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Wenn Radler Vorfahrt haben

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Vorfahrt für Radler und letzte Möglichkeit für den Autofahrer, sich bei Cratzenbach einen der letzten Parkplätze zu sichern.
Vorfahrt für Radler und letzte Möglichkeit für den Autofahrer, sich bei Cratzenbach einen der letzten Parkplätze zu sichern. © ALEXANDER SCHNEIDER

Weniger Besucher, aber trotzdem ein Erfolg: der Autofreie Weiltalsonntag.

Usinger Land -Noch steht es nicht ganz fest, wie viele Besucher gestern beim 17. Autofreien Weiltalsonntag zwischen Cratzenbach und Weilburg unterwegs waren. Genaue Zahlen gibt es erst heute. Für Weilrods Bürgermeister Götz Esser (FWG) ist es aber auch gar nicht so wichtig, ob es 16 000, 17 000 oder vielleicht sogar 20 000 Menschen waren: "Ja, es sind zwar weniger als 2019, aber das hatte den Effekt, dass die Menschen ohne das übliche Gedränge mehr Spaß hatten, sich freier bewegen konnten und auch nicht so lange um Marschverpflegung anstehen mussten. Alles gut also, mal schauen, wie viele es am Ende wirklich waren."

Das mit dem Anstehen stimmt, mit einer Ausnahme: Winden. Dort konnten die Schützen es drehen und wenden, wie sie wollten, die Bratwürste waren praktisch schon verkauft, bevor sie überhaupt auf dem Grill lagen. Was daran gelegen haben dürfte, dass es in diesem Jahr keine Raststation an der Audenschmiede gab.

Kein Holz für die Pizza

In der Tat - der 17. Weiltalsonntag ging deutlich verhaltener los, erst gegen Mittag nahm er richtig Fahrt auf. Viele Teilnehmer versuchten sich darauf einen Reim zu machen, schließlich war das Wetter ideal, kein Wölkchen zu sehen, und auch das Thermometer hatte bei etwa 25 Grad den Schongang eingelegt. "Sicher liegt es auch daran, dass doch viele Leute in Urlaub sind, die Ferien liegen ja auch sehr spät", meint Timmy Müller. Der Emmershäuser Ortsvorsteher verbrachte sogar einen Teil seines Geburtstags im Backes. Es gab "elektrisch gebackene Pizzabrötchen". Alles anders als sonst: "Sonst hatten wir hier Pizza aus dem Ofen. Das ging diesmal nicht, denn wir hatten kein Holz, es gibt ja keins mehr", erläutert Marco Crecelius.

Hungern musste dennoch niemand, auch nicht am Stand der Cratzenbacher Feuerwehr, die gegrillte Wegzehrung anbot: "Die Worscht kostet noch immer drei Euro, und sie ist auch noch so lang wie immer", sagt Feuerwehrchef Björn Veidt und lacht. Auch am Roder Kreisel hatten die Besucher bei der Essensbestellung die Qual der Wahl, gut, dass das Bauernfrühstück an keine Uhrzeit gebunden war.

Wer bereits früh am Morgen bei kühlen 20 Grad in die Pedale trat oder es weilabwärts in Gedanken an den Rückholbus "laufen ließ", hatte weniger Probleme mit der mittags doch hochsommerlichen Wärme, als die, die sich erst später auf den Weg gemacht haben. Doch die ließen es eben etwas gemütlicher angehen. Auffallend war, dass sich gefühlt jeder zweite oder dritte Radler elektromotorischer Tretunterstützung bedient hat. E-Bikes waren der Renner beim 17. Weiltalsonntag. Zu sehen waren aber auch Exoten wie Liegeräder, Tandems, Dreiräder. Klassiker sind immer noch Fahrräder mit Anhängern, aus denen heraus es auch schon mal tönt: "Papi, schneller, guck mal, wo die Mami schon ist."

Familie Gerstinger aus Elmshorn war auf Verwandtenbesuch im Taunus, hatte zufällig die Fahrräder dabei und vom Weiltalsonntag Wind bekommen. Günther Gerstmann hat das Auto an der Erbismühle geparkt: "Wir fahren natürlich durch bis Weilburg und nehmen den Bus für die Rückfahrt", erklärt er zur Beruhigung der Kinder, die wissen wollten, wie weit Weilburg überhaupt ist.

Viele junge Leute sind an diesem Tag im Weiltal unterwegs, aber auch Junggebliebene. Einer der ältesten dürfte der Dieburger Gustav Krutz sein, der trotz seiner 84 Lenze keinen Fahrrad-Aktionstag auslässt und auch schon oft durchs Weiltal nach Weilburg geradelt ist. Und zurück. 70 Kilometer im Sattel sind für ihn kein Problem, das macht er zweimal die Woche. Er fährt gerne mit leichtem Schuhwerk, am liebsten in Sandalen: "Wenn's regnet, läuft die Brühe besser ab, auch wenn man schwitzt", sagt er zwischen zwei Bissen vom Pizzabrötchen. Geregnet hat es gestern bekanntlich nicht, geschwitzt wurde aber reichlich.

Engelszungen und Erklärungsnot

Geschwitzt wird bei der Veranstaltung auch beim DRK Weilrod, das mit Unterstützung der Bereitschaften Neu-Anspach und Friedrichsdorf für den Sanitätsdienst entlang der Strecke zuständig und mit 20 Helfern unterwegs ist. "Bei der Hitze und mit der Einsatzkleidung, da muss man schon viel Spaß verstehen", meint Bereitschaftsleiterin Bea Heinz. Noch mehr Leute auf die Beine gebracht haben die Weilroder Feuerwehren, die die Streckensperren besetzt haben und häufig mit Engelszungen predigen müssen, bis der eine oder andere Autofahrer endlich einsieht, dass an der Barriere wirklich Schluss ist.

In Erklärungsnot kommt Niederlaukens Wehrführer Jens Becker, der in Emmershausen eingesetzt ist: Ein Autofahrer aus ,LDK' wollte wissen, wie er zur Vogelburg nach Hasselbach kommt - gar nicht so einfach." VON ALEXANDER SCHNEIDER

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