So schön war Kelsterbachs Kneipenwelt

Zahlreiche Gaststätten prägten früher das Stadtbild von Kelsterbach. Heinrich Hoffmann erinnert sich an die alten Zeiten und berichtet, wer sich in welcher Kneipe am liebsten getroffen hat.
Früher, ja früher gab es viele Gastwirtschaften im Ort. Erinnerungen des 91-jährigen Heinrich Hoffmann an reges Treiben in und um Gastwirtschaften reichen bis in seine Kindheit und die Jahre 1935 bis 1938 zurück. Viele sind abgerissen, manche Gebäude existieren noch, jedoch wurde der dortige Betrieb eingestellt, und wenige wurden später fortgeführt.
„Im Gasthaus ,Zur Schwedenschanze’ ging es nach dem Zweiten Weltkrieg hoch her“, so Hoffmann. Bei ihr habe es sich um ein beliebtes Tanzlokal gehandelt. „Es stand anstelle der heutigen Kegelsportanlage am Ende der Kirschenallee.“ Weil sie damals von rund 35 Kirschbäumen gesäumt war, diente die Wirtschaft nicht nur, aber speziell zur traumhaften Kirschblütenzeit als begehrtes Ausflugsziel. Die Bäume wurden später wegen Überalterung und einer Neugestaltung entfernt und durch Pflanzen der Sorte „Japanische Kirschblüten“ ersetzt. Später musste auch das Gasthaus für den Bau der Kegelsportanlage weichen.
Die gedankliche Rundreise führt Hoffmann auch zur einstigen Wirtschaft „Zur Krone“ am Marktplatz, wo es sich im Freien unter großen Bäumen gut sitzen ließ. „Diese Gaststätte wurde von drei Damen betrieben und Anfang des Zweiten Weltkriegs geschlossen.“
Das Gasthaus „Zur Sonne“ mit einem Saalbau existiert noch. „Das war am Main an der Einfahrt zum Marktplatz eine Institution in Kelsterbach“, so Hoffmann. Die einstige Gaststätte dient heutzutage als Pension. Im Obergeschoss sei ein Fitnessstudio untergebracht. Die Wirtschaft sei für gutes Essen bekannt gewesen. Unter ihrem Dach versammelten sich Vereine wie der Gesangverein Teutonia (später Germania) und der einstige Orchesterverein. Im Saalbau wurden Tanzveranstaltungen und Konzerte angeboten, und der Turn- und Sportverein absolvierte dort seine Übungsstunden. 1983 wurden das Gasthaus und der Saalbau durch den Neubau des Bürger- und heutigen Fritz-Treutel-Hauses überflüssig.
„Zum kühlen Grund“ – dabei handelte es sich um eine Ebbelwoiwirtschaft in den Welschen-Häusern in der Neukelsterbacher Straße. Diese kleine Kneipe existiert nicht mehr, aber das Gebäude steht noch. „Sie war beliebt für ihr Dampfflaasch – Fleisch also, das im Dampf gegart wurde“, erinnert sich Hoffmann. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein kleiner Saal angebaut, und es gab auch eine Gartenwirtschaft. Die Kneipe wurde laut Hoffmann bis Anfang der 1950er Jahre betrieben.
Im bis dato existierenden Gebäude der einstigen Porzellan- und Fayencen-Manufaktur in der Untergasse lockte der Betreiber namens Kilbert Besucher aus Schwanheim stets mit seinem Ruf an: „Kommt her, Kilbert hat de beste Ebbelwoi“. Er unterhielt dort neben der Kneipe auch einen Lebensmittelgeschäft. Oben traf sich regelmäßig die Gesangsriege des TSV. Heinrich Hoffmanns Erinnerungen führen auch zur einstigen Wirtschaft „Zur Waldlust“ mit einer Schießsportanlage in der Nähe der Hundefreunde. Sie wurde oft von Gästen aufgesucht, die mit der Fähre von der anderen Mainseite gekommen waren.
Geschlossene Kerweborschjahrgänge trafen sich in den Gaststätten „Zum grünen Baum“, die bis heute in der Mainstraße existiert, aber auch „Zur Sonne“ und „Zur Friedrichshöhe“, wo sich auch die Kegler trafen. Je nach Kneipentreffpunkt hatten die jungen Männer Kappen in verschiedenen Farben.
Hoffmann hat noch viele Anekdötchen auch zu anderen einstigen Wirtschaften wie dem „Braustübchen“ in der Bergstraße auf Lager, das ein Grieche fortgeführt hat, und in dem sich früher regelmäßig der Volkschor zu seinen Proben einfand.
Die Gaststättenkultur in der Untermainstadt war laut dem Erzähler überwiegend von Vereinen geprägt. Die Turnerriege traf sich im Gasthaus zum Löwen in der Untergasse und die Kegler kamen im Gasthaus „Friedrichshöhe“, an dessen Stelle heute das Germania-Denkmal steht, zusammen. Die „Drehscheibe“ im Bahnhof war das Domizil des BSC.
(red)