Attacken gegen Netzanbieter: Kunde könnte Hacker beauftragt haben

Der Netzanbieter Nexiu versorgt den Hochtaunus mit schnellem Internet. Jetzt war er mit Angriffen gegen seine Infrastruktur beschäftigt.
Wehrheim - Nexiu gilt für viele Bürger aus Schmitten, Grävenwiesbach, Weilrod sowie aus Stadtteilen von Usingen und Neu-Anspach als Heilsbringer. Seit 2010 bringt das Unternehmen, das ein Mitglied der Occino Firmengruppe ist, das schnelle Internet auch in ländliche Regionen. Nun musste Nexiu erst einmal Attacken abwehren.
Christopher Mandt hat endlich wieder etwas mehr Zeit. Auch ein Lächeln huscht über sein Gesicht - selbst dann, wenn der Geschäftsführer der Wehrheimer Nexiu GmbH über die Attacken berichtet, die Ende Juli die Netzwerk-Infrastruktur seines Unternehmens massiv eingeschränkt haben.
Wehrheim Hessen: Netzanbieter Nexiu mit Problemen
Betroffen waren auch rund ein Drittel der 2000 hessischen Kunden, denen der Anbieter für schnelles Internet im Hochtaunuskreis einen Zugang zum Highspeed-Internet verschafft hat - auch dort, wo bisher keine klassischen Glasfaser-High-Speed-Technologien für Breitband-Internet verfügbar waren.
"Die Attacke war nicht auf Kundendaten ausgerichtet", erläutert Mandt auf Nachfrage dieser Zeitung. "Wir sind an den größten europäischen Internet-Knoten in Frankfurt (InterXion) angeschlossen. Dort wurde gezielt die Auslastung unserer Router durch tausende Anfragen so hoch getrieben, dass die Verfügbarkeit unserer Dienste zeitweise massiv eingeschränkt war. Durch die Art der Attacke wurde unsere Netzanbindung gesprengt."
Vergleichbare Angriffe, Fachleute sprechen von einer DDoS-Attacke, gebe es immer schon auf Netzwerk-Knoten. Doch die Größe und Wucht der gegen Nexiu gerichteten Attacken habe alles bisherige übertroffen. Waren bislang die Attacken etwa 1 bis 5 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) groß gewesen, habe der betreffende Angriff 50 bis 120 Gbit/s betragen.
Wehrheim Hessen: Kein üblicher Hacker-Angriff bei Nexiu
"Das hat unsere maximale Auslastung unseres Netzknotens von rund 80 Gbit/s bei weitem überschritten", schildert Mandt. "Eine gewöhnliche hohe Auslastung durch unsere Kunden beträgt rund 8 Gbit/s zu Spitzenzeiten Die Attacke hat unsere Anbindungen gesprengt."
Es seien keine sogenannten Hacker am Werk gewesen, die versuchten, an Daten der Kunden heranzukommen. Vielmehr habe es sich um eine gezielte, so genannte DDoS-Attacke auf die Netzwerk-Infrastruktur seines Unternehmens gehandelt, die das Ziel hatte, die Dienste des Providers lahmzulegen, sagt Mandt. Kunden hatten einige Tage richtiggehend Stress, weil sie immer wieder vom Internet abgehängt wurden. "Die Angriffe dauern derzeit noch an, sie haben aber für unsere Kunden kein Auswirkungen mehr für deren Internetnutzung und Telefonieservice", sagt Mandt.
Da mit dem gezielten Angriff aber offensichtlich versucht wurde, das Wehrheimer Unternehmen wirtschaftlich massiv zu schädigen, hat die Firma Nexiu Strafanzeige nach Telekommunikationsanlagen §317 StGB gestellt. "Das war kein Kavaliersdelikt, sondern Sabotage gegen kritische Telekommunikations-Infrastruktur. Das ist mit der Beschädigung von Bahngleisen vergleichbar", sagt der Geschäftsführer. "Dem Verursacher drohen bis zu fünf Jahre Haft."
Nexiu aus Wehrheim vermutet: Hacker gezielt beauftragt
Nexiu vermutet, dass hinter den Attacken ein unzufriedener Kunde stehe, der aus welchem Grund auch immer einen Hacker beauftragt hatte. "Diese Art der Attacken werden mittlerweile im Internet angeboten. Auftraggeber bezahlen dafür zwischen 200 und 1000 Euro pro Tag", sagt Mandt.
Wer mit einer DDoS-Attacke angreife, habe immer ein Ziel. In diesem Fall sei es aber ungewöhnlich, dass bislang keinerlei Erpressung eingegangen sei. Offensichtlich war tatsächlich Ziel der Attacken, die Kunden gegen Nexiu aufzubringen. "Wir haben nunmehr unseren Netzwerk-Knoten in Frankfurt massiv erweitert. Die Kunden haben keine Probleme mehr", sagt Mandt.
Da mittlerweile auch andere Anbieter und andere Serviceanbieter aus dem Internet vom gleichen Angreifer attackiert werden, nehmen die Ermittlungsbehörden die Angelegenheit sehr ernst. Das Schema der Attacke sei identifiziert, ein Täter-Profil sei konkreter geworden.
Das in Wehrheim ansässige Unternehmen Nexiu hat sich auf den Internet-Breitbandausbau im ländlichen Raum spezialisiert. In Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen haben drei regionale Tochtergesellschaften jeweils rund 2000 Kunden gewonnen.
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