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Wenn wildernde Hunde Rehe töten

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Jetzt hat es wieder einen Rehbock erwischt. Hunde, die nicht erzogen sind oder einfach ihrem Jagdtrieb folgen, haben innerhalb kurzer Zeit allein in Grävenwiesbach vier Wildtiere gerissen. Eines davon hatte ein ganz tragisches Los.

Jagdpächter Christoph Fandel ist entsetzt. So etwas hat er noch nicht gesehen. Ein dreijähriger Rehbock liegt vor ihm, von einem Hund schwer verletzt, mit Maden übersät. Und das arme Tier lebt noch. „Es muss sich seit Tagen in diesem Zustand dahin gequält haben“, meint der Jagdpächter und erlöst den Rehbock von seinem Leiden.

Dass es ein freilaufender Hund gewesen sein muss, ist für den Jagdpächter völlig klar. Wäre es ein Wolf gewesen, der ja angeblich auch schon im Usinger Land gesichtet wurde, hätte er den Bock getötet und gefressen. Und ein Luchs ersticke seine Beute und fresse sie danach ebenfalls. Hunde hingegen folgen ihrem Jagdtrieb, reißen Wildtiere und lassen sie aber oft am Leben.

Passiert ist der tragische Vorfall, der Fandel richtig wütend werden lässt, vermutlich im Bereich Sportplatz Herrmannstein in Grävenwiesbach. Und es ist bereits das vierte Tier, das er innerhalb kurzer Zeit gefunden hat. Drei davon waren bereits tot.

Einige Besitzer scheint es nicht zu interessieren, welches Leid ihre Hunde verursachen, glaubt er. „Sie kümmern sich nicht um die von ihren Hunden schwer verletzten Tiere, machen sich feige aus dem Staub und lassen die Tiere einfach verrecken“, sagt er erbost.

Woran liegt es, dass Menschen so handeln? Vielleicht daran, dass Wilderei eine Straftat ist und die Hundebesitzer Angst vor den Konsequenzen haben, wenn sie sich nach einem solchen Vorfall melden? Daran, dass sie es nicht merken, kann es nicht liegen, denn „ein Reh, das angegriffen wird, schreit wie ein kleines Kind“.

Er würde niemanden anzeigen, der sich nach einem solchen Vorfall bei ihm meldet, versichert er im Gespräch mit der Taunus Zeitung. „Im Vordergrund steht das verletzte Tier, und dass es möglichst schnell erlöst wird.“ Auch bei dem dreijährigen Rehbock wäre nichts anderes möglich gewesen. Der Hund – es muss ein großes Tier gewesen sein – hatte dem Bock in die Keulen gebissen und die Geschlechtsteile weggerissen. Das hatte zur Folge, dass sich Maden entwickeln konnten, die das Tier praktisch bei lebendigem Leib aufgefressen haben. Hinzu kam, dass er sich durch die Verletzung nicht mehr entleeren konnte, wodurch sich Kot und Urin anstauten.

„Der Bock war völlig apathisch“, berichtet Fandel über den Zustand, in dem er den jungen Waldbewohner gefunden hat. „Viele Leute wissen gar nicht, was solche Verletzungen in der freien Natur für Folgen haben.“ Hier gibt es eben keinen Tierarzt und Fliegen legen sofort ihre Eier in solchen Wunden ab, die sich innerhalb kürzester Zeit zu Maden entwickeln.

Daher ruft er alle Hundebesitzer auf, gerade in der Brut- und Setzzeit von Mai bis Juli genau auf ihre Vierbeiner zu achten. Es ist die Zeit, in der Rehe ihre Kitze zur Welt bringen und Bodenbrüter ihre Gelege an Bachläufen bebrüten. Letztere hätten es sowieso schon schwer genug. „Wir wollen so viele Tierarten erhalten wie möglich.“

Doch trotz aller Wut weiß er, dass sich die meisten Hundebesitzer verantwortungsbewusst zeigen und ihre Tiere erziehen. „Es sind nur wenige, die gewissenlos handeln“, sagt Fandel. Aber die müssten eben angezeigt werden. Rücksichtslose Hundebesitzer könnten nicht nur zu hohen Geldstrafen, sondern auch zum Leinenzwang verdonnert werden, weiß er.

Erste Anlaufstelle sei nicht der Förster, wie man vermuten könnte, sondern immer die Polizei, erklärt der Grävenwiesbacher. Egal, ob es sich um den eigenen Hund handelt, der ein Tier angefallen hat, oder ob man einen anderen Hundebesitzer bei verantwortungslosem Handeln beobachtet hat. „Die Polizei weiß, welcher Jagdpächter für welches Gebiet zuständig ist und informiert uns sofort. Wir sind 24 Stunden erreichbar“, erklärt Christoph Fandel. Zu rücksichtsvollem Handeln gehöre übrigens auch, die Hinterlassenschaften seines Hundes aus den Wiesen zu entfernen. Denn sie können Krankheiten übertragen, beispielsweise auf Pferde oder andere Großtiere, die auf diesen Wiesen dann grasen. „Es muss doch möglich sein, dass wir mit der Natur sorgsam umgehen.“

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