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Von wegen altmodisch

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Beim ersten Taunus-Erzähl-Festival im Naturpark-Hotel Weilquelle ließen sich an zwei Tagen begeisterte Besucher in die fantasievolle Welt der Märchen und Sagen, in alte Zeiten und fremde Gegenden entführen.

Es war einmal eine leidenschaftliche Erzählerin aus Treisberg. Diese hatte zusammen mit dem Tourismus- und Kulturverein (TKV) Schmitten Erzählerinnen aus ganz Deutschland zum ersten Taunus-Erzähl-Festival ins Naturpark-Hotel Weilquelle eingeladen. Dass richtige Erzählkunst auch etwas für Erwachsene ist, zeigte der von rund 50 Zuhörern besuchte Abend unter dem Motto „Minnesang und Rosenkrieg“. Fürs märchenhafte Familienprogramm am darauffolgenden Nachmittag nutzten die Erzählerinnen dann Hilfsmittel, um auch die Jüngsten in ihren Bann zu schlagen.

Für den TKV war das erste Taunus-Erzähl-Festival ein Experiment, für das Bürgermeister Marcus Kinkel (FWG) aber gerne die Schirmherrschaft übernahm. Das kurze Grußwort zur Eröffnung gehörte dazu, dass er aber am Erzählabend für Erwachsene bis zum Schluss blieb, sprach dafür, dass die Organisatoren den Zeitgeist getroffen hatten. „Das machen wir auf jeden Fall wieder“, sagte der Rathauschef, der am Tag danach einigen, die den Abend verpasst hatten, davon vorschwärmte. Hoteldirektor Marco Kattwinkel, der mit seinem Team für die Pause ein märchenhaftes Büfett bereithielt, freute sich ebenfalls über die gelungene Premiere und geht wie Initiatorin Walburga Kliem davon aus, dass eine zweite Auflage folgt.

Für ihre frei erzählten Geschichten, deren Protagonisten oft auch Vorbilder in der hiesigen Geschichte haben, ist die Erzählkünstlerin im Taunus vielen bekannt. Weil Julia Dörrbecker aus Kassel und Katja Volmar aus Hannover ihre Erzählungen genauso lebendig vortragen, hatte die Treisbergerin sie zusammen mit der ehemaligen HR-Moderatorin Michaele Scherenberg an den Fuß des Feldbergs eingeladen. Im Dunstkreis des sagenumwobenen Brunhildisfelsens, des römischen Feldberg-Kastells und der Burg Reifenberg war dies der richtige Ort, um den Erwachsenen von leidenschaftlicher Liebeswerbung zu erzählen, die nicht immer in einer glücklichen Hochzeit und der Feststellung „Sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende der Tage“ endete. Die sinnlichen oder dramatischen Geschichten, die im Taunus oder im Harz, in London oder in Florenz spielten, könnten sich überall auf der Welt zugetragen haben. Die Erzählerinnen berichteten so mitreißend, als ob sie Augenzeugen gewesen wären.

Ganz verzaubert

Um bei Kindern mit Fernsehen, Internet und Co. konkurrieren zu können, braucht es eine besonders lebendige Erzählweise, die die drei Frauen am Sonntagmittag beim Familienprogramm unter Beweis stellten. Um auch die ganz Kleinen bei der Stange zu halten, zeigte Katja Volmar zur ihrer Erzählung von Wanja, der dem Hasen, dem Fuchs und dem Bär begegnete, die dazu passenden Bilder auf dem Kamishibai, „das ist der Kasten für das Tischtheater“. Zum Schluss sagte sie: „Wanja wacht auf und weiß nicht, ob das ein Traum war. Bis er die Spuren im Schnee sieht.“ Auch bei der Geschichte von Julia Dörrbecker, die dabei auch die Handpuppe Frau Huhn zum Sprechen brachte, waren die Kinder so verzaubert, dass sie nicht genau wussten, was wahr und was erfunden war. Dass es auch schon früher starke Mädchen gegeben hat, erfuhren die Teilnehmer beim Märchen-Spaziergang mit Walburga Kliem, die auf dem Weg von der klugen Bauerntochter erzählte.

„Eine Geschichte dauert so lange, wie sie braucht“, meinte Kliem vor dem Abmarsch auf die Frage eines kleinen Mädchens, das wissen wollte, wie lange man denn unterwegs sei. Das bestätigte auch Dörrbecker, die feststellte: „Man muss sich jedes Mal auf die Teilnehmer einstellen, das altersgemischte Publikum ist das anspruchsvollste.“ Da müsse man die Worte so wählen, dass die Kinder alles verstehen, aber auch so erzählen, dass die Erwachsenen sich nicht langweilen. „Man hat alle Geschichten im Kopf, setzt sie aber situativ unterschiedlich um“, meinte Volmar. „Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“, so enden viele Märchen. Bei manchen Geschichten, wie der von Wanja, bleibt aber das Ende offen. Allen gemeinsam ist, dass man sie immer wieder hören kann.

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