Grüne rütteln am Modell
Das Wehrheimer Modell, das Familien unterstützt, sich im Apfeldorf ein neues Heim zu bauen, hat sich bewährt. Trotzdem wollen es die Grünen überdenken und statt Neubauten auf der grünen Wiese lieber innerörtliche Projekte fördern. Das stößt im Rathaus auf Kritik.
Die Kommunalwahl rückt näher, die Parteien bringen sich in Position. Die Grünen, die sich der „Verhinderung des Flächenfraßes“ verschrieben haben, haben nun eine Idee präsentiert, wie innerörtliche Projekte statt Neubauten außerhalb der bestehender Lagen gefördert werden könnten. Dafür wollen sie das Wehrheimer Modell modifizieren.
„Die Gemeindevertreter werden in naher Zukunft über die Erschließung von neuen Baugebieten in Ortsrandlagen abstimmen müssen. Der Flächenfraß beschäftigt uns schon lange“, begründet Fraktionsvorsitzender Dirk Sitzmann den Gedankengang. Die Interessen der großen Parteien seien „anders gelagert“.
Er kritisiert: „Die Schaffung von Wohnraum auf Kosten der Natur und die Akzeptanz des Aussterbens des Ortskerns findet große Mehrheit in der politischen Landschaft.“ Daher sei nun auch die „sozial ausgesprochen gute Idee“ des Wehrheimer Modells auf den Prüfstand zu stellen. Die Grünen schlagen daher vor, dass der komplette Gewinn aus Verkäufen von neuen Grundstücken „nur einem Zweck zur Verfügung gestellt wird, nämlich der Sanierung und Belebung des Ortskerns“. Dazu soll professionelle Unterstützung durch Stadtplaner eingeholt werden, ebenso sollen Renovierungsarbeiten, die zur Aufwertung des Ortskerns führen, gefördert werden. Sitzmann: „Wir sehen die Förderungswürdigkeit mehr dann gegeben, wenn junge Familien Altbestand kaufen und entsprechend ihren Bedürfnissen herrichten.“ Es gebe innerorts genug Wohnraum-Leerstand, und keinen zwingenden Bedarf an flächenmäßiger Ausweitung.
Die Idee stößt auf wenig Gegenliebe. Nachdem sich die Junge Union bereits kritisch zu Wort meldete, widerspricht auch Bürgermeister Gregor Sommer (CDU). „In den letzten Jahren wurde ja gerade in Wehrheim in die Ortsmitte investiert. Privat durch die Eigentümer und natürlich auch in das Projekt Wehrheimer Mitte als Kommunikations- und Einkaufstreffpunkt.“
Die Entwicklung, ob in das neue Gewerbegebiet Süd oder in Wehrheim West, sei „bitter notwendig“. Die Gemeinde habe in den vergangenen zehn Jahren 151 Einwohner verloren. Sommer: „Wir müssen aufpassen, dass wir neben dem Erhalt der ländlich geprägten Struktur unserer Gemeinde den Anschluss als erste Kommune über der Saalburgkuppe an die Rhein-Main-Region nicht verlieren.“ Das neue Gewerbegebiet sei ebenso nötig wie ein „maßvolles Wachstum von Wohnbauflächen in allen Ortsteilen“, da viele Familien darauf warteten, endlich den Traum eines Eigenheims verwirklichen zu können. Sommer wird noch deutlicher: „Leerstand in Wehrheim? Das geht ja wohl völlig an der Realität vorbei . . . In Wehrheim ist Wohnraum Mangelware.“
Sitzmann betonte gestern, dass die Grünen ihren Einwurf als Idee und Anregung für weitere Diskussionen betrachten. „Auch ich sehe den Siedlungsdruck, aber wir sollten auch versuchen, neue Wege zu beschreiten.“ Er sei davon überzeugt, dass es sinnvoll sein könne, Fachleute über das kommunale Bauamt hinaus zu kontaktieren. Natürlich würde eine innerörtliche Förderung Kosten verursachen und auch die Konsultation von Fachleuten gebe es nicht zum Nulltarif. „Trotzdem sollten wir uns überlegen, wie wir den Innenbereich mehr fördern wollen und können.“