Ida Johanne Kühn Riegels ist eine virtuose Cellistin auf zwei Rädern

Ida Johanne Kühn Riegels wusste das Publikum in der Christuskirche nicht nur mit ihrem filigranen Cellospiel zu beeindrucken. Auch die Geschichte hinter dem Konzert ist faszinierend.
Richtig festlich sah sie aus: Ida Johanne Kühn Riegels. Neben ihr, an einen Stuhl gelehnt, ein helles Cello, sozusagen fast noch im Rohbauzustand, daneben ein großer roter Transportkasten. „Die soll mit dem Rad hier angekommen sein?“, fragt sich da so mancher Besucher. Da traute man ihr, ob ihres Aussehens, das Cellospielen schon eher zu.
„Sie ist wirklich mit dem Rad gekommen, ich bin ihr entgegengefahren und habe sie bei Biebesheim abgeholt“, erklärt Pfarrer Nico Kopf. Als Beleg hat er zwei große Fotos dabei, eines zeigt Kühn Riegels mit ihrem Cello inmitten einer blühenden Blumenwiese und das andere bei prasselndem Regen auf dem Radweg. „Ich glaube, im Radfahren bin ich etwas besser, aber Cellospielen kann sie dafür viel besser. Sie werden es gleich hören“, meinte Niko Kopf und holte den Gast auf die „Bühne“ in der evangelischen Christuskirche.
Ida Johanne Kühn Riegels kommt aus Dänemark und präsentierte sich äußerst sympathisch. Sie zeigte anhand einer Landkarte erst einmal ihre Radelroute. „Ich habe da ganz unten angefangen“, sagte sie und zeigte in die Schweizer Region, „und wenn ich fertig bin, dann bin ich ganz da oben“, verwies sie auf die Nordseeküste. Rund 1000 Kilometer will sie zurücklegen und dabei 35 Konzerte geben. In Kelsterbach war es das 25.
Ida Johanne Kühn Riegels hat Cello studiert. Sie liebt das Instrument und hat davon bereits „genügend“, wie sie selbst sagt. Doch die Krönung für einen Musiker ist es, wenn er auf einem von ihm selbst gebauten Instrument spielen kann. Also hat sich Ida Riegels, wie sie sich kurz nennt, per Internet schlaugemacht, wie man den Bau eines Cellos angeht. „Ich weiß jetzt so ziemlich alles, welches Holz man für welche Teile verwendet, und auch, wie kleine Formveränderungen den Klang beeinflussen.“
Da die ersten Versuche, analog der Anleitungen auf YouTube, nicht ganz so nach ihren Wünschen ausfielen, machte sie sich auf den Weg nach England, um einem Instrumentenbauer über die Schulter zu sehen. „Nach zwei Monaten kam ich mit den wichtigsten Teilen zurück, aber fertig war mein Cello immer noch nicht“, erzählt Ida Johanne Kühn Riegels.
Parallel hatte sie bereits einen Plan ausgearbeitet, an ihrem Cellospiel, dazu noch auf einem selbst gebauten Instrument, auch andere teilhaben zu lassen. Sie hatte sich eine Radtour entlang des Rheins ausgedacht – und der erste Termin stand bereits an. „Das ist wirklich erst einen halben Tag vor meinem ersten Auftritt fertig geworden, im Hotel habe ich ihm noch mit einer Nagelfeile den letzten Schliff gegeben“, schildert die Cellistin.
Die 1000 Kilometer entlang des Rheins sind freilich auch kein Pappenstiel. Aber was sie sich mal in den Kopf gesetzt hat, zieht sie auch durch. Nun war sie in Kelsterbach. Das liegt zwar nicht am Rhein, dafür aber Biebesheim, und dort war Pfarrer Nico Kopf tätig, bevor er nach Kelsterbach kam. „Die haben bei mir angefragt, ob ich Interesse an so einem Konzert habe – und was soll man da sagen, wenn man selbst Cello spielt“, erklärt Kopf den kleinen Umweg der Cellistin.
Virtuos, mit einem Capriccio, legt Ida Johanne Kühn Riegels los – das Publikum ist mucksmäuschenstill. „Die kann wirklich was“, hört man es tuscheln. Mit einer Suite aus sieben Sätzen, wohl angelehnt an die Schöpfungsgeschichte, beschreibt sie überaus eindrucksvoll einen Sommertag. Und dann hat sie noch eine Botschaft für das Publikum. „Das nächste Stück hat noch keinen Namen. Ihr könnt mir dabei helfen, einen zu finden“, fordert sie die Zuhörer auf, ihr doch ein paar Ideen auf die Rückseite ihres Routenplanes zu schreiben.
Einen Tag nach dem wunderbaren Konzert macht sich Ida Riegels mit dem Rad und dem großen roten Cello-Koffer wieder auf – zur nächsten Station nach Bingen. Geblieben aber ist die Begeisterung, mit der sie die Menschen angesteckt hat. Das gelingt Ida Johanne Kühn Riegels vorzüglich – sogar ohne Cello.