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Do müsse mer mol gugge!

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Ramon Chormann, besser bekannt unter seinem Künstlernamen „De Pälzer“, gehört seit vielen Jahren zu den bekannten Mundart-Kabarettisten. Am Freitagabend begeisterte er mit seinem Programm „Ich saa’s jo nur“ das Publikum im Kulturforum in Hasselbach.

Von Felix Burghardt

Kurz nach 20 Uhr betrat Chormann in Anzug und Fliege die Bühne und begrüßte die Zuschauer im restlos ausverkauften Kulturzentrum mit seinem Markenspruch „Gu’n Aamd, ihr Laid!“. Darauf folgte ein zweieinhalbstündiges Feuerwerk aus Geschichten und Gags, die sich um die verschiedensten Themen aus Alltag, Politik und Gesellschaft drehten. Vor allem die Tücken von modernen Ratgebern, Serviceangeboten und der immer mehr Lebensbereiche erfassenden Vernetzung waren Gegenstand der augenzwinkernden Kritik Chormanns.

„Beratungen kriegen wir schon morgens aus dem Radio, da weiß ich vor dem Aufstehen schon, was ich abends essen und im Fernsehen gucken soll“, echauffierte sich „De Pälzer“ in seinem Heimatdialekt und verwies darauf, dass in Buchhandlungen mittlerweile ganze Regalwände mit Ernährungs-, Beziehungs- und Persönlichkeitsratgebern gefüllt seien. „Aber im Prinzip hat’s das ja auch schon immer gegeben, als Beispiel muss man sich nur den Fußballplatz angucken: Zweimal elf Spieler, 40 000 Berater. Und alle wissen es besser als die, die gerade auf dem Feld stehen.“

Seitenhiebe

Auch an den großen Institutionen im Land und deren Plänen gingen Chormanns Ausführungen nicht vorbei. „Ist hier jemand im Raum, der sich in seinem Leben schon mal um zwei Milliarden Euro verrechnet hat? So jemanden würde ich gerne mal kennenlernen“, meinte der Kabarettist und verwies scherzhaft auf die immer wieder nach oben korrigierten Kosten des Bahnhofsprojektes „Stuttgart 21“. Besonders diese Seitenhiebe sorgten, zusammen mit den sich anschließenden Bemerkungen über den ehemaligen Limburger Bischof Tebartz-van Elst, für heitere Stimmung und viel Applaus.

Dass „De Pälzer“ nicht nur komödiantisch, sondern auch musikalisch ein Talent ist, zeigte sich ebenfalls: Chormann setzte sich immer wieder an den zentral auf der Bühne platzierten Flügel und bot selbst geschriebene Stücke dar, die unter anderem die Sinnlosigkeit von rheinländischen Phrasen wie „Do müsse mer mol gugge“ und „Des isses jo“ oder auch das Zusammenleben von Mann und Frau zum Thema hatten. Bei allen musikalischen Zwischenspielen quittierte das Publikum die Spitzen des Kabarettisten mit großem Gelächter und gesanglicher Unterstützung bei den Refrains.

Gegen Ende wurde es dann kurzzeitig nachdenklich und ungewohnt still im Saal, als Chormann sich mit den Geschehnissen der erst eineinhalb Wochen zurückliegenden Anschläge auf die Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ auseinandersetzte. Ohne aus der Rolle zu fallen, brach der Kabarettist eine Lanze für die Meinungsfreiheit und die Bedeutung der Satire, wofür ihm alle Anwesenden lange Applaus spendeten.

Als das Programm schließlich nach zweieinhalb Stunden und einer Zugabe geendet hatte, waren sich die Zuschauer einig. „Ich habe lange nicht so gelacht“, meinte die Hasselbacherin Barbara Helmholz. Und auf die Frage, ob sie ein persönliches „Highlight“ in der Vorstellung gehabt hätten, antworteten Ina Grün und Gabriele Ruby: „Nein, das kann man so nicht sagen. Das Programm war eigentlich als Ganzes hervorragend.“

Erfahrener Entertainer

Ein Zitat aus Chormanns Programm lautete „Kritik ist eine berechtigte Beurteilung“. Und tatsächlich kann jeder, der die Vorstellung im Kulturzentrum verfolgt hat, mit Fug und Recht behaupten, einen Kabarettabend gesehen zu haben, dem es weder an feinsinnigen Pointen noch an beißender Satire mangelte. Ramon Chormann präsentierte sich als ein erfahrener Entertainer, der sich auch nicht aus der Ruhe bringen ließ, als in der zweiten Hälfte des Programms kurzzeitig sein Mikrofon ausfiel. Es bleibt zu hoffen, dass „De Pälzer“ dem Usinger Land bald wieder einen Besuch abstattet, um sich „übbe olles offzuresche“.

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