherte mit „Transatlantic“ und einem großartigen Cello-Talent den Gästen im Hessenpark einen wunderbaren Konzertabend unter freiem Himmel.

Die Freude war Landrat Ulrich Krebs (CDU) anzumerken, als der Schirmherr das Publikum zum Konzert des Jugend-Sinfonie-Orchesters Hochtaunus begrüßte: „Das Cello-Konzert in h-Moll ist wohl eines der schönsten Cellokonzerte, und das an einem so wunderbaren Abend wie heute. Wir sind fast ausverkauft, und mit Ihrem Erscheinen zeigen Sie Ihre Wertschätzung gegenüber dem 2010 ins Leben gerufenen Projekt der Nachwuchsförderung.“ Der Landart dankte den Unterstützern, allen voran der Johann-Isaak-von-Gerning-Stiftung und der Taunus Sparkasse.

An der Kasse hatte man Zahlen: Rund 400 Besucher hatten sie passiert. Das mag sich gut anhören, aber wenn die musikalische Elite des 230 000-Einwohner-Kreises aufspielt, sollte man annehmen, dass die Plätze gar nicht ausreichen. Dennoch war die Publikumskulisse eindrucksvoll, und die meisten freuten sich nicht nur wie der Landrat auf die Musik, sondern hatten es sich mit Decken und Kissen auf den Rängen um die Freilichtbühne und dem Gras drumherum gemütlich gemacht. Hier und da sah man sich Selbstversorger zuprosten, Kinder auf dem Arm, die Hunde zu Füßen und Sonnenhüte auf dem Kopf.

Schon beim Warten waren die jungen Musiker zu hören, wie sie sich hinter der mittelalterlichen Kirche noch einmal einspielten und die Instrumente stimmten, dann nahmen sie unter Begrüßungsapplaus ihre Plätze ein. Unter der Leitung des Konzertmeisters Felix Hörter wurden die Instrumente noch einmal gestimmt, dann erschien auch Dirigent Lars Keitel, verzichtete auf lange Worte, setzte an, und mit der Ouvertüre zu „Candide“ von Leonard Bernstein begann das Konzert unter blauem Himmel und vor der sinkenden Sonne temporeich, schwungvoll und mit Power. Der Anfang war gemacht und gelungen, die Köpfe der Zuhörer waren frei, die Herzen offen, und die Ohren hatten sich auf den akustischen Raum zwischen Baumkronen und Bruchsteinmauer eingestellt. Jetzt konnte es richtig losgehen und zwar mit dem landrätlich angekündigten Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll op. 104 von Antonín Dvorák.

Jacob Schwarz ist der diesjährige Solist des Jugend-Sinfonie-Orchesters, in dem er seit 2010 spielt. Er gewann im Quartett den Wilhelmj-Kammermusikwettbewerb, 2013 wurde er Preisträger bei „Jugend musiziert“ und war Jungstudent an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Alle spitzten gespannt die Ohren und fieberten dem ersten Cello-Ton entgegen, Solist und Orchester waren voll konzentriert. Gut drei Minuten überließ Schwarz den Streichern und Bläsern das Feld, folgte mit geschlossenen Augen ihrem Spiel, bis Keitel es sanft „herunterfuhr“ und das Cello endlich einsetzte.

Der Dirigent ließ dem Solisten freie Hand, begleitete seine Gestaltung, vermittelte zwischen Cello und Orchester, hielt das Tempo besonders bei den langsamen zarten Strichen und brachte die Musiker wieder punktgenau zu vollem Einsatz. Er formte die Dialoge zwischen Soloinstrument und den Instrumentengruppen, rückte beispielsweise die Holzbläser in den Vordergrund, die von sanftem Paukendonner akzentuiert ganz hervorragend in Erscheinung traten. War das Orchester am Zug, ging Schwarz mit dem Körper und wohl auch mit seinem Innersten mit, je weiter das dreisätzige Werk fortschritt, desto größer wurde die Spannung auch im Publikum.

Schwarz und das Orchester brachten die emotionale Kraft des bedeutenden Cellowerkes voll zur Geltung, eine großartige Leistung bis zum Schluss, als der Solist nach dem letzten Strich den Bogen triumphierend abhob und majestätisch langsam wieder sinken ließ. Die herzliche Umarmung von Dirigent und Solist sprach Bände über die vollbrachte Leistung und das Miteinander von Dirigent und Orchester, dessen Orchestersolisten und Instrumentengruppen Keitel jetzt voller Stolz dem Publikum unter frenetischem Applaus präsentierte.

Die Pause war verdient, überfällig und nötig, um wieder zur Ruhe zu kommen. Wer aber gedacht hatte, das war’s gewesen, hatte sich reiflich getäuscht. So anspruchsvoll und fantastisch der erste Teil auch war, es ging auf hohem Niveau weiter, der Fokus auf den Solisten fiel weg, es wurde beschwingt und heiter zugleich und das Motto des Konzerts – „Transatlantic“ – kam noch besser zum Tragen. Dazu passte auch die generelle Bemerkung Keitels: „Wir haben in den letzten Wochen hart gearbeitet, aber auch viel Spaß gehabt.“ Der Spaß an der Arbeit und die Spielfreude fing bei Aaron Coplands „Hoe-Down“ aus „Rodeo“ und Gershwins „Ein Amerikaner in Paris“ an und trug besonders viele Blüten bei den Märschen von John Philip Sousa, „Stars an Stripes Forever“ und „The Liberty Bell“, bei dem der Dirigent viel Arbeit bekam: dirigieren, umblättern und immer wieder hinter sich greifen, um eine Schiffsglocke zu läuten. Zweimal mussten die transatlantischen Rhythmen der lateinamerikanischen Clave Platz machen, und die Werke von Arturo Márquez „Conga del Fuego Nuevo“ sowie der „Danzón Nr. 2“ waren absolute Höhepunkte des zweiten Konzertteils, bei dem die Schlagwerker beziehungsweise Perkussionisten stark gefordert waren.

Man hätte noch stundenlang zuhören, den Abend und seine sternenklare Sommernacht genießen können, doch einmal war Schluss und zwar nach dem „Englishman in New York“ als Zugabe und Gegenstück zum „Amerikaner in Paris“.

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