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Auf Tuchfühlung mit dem Greif

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Kinder fühlen sich zu den großen Vögeln mit dem weichen Gefieder besonders hingezogen und dürfen die großen Greife auch mal streicheln.
Kinder fühlen sich zu den großen Vögeln mit dem weichen Gefieder besonders hingezogen und dürfen die großen Greife auch mal streicheln. © Dorit Lohrmann

Gerade in den Sommermonaten zieht der Feldberggipfel scharenweise Menschen aus nah und fern an. Als eine Attraktion gilt der Falkenhof, der vor genau einem halben Jahrhundert als Lehr- und Aufzuchtbetrieb auf dem Gipfel angesiedelt wurde. Während der warmen Jahreszeit steht die Anlage samt der dort untergebrachten Greifvögel Besuchern zur Besichtigung offen.

Auf dem Gipfel des Großen Feldbergs, an den Hang hinter der Gaststätte geduckt, liegt der Falkenhof. Es ist die älteste und zugleich höchst gelegene Falknerei Hessens. Als der Jäger und Falkner Dieter Koschorreck das Areal im Juni 1965 eröffnete, war es die zweite zoologische Einrichtung seiner Art in der Bundesrepublik. Damals hatte es lediglich die Adlerwarte Berlebeck nahe Detmold gegeben. Heute, fünf Jahrzehnte später, betreibt Burkhard Dinger den Falkenhof, er hat ihn seinem Vorgänger im Jahr 2006 abgekauft. Ursula Zieten, die dort schon vorher ihre Ausbildung zur Falknerin absolviert hatte, übernahm der neue Eigentümer gleich mit und sicherte sich damit Unterstützung bei der Pflege der Anlage und der Betreuung der Besucher.

Es ist eine zeitintensive und vor allem eine besonders verantwortungsvolle Beschäftigung, der die beiden Neu-Anspacher nachgehen. Sobald die ersten wärmenden Sonnenstrahlen den Frühling einläuten, meist um den 1. April herum, bringen Dinger und Zieten die Greife, die sie zuvor auf ihren eigenen Höfen überwintert haben, in die Volieren des Falkenhofs. Dann packt auch Dinger selbst seine Siebensachen und richtet sich für den ganzen Sommer bei seinen Greifvögeln ein. Wo das Familienleben bleibt? Dinger lacht. „Meine Frau besucht mich manchmal hier oben auf dem Feldberg.“ Und manchmal fährt er natürlich auch selbst hinunter. In der Zeit überlässt er Ursula Zieten die Regie auf dem Falkenhof.

Das Füttern der Vögel und die Säuberung der Anlage gehört zwar zu den regelmäßigen Aufgaben, nimmt aber längst nicht den Großteil der aufgewendeten Zeit ein. „Wir sind ein Lehr-, Ausbildungs- und Informationsbetrieb mit der Intention, den Menschen Greifvögel näherzubringen“, beschreibt Burkhard Dinger die Falknerei. Darüber hinaus gehöre zum Falkenhof eine Pflege- und Aufzuchtstation.

Wie zur Bestätigung klingelt es an der Pforte, die aus Sicherheitsgründen stets verschlossen bleiben muss, und zwei junge Männer erscheinen mit einem verletzten Vogel. Es ist ein Turmfalke, den Ursula Zieten sofort unter ihre Fittiche nimmt. „Wenn der Vogel die Nacht überlebt, dann geht’s morgen zum Tierarzt“, kündigt sie an und erzählt von vielen aus dem Nest gefallenen Jungvögeln sowie verletzten Exemplaren, die immer mal wieder gebracht werden. Manchmal gelinge es, die Vögel gesund zu pflegen und wieder in Freiheit zu entlassen, manchmal aber auch nicht. „Damit müssen wir leben“, sagt Zieten.

Die im Falkenhof gehaltenen und zur Schau gestellten Greife sind ausschließlich erworbene oder in Gefangenschaft geborene Vögel, viele von ihnen quasi Ausländer. Es gibt Sakerfalken, Wüstenbussarde, sibirische und tasmanische Uhus und bis vor kurzem einen Gänsegeier. Diese imposante Vogeldame stahl mitunter ihren gefiederten Mitbewohnern die Schau, wenn sie vor Publikum in den Freiflug entlassen wurde. „Um die 40 Jahre wurde Ronda alt“, sagt Dinger mit trauriger Stimme. Sie hätte noch einmal so alt werden können, doch sie starb an Organversagen, nachdem ihr einmal während eines Freiflugs eine Ladung Schrot verpasst worden war.

Einige Verluste

Bis zu 40 Greifvögel hat der Falkenhof schon beherbergt, doch musste Burkhard Dinger auch schon so manchen Verlust hinnehmen. Nicht nur altersschwache Vögel starben, manche kehrten schlicht von ihren Freiflügen nie mehr zurück.

Um ihren Aufenthalt möglichst verfolgen zu können, erhalten die Vögel vor ihrem Flug einen Sender, dessen Signale Dinger mit einer Peilantenne empfängt, solange sich das Tier in der Nähe aufhält. So war es dem Falkner schon einmal gelungen, einen im Sturm verloren gegangenen Steinadler eine Woche später ausfindig zu machen und ihn mit Hilfe der Feuerwehr zu retten.

Der Falkenhof ist der Öffentlichkeit täglich von 10 bis 18 Uhr zugänglich, zudem werden Gruppenführungen und Vorträge angeboten. Auch bietet Ursula Zieten während der Sommerferien zweitägige Jugendfalknercamps an. Und wer den Greifen näher kommen möchte als bei einer bloßen Besichtigung, der kann einen ganzen Falknertag buchen. Wer solche Gelegenheiten schon einmal genutzt hat, der schwärmt noch heute von der außergewöhnlichen Erfahrung, wie sich allein schon am Gästebuch ablesen lässt.

Es gibt allerdings auch unzufriedene Besucher, denen der Eintrittspreis von 4,50 Euro – Kinder zahlen 3 Euro – zu hoch erscheint. Anscheinend erwarten sie, dass dafür die Vögel wenigstens Parade stehen anstatt sich in ihren Volieren zu verstecken. „Wir sind aber kein Zirkusbetrieb“, mahnt Burkhard Dinger, der sich oft genug selbst über Besucher oder deren Kinder ärgert, die sich daneben benehmen.

Zurzeit gibt’s brütende Uhus im Falkenhof. „Die muss man in Ruhe lassen“, sagte Burkhard Dinger. Dasselbe gilt übrigens für die Zeit während der Mauser. Doch sobald ein Vogel sein komplettes Sommerfederkleid trägt, dann steht dem ersten Freiflug bei geeignetem Wetter nichts mehr entgegen. Wer sich dann gerade auf dem Feldberg aufhält, der hat die Chance, diesem majestätischen Spektakel aus der Nähe beizuwohnen.

Zusätzliche Informationen finden sich auf der Internetseite .

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