Brandbekämpfer Marc Dreiseitel schlüpft für diese Zeitung in seine volle Montur

Bei ohnehin schweißtreibenden Temperaturen müssen die Kräfte der Kelsterbacher Feuerwehr im Einsatz dennoch ihre volle Ausrüstung anlegen. Das sind immerhin 36 Kilo Gewicht.
Gluthitze – und kein Ende in Sicht. Über Stunden in einer dicken Montur und unter einer Atemschutzmaske eingesperrt. Nicht mal einen Schluck zu trinken, nicht mal die Notdurft verrichten, keine Pause, keine Zigarette. Wie sich ein Feuerwehrmann in diesem Saharasommer fühlt, der in voller Ausrüstung zum Einsatz ausrückt, schildert Marcus Dreiseitel: „Viele erahnen es, doch keiner weiß, was es wirklich bedeutet.“ Im Notfall in voller Ausrüstung zu stecken, das bedeute, jedes private Bedürfnis hintenan zu stellen und sich nur noch auf seine Aufgaben im Einsatz zu konzentrieren. Der 20-Jährige weiß, wovon er spricht.
Bei 36 Grad schlüpft er für diese Zeitung für einen Versuch in seine Montur. Dabei ist es heiß und stickig im Gerätehaus. Gummigeruch von den Reifen zieht durch die Nase. Kein Lüftchen geht. Rasch öffnet Pressesprecher Christian Rolle einen Flügel des großen Tores.
Dreiseitel hat inzwischen alle Einzelteile seiner Montur zusammengesucht. Bevor er sie anlegt, werden sie Stück für Stück grammgenau gewogen. Auch der junge Mann stellt sich auf die Waage, sie zeigt 74 Kilo. Schon jetzt rinnt dem Feuerwehrmann der Schweiß über die Stirn und seine Haare sind feucht. Dabei trägt er jetzt noch eine Jeans und ein luftiges T-Shirt.
Die dicken schwarzen Schuhe sind mit 2531 Gramm am schwersten – gefolgt von der dicken Jacke aus einem nicht brennbaren Material namens Nomex. Dahinter verberge sich eine weitere Schicht aus atmungsaktivem Gore-Tex mit Funktionsmembranen, erklärt Rolle. Eine Schutzfunktion gegenüber Einwirkungen von außen übe auch der Innenstoff aus, der wie eine Luftpolsterfolie aufgebaut sei.
Körpertemperatur steigt
„Normalerweise ziehen wir unsere Hosen aus, wenn wir unsere Ausrüstung anziehen“, sagt Dreiseitel. Er lässt sie für den nur kurzen Versuch ausnahmsweise an. Rolle schnappt sich die Stoppuhr – und Dreiseitel startet mit dem Anlegen der Bekleidung.
Die Stiefelschäfte stecken bereits in den Hosenbeinen. Der junge Mann schlüpft rein, Reißverschlüsse zu, fertig. Jacke an, Reißverschluss zu, auch fertig. Es folgen der 2206 Gramm schwere Haltegurt aus schwarzem Leder und der 1281 Gramm wiegende hellgelbe Helm. Die Handschuhe mit nur 286 Gramm erscheinen dagegen wie ein Fliegengewicht.
Inzwischen ist die helle Haut des Feuerwehrmanns durch den Stress und die Eile errötet. Als weitere Ausrüstungsgegenstände kommen noch ein Leinenbeutel, eine Taschenlampe, eine Wärmebildkamera, eine Atemschutzmaske, ein Funkgerät und eine Axt hinzu. Insgesamt benötigte Dreiseitel fürs Anlegen der vollen Montur lediglich 35 Sekunden. „Ich habe Übung darin“, lacht er und wischt sich mit einem Handschuh den Schweiß vom Gesicht. Der abschließende Schritt auf die Waage zeigt 110 Kilo. Somit trägt der 20-Jährige 36 Kilo an seinem Körper.
Nicht nur in diesem Glutsommer, sondern auch bei einer Brandbekämpfung steige dann auch noch die Körpertemperatur. „Hals und Rachen trocknen aus und wir müssen auch mit dieser schweren Ausrüstung rennen.“ Wasser gäbe es dann jedoch nur aus Schläuchen zum Löschen von Bränden.
Mehr Wertschätzung
Ist der Einsatz beendet, werden lediglich die Hände gewaschen, bevor mit vielen kühlen Getränken der Flüssigkeitshaushalt eines Feuerwehrmanns in voller Ausrüstung wieder ausgeglichen wird.
Was die Brandbekämpfer, die topfit sein müssen, leisten, kann kein Außenstehender ermessen. Aber es ist möglich, Feuerwehrleuten mehr Wertschätzung entgegen zu bringen, innerlich den Hut vor ihnen zu ziehen und sich für ihr ehrenamtliches Engagement auch mal zu bedanken.