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Werbung für „das Lädchen“

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Wer ihn kennt, schätzt ihn: den kleinen Supermarkt im Mainblick 65. Doch die Umsätze müssen gesteigert werden, damit das „Lädchen für alles“ auf Dauer eine Chance hat.

Das Mädchen und der Junge vor dem „Lädchen für alles“ im Mainblick 65 steigen auf ihre Räder. Kurz zuvor haben sie in dem Geschäft eingekauft, das am 6. November aufgemacht hat. In ihre Tüte haben sie ein Glas Nutella gesteckt, das war der ganze Einkauf. Ist das typisch für den Laden, der sich in einer Sackgasse befindet?

Ulrike Schüller-Ostermann, Geschäftsführerin der Perspektiven gGmbH, weiß: „Es gibt auffällig viele Kleineinkäufe.“ Die gemeinnützige Gesellschaft ist Partnerin bei der Umsetzung des Projekts. Träger des Projekts ist die Perspektiven gGmbH, eine Tochtergesellschaft des Vereins Perspektiven.

Die Idee dabei ist, einerseits die Lücke in der Nahversorgung der Schönberger Bevölkerung durch ein breitgefächertes, preiswertes Angebot von Artikeln des täglichen Bedarfs zu schließen, andererseits Menschen mit Behinderungen, die im regulären Arbeitsmarkt kaum Chancen auf einen Job haben, Beschäftigung und Integration zu bieten. Das „Lädchen für alles“ ist ein Konzept der Handelskette tegut. „Wir bezeichnen uns gerne als Vollsortimenter in Miniatur,“ hatte Tegut-Vertreter Knut John bei der Eröffnung des Lädchens gesagt.

Zur Kundschaft gehören viele ältere Menschen, die in der Nähe wohnen. Mittags kommen – außerhalb der Ferien – auch viele Schüler vorbei. Doch insgesamt gilt laut Schüller-Ostermann: „Der Umsatz entwickelt sich nicht so, wie gedacht.“ Potenzial, um erfolgreich zu sein, hat das Lädchen, wie zwei Gutachten mit Standortanalyse und Umsatzschätzung ergeben hätten. Im Einzugsbereich des Lädchens gibt es immerhin 3000 Haushalte: 2000 in Schönberg, 1000 im Nordwesten Oberhöchstadts.

Dass sich ein Laden nicht halten kann, wenn die Kunden nur das einkaufen, das sie beim wöchentlichen oder monatlichen Großeinkauf vergessen haben, weiß auch Peter Pfaff. Ein schlechtes Gewissen, dass er heute nur zwei Gläser Pflaumenmus eingekauft hat, braucht er sich aber nicht zu machen, schließlich hat er am Vortrag den Einkaufswagen vollgepackt. Ein bis zwei mal pro Woche kommt der Oberhöchstädter nach Schönberg, schätzt die Nähe und nennt die Strecke zum Supermarkt einen „schönen Spazierweg“.

Positiv überrascht

Annemarie Kurzeia kommt einmal in der Woche ins Lädchen, das sie auch wegen seiner Übersichtlichkeit schätzt. In der Regel kommt sie mit dem Einkaufstrolley, nur wenn sie Säfte und Milch braucht, nimmt sie das Auto. „Das Angebot ist größer als erwartet“, findet sie.

Mehr als 4000 Produkte umfasst das Sortiment. Dass es auch Spitzendeckchen als Kuchenunterlagen gibt, das hat selbst Schüller-Ostermann überrascht. Nudeln gibt es in allen Formen und Längen, darunter auch solche für Sternchen- und Buchstabensuppe. Es gibt nicht nur Kuhmilch, sondern auch Sojaprodukte sowie vegane und laktosefreie Lebensmittel. Kosmetikartikel und Bürobedarf sind vorhanden – und selbst wer einen Eiskratzer fürs Auto braucht, wird hier fündig.

„Wer nicht auf einzelne Produktlinien festgelegt ist, bekommt hier alles, was er für den täglichen Bedarf braucht“, sagt Kundin Liane Richter, die eigentlich auf frischen Broccoli gehofft hatte. Den gab es nicht, also griff sie beim tiefgefrorenen zu. An der Kasse fand sie aber frischen Schnittlauch und Petersilie.

Höher als in anderen Geschäften sind die Preise nicht, das gehört zum Konzept. Und wer Waren im Wert von mehr als 20 Euro bestellt, bekommt seinen Einkauf kostenlos ins Haus geliefert – dank ehrenamtlicher Helfer. Liefertag ist freitags, weshalb das Team um Marktleiterin Martina Schulenberg gestern Vormittag eifrig mit dem Zusammenstellen der Route und dem Einpacken der Bestellungen beschäftigt war. Daran, dass ein kleiner Markt und ein solcher Service für viele Menschen im Stadtteil ein Segen sind, zweifelt wohl niemand.

Um die Umsätze zu steigern, soll jetzt verstärkt die Werbetrommel gerührt werden. Schüller-Ostermann würde gerne Hinweisschilder an verschiedenen Stellen anbringen lassen. Ein Fan des Ladens hat ganz andere Hilfe angeboten: Der Grafiker Stefan Musch gestaltet kostenlos Flyer, die in Schönberg verteilt werden sollen. Die mögliche Einrichtung einer Lottoannahmestelle könnte weitere Frequenz bringen. Und im Sommer wird man auch vor der Tür einen Kaffee trinken können.

Unterstützung erfährt das Projekt, für dessen Realisierung drei Jahre lang gekämpft wurde, auch im Kronberger Rathaus. So appelliert Andreas Bloching, Wirtschaftsförderer der Stadt Kronberg: „Es muss noch mehr in die Köpfe der Schönberger, dass der Laden dauerhaft nur Bestand haben kann, wenn sie regelmäßig dort einkaufen und zumindest all das kaufen, was dort erhältlich ist.“

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