Kundgebung pro neuem Energiepark auf dem Winterstein

150 Demonstranten machen publikumswirksam auf ihr Anliegen aufmerksam
Ein wunderbar warmer Frühsommertag liegt über dem Wintersteinkamm, dem östlichsten Ausläufer des Naturpark Taunus. 150 Befürworter von Windkraft haben sich auf einer der vielen Kahlschlag-Flächen im Taunus zu einer Kundgebung auf dem Mainzer Kopf im Grenzgebiet zwischen Wehrheim und dem Wetteraukreis (Gemarkung Rosbach und Friedberg) versammelt.
Bunte Fahnen flattern im Wind, Transparente sind gespannt, und die Organisatoren des Bündnisses Windpark Winterstein haben soeben ein symbolisches Windrad aus Holz aufgestellt. Ohne Zweifel: Über der Szenerie liegt die Atmosphäre der Aktivisten der einstigen Anti-Atomkraft-Bewegung aus den 1980er- und 1990er-Jahren.
Rund 120 Menschen hatten sich am Sonntag von Friedberg und Rosbach kommend auf den Weg auf den Mainzer Kopf (420 Meter) gemacht. Aus Wehrheim pilgerten rund 30 Bürger zu einer Kundgebung, zu der das Bündnis eingeladen hatte.
Flagge aus der Studienzeit
Mit dabei ist Almut Gwiasda, Mitbegründerin der BUND-Ortsgruppe Wehrheim. Sie sitzt unter einem Sonnenschirm auf dem Boden und hält ein Papp-Plakat mit der Aufschrift "Klima retten". Auch Katrin Willkomm und Michael Pyper (ebenfalls BUND), Mark Sen-Gupta (Grüne) und Wolfgang Heins vom Verein "So 'ne Kraft Hochtaunus" wanderten von Pfaffenwiesbach zur Demo.
Auch Rita Jesse und Hans-Joachim Steffen-Jesse (beide Grüne) sind da und zeigen Flagge "pro Windkraft". Sie haben sich auf zwei Baumstümpfe gestellt und lassen eine selbst gestaltete Fahne im Wind flattern mit der Aufschrift: "Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt."
Für das Ehepaar aus Wehrheim hat die Flagge eine ganz besondere Bedeutung. Sie hatten die Fahne bereits während der gemeinsamen Studienzeit gestaltet und auf Demonstrationen der Umwelt- und Anti-Atomkraftbewegung immer mit dabei. "Wir haben heute zwei Enkelkinder, unsere Verantwortung für die Umwelt und die junge Generation ist seither noch gewachsen", sagt Rita Jesse.
Wer aus Wehrheim kommend, sich zum allerersten Male auf den Mainzer Kopf verirrt hat, wird diese rund kahle Kuppe auf dem Wintersteinkamm umgehend als idealen Standort für eine Windkraftanlage ausmachen. Hinter ein paar letzten Bäumen, die nicht dem - infolge des Fichten-Sterbens erfolgten - Kahlschlag zum Opfer gefallen sind, fällt der Blick auf die weite Wetterau.
Klimawandel führt zum Bäumesterben
Auch die Hochhäuser der Frankfurter Skyline stehen im Fokus einer neuen Blickachse hinab in die Rhein-Main-Ebene, die bis vor wenigen Jahren wegen des dichten Nadelwaldes noch gar nicht möglich war. Wegen der Dürre in den Sommern 2018 bis 2020 fielen die Fichten dem unstillbaren Hunger von Myriaden von Borkenkäfern anheim. Die Kahlfresser haben ganze Arbeit geleistet und ganzen Beständen den Garaus gemacht.
Man kann sich gut vorstellen: Wenn hier oben der Wind weht, dann richtig - in rund 200 Metern Höhe auf Nabenhöhe der Windräder umso mehr, weil in dieser Höhe (dann also auf rund 620 Meter über dem Meeresspiegel) dem Wind nichts mehr im Wege steht.
"Ich kann mich gut an die einstigen Argumente der Windkraftgegner bei den Protesten gegen die geplanten Windräder auf Neu-Anspacher Gemarkung erinnern", sagt der Beigeordnete im Wehrheimer Gemeindevorstand Hans-Joachim Steffen-Jesse. "Es dürfen für Windkraftanlagen keine Bäume im Taunus gefällt werden. Nun hat der Klimawandel zum weitflächigen Absterben der Bäume im Taunus geführt." Der nicht mehr zu leugnende Klimawandel, dem die Windkraftbefürworter durch den Bau von Windkraftanlagen begegnen wollen, hat bereits nackte Tatsachen geschaffen. matthias pieren