„Grundgesetz ist Willkommenskultur“

„Weniger Reden, mehr Gedanken“ – so war gestern der Neujahrsempfang Usingens überschrieben. Über das Wort „weniger“ gab’s unterschiedliche Auffassungen, wenngleich inhaltlich deutliche Worte zur Asylproblematik zu hören waren.
Der gestrige Neujahrsempfang in der CWS war, und dies kann nicht anders formuliert werden, eine eindrucksvolle Demonstration, welchen Stellenwert die alte Fürstenstadt bei den oberen und unteren Zehntausend hat: Rund 1000 Gäste tummelten sich in der Aula, darunter nicht nur Bundes- und Landtagsabgeordnete, Vertreter der Parteien und des Handels, Geistliche, ausländische Bürger und Abgesandte der Partnerstadt, sondern vor allem Bürger. Jene, die neu ist der Stadt sind (999 genau) oder eingebürgert wurden (34), und viele, die schon lange hier leben oder erst einige Jahre.
Klare Worte
Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Liese als erster Mann der Stadt und Bürgermeister Steffen Wernard (beide CDU) begrüßten alle per Handschlag, bis dann (fast) jeder einen Platz gefunden hatte und die Injoy-Singers (absolute Spitzenklasse) den offiziellen Teil mit einem kräftigen Halleluja begannen.
Dieses griff auch Liese auf, nachdem das Mikro vom Dirigenten noch höhenverstellt wurde („Ich bin vertikal benachteiligt“, so etwas kleinere Liese), der sich keinen besseren Start habe wünschen können fürs neue Jahr als ein solches Halleluja. Nach der Begrüßung der vielen Ehrengäste wurde Liese deutlich – sehr deutlich, was sich auch in der abschließenden Formulierung und Bitte wiederfand: „Gehen Sie wählen, denn es ist eine Kommunal- und Bürgermeisterwahl.“ Man dürfe seine Meinung oder Kritik an Landes- und Bundespolitik nicht auf die ehrenamtlichen Politikern auf kommunaler Ebene übertragen, die sich alle für die Stadt einsetzten.
Zum Thema Flüchtlinge wurde Liese dann sehr deutlich: „Ich kann eine ordnende Gestaltung des Gemeinwesens nicht mehr erkennen, nicht erst seit Köln und Hamburg. Die Asylpolitik überlagert alle Themen. Was heißt eigentlich ,Wir schaffen das?‘ Ist das nur auf die Quantität bezogen? Auch wenn es so wäre, müssten wir heute feststellen, dass wir es nicht mehr alleine schaffen. Europaweit.“
Wenn schon die Aufnahme zu solchen Problemen führe, wie solle dann Integration erfolgen? Schweden und Dänemark hätten schon die Grenzen geschlossen.
„Mir geht es aber nicht nur um die quantitative Seite der Flüchtlingskrise. Die Kölner Ereignisse haben gezeigt, was passieren kann. Und wieder war die Information an die Bürger zu spät oder falsch. Erst keine besonderen Vorkommnisse, und dann hunderte von Übergriffen an Frauen.“ Der Bürger müsse ohne wenn und aber die Wahrheit erfahren.
Wählen gehen
Wenn immer wieder eine Willkommenskultur eingefordert werde, so müsse er sagen: „Unser Grundgesetz ist unsere Willkommenskultur. Dort ist formuliert, was von uns, aber auch von den Menschen, die aufgenommen werden wollen, erwartet wird.“ Dies zu erhalten, sind wir unseren Kindern und Enkelkindern schuldig.“ Und: Anders-denken dürfe nicht zu einer Stigmatisierung führen.
Bürgermeister Wernard enthielt sich solch deutlicher Worte. Er stellte die Leistungen Usingens, also der Politik und der Verwaltung, des vergangenen Jahres heraus, dankte seinen Mitarbeitern, den Vereinen und Feuerwehren, die sich bei der Asylproblematik einbringen, den vielen Bürgern, die ehrenamtlich tätig sind und gab einen Ausblick auf das, was 2016 alles kommen soll.
Leistungs-Nachweis
Hier erwähnte er unter anderem die Sanierung des Gerichtsgebäudes, die Fertigstellung der neuen KLS und die Planungsfortschritte bei der Nordost-Umgehung. Er freue sich auf den Baubeginn am Fachmarktzentrum, die Weiterentwicklung der Hattsteiner Allee und beim Areal des alten Landratsamtes.
Wichtig sei auch, dass der Bahnhof per Brücke an das Gewerbegebiet angeschlossen werde, um die Attraktivität des Areals zu erhöhen.
Auch Wernard bat alle Anwesenden am 6. März zur Wahl zu gehen. Denn nur eine große Beteiligung würdige die ehrenamtliche Arbeit der Politiker auf kommunaler Ebene, aber auch den Einsatz der beiden Bürgermeisterkandidaten Birgit Hahn (SPD) und Steffen Wernard (CDU). Last but not least rief er alle Bürger auf, sich an der Gestaltung der Stadt aktiv zu beteiligen. Die Stadt versuche bereits, alle Bürger bei Entscheidungen einzubinden, aber auch ihr eigens Handeln sei gefragt.