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Er holt Senioren aus der Isolation

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Der Wehrheimer IT-Unternehmer René Hirschfeld bietet mit der "Senioren-Feuerwehr" und der "fahrenden Telefonzelle" digitale Assistenz für ältere Menschen an.
Der Wehrheimer IT-Unternehmer René Hirschfeld bietet mit der "Senioren-Feuerwehr" und der "fahrenden Telefonzelle" digitale Assistenz für ältere Menschen an. © sai

IT-Experte aus Wehrheim hilft älteren Menschen in der Corona-Pandemie bei digitalen Problemen und bietet ihnen zum Beispiel eine "Seniorenfeuerwehr" an.

Wehrheim -Die kostenlose Rufnummer 08 00-12 12 21 21 erinnert in der Ziffernkombination an die Notrufnummer 112 der Feuerwehr. Und auch die Assoziation des Namens "Seniorenfeuerwehr" mit den Helfern in der Not ist beabsichtigt. Aber hier rückt keineswegs die Altersabteilung der Feuerwehr aus, sondern René Hirschfeld, Gründer des Wehrheimer IT-Schulungsdienstleisters "MuT - Mensch und Technik" hilft den Senior/innen in "digitaler Not" und das ehrenamtlich.

Seit etwa acht Jahren schon bietet Hirschfeld den älteren, meist nicht mehr so mobilen Menschen diese "Klickhilfe" an. Seit Beginn der Pandemie, als Besuche in Altersheimen oder bei den älteren Familienangehörigen nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich waren, gewann seine digitale Assistenz noch größere Bedeutung. Um zu helfen, hat Hirschfeld die "fahrende Telefonzelle" entwickelt: Menschen ohne eigenen Internetanschluss können hier mit Familienangehörigen über Skype, FaceTime oder andere Plattformen mit Bild und Ton kommunizieren. "Ich komme zum vereinbarten Termin zu ihnen und stehe vor ihrer Türe mit meinem Fahrzeug. Hierfür wird das Smartphone oder Tablet-PC so an das Fahrzeug angebracht, dass man ohne direkten Kontakt zu mir mit den jeweiligen Gesprächspartnern sprechen kann, aber dafür das Gerät nicht selbst bedienen muss", erklärt Hirschfeld.

Das Gerät kann entweder außen an das Fahrzeug angebracht werden, sodass man im Freien an der frischen Luft spricht, oder je nach Witterung und körperlicher Verfassung auch im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz ganz bequem "skypen" kann. Das ist vor allem dann sehr hilfreich, wenn die älteren Menschen nicht selbst über das nötige Endgerät oder die nötige Internetverbindung verfügen.

Die Idee sei ihm in der Zeit des ersten Lockdowns in Zusammenhang mit der Aktion "Hessen-helfen.de" gekommen. Die Menschen so aus der Isolation zu holen und ihnen das Kontakthalten mit Familie und Freunden zu ermöglichen, sei für ihn eines der Hauptmotive für sein Engagement. Es sei für ihn sehr bereichernd, den älteren Menschen zu helfen und auch ganz nebenbei sehr berührende Geschichten mitzuerleben, zum Beispiel wenn eine 96-Jährige ihr Urenkelchen zum ersten Mal live auf dem Bildschirm sieht und ganz glücklich ist, dass die Technik ihr es ermöglicht, Anteil am Familienleben von weit entfernt wohnenden Angehörigen zu haben, so Hirschfeld.

In vielen Wohnstiften sei aber die Internetverbindung grottenschlecht, teils mit dem Argument der Heimleitungen, die Seniorinnen und Senioren würden sonst ständig irgendwelche Waren bestellen und man sei schließlich kein Paketservice, schildert Hirschfeld seine Erfahrungen. Natürlich gehöre zu seinem Service, die Menschen nicht nur mit den "Segnungen" der Technik vertraut zu machen, sondern auch die entsprechende Medienkompetenz zu vermitteln, um nicht auf dubiose Anbieter im Netz hereinzufallen.

Schulung der Medienkompetenz

Dies gelte auch für seine Kurse, die er unter anderem bei der VHS oder in AGs an Schulen anbiete. In sogenannten "digitalen Nachmittagen" wie unter anderem der Grundschule im Weiltal in Weilrod schult er die Kinder der 3. und 4. Klassen in Gruppen bis zu zehn Schülern in Medienkompetenz.

Im Gegensatz zu den Kindern, die sehr aufgeschlossen seien, gehe es bei den Senioren meist zunächst erstmal darum, die Scheu zu überwinden, etwas falsch oder kaputt zu machen. Hinzu komme oft die Angst der Älteren, "schon wieder" die Hilfe der Angehörigen anzunehmen oder als "dumm" dazustehen, wenn zum Beispiel der Enkel oder die Tochter zum wiederholten Male etwas erklären müsse, weil man irgendwie nicht weiterkomme. Der Vorteil eines externen digitalen Assistenten sei es, dass hier geduldig auch zum x-ten Male die Schritte erklärt werden, weiß Hirschfeld.

Besonderes Tablet

Er ärgert sich zudem, dass die digitalen Medien heute für selbstverständlich erklärt werden, obwohl gerade die ältere Generation keinen Zugang habe. Abhilfe könne hier ein spezielles "Seniorentablet" leisten. "Kompliment an die Programmierer, die diese einfach zu bedienende Oberfläche entwickelt haben. Auch das Konzept zum Erwerb und der Anbindung an das Internet ist neu und einzigartig", lobt der IT-Fachmann. Sicher bedürfe es einer kleinen Einweisung, danach jedoch sei alles selbsterklärend. Und das Wichtigste: "Sie brauchen keinen Internetanschluss zu Hause - das Gerät hat eine SIM-Karte, mit der Sie einfach online sind". Auch hier hilft Hirschfeld gerne weiter.

Bei vielen Senioren gehe es aber auch um andere Schwierigkeiten, etwa, wie das Hörgerät an das Tablet oder Smartphone gekoppelt werden könne. Oder er helfe bei der Digitalisierung von wichtigen Dokumenten und Fotos für die Nachwelt. Es eröffne den Menschen so viele Möglichkeiten und das begleiten zu dürfen, sei für ihn manchmal sehr emotional, gibt der Wehrheimer zu.

René Hirschfeld, betont, dass derzeit Besuche und Beratungen nur unter 2 G-Plus-Bedingungen möglich sind. Kontakt ist über die kostenlose Rufnummer 08 00-12 12 21 21 möglich. Von Ingrid Schmah-Albert

Jetzt können Senioren Fotos mit ihren Enkeln teilen.
Jetzt können Senioren Fotos mit ihren Enkeln teilen. © tz

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