Maschinenraum der Demokratie

Im März stehen in Hessen die Kommunalwahlen an. Doch wer wird die Weichen für Rüsselsheim in den kommenden fünf Jahren stellen?
- Am 14. März findet die Kommunalwahl Hessen statt.
- Auch in Rüsselsheim wird gewählt.
- Kommunalwahl-News: Alles Wichtige zur Wahl in Hessen im Überblick.
Am 14. März wird gewählt. Dann sind die Rüsselsheimerinnen und Rüsselsheimer aufgerufen, ihre Vertreter für das Kommunalparlament zu bestimmen. Sie sitzen in der Stadtverordnetenversammlung, in den Ortsbeiräten und in den Ausschüssen.
Hier geht es um Themen, die unmittelbar in den Alltag aller hineinreichen, etwa um ausreichend Kita-Plätze und Schulen, den Bau und Unterhalt von Straßen, die Förderung von Kultur, Sport und Vereinen, soziale Leistungen, das Gesundheitswesen und vieles mehr. Aber auch das, was sich hinter großen Schlagwörtern wie Klimaschutz oder Verkehrswende ´verbirgt, wird im Stadtparlament konkret: Was tut die eigene Stadt gegen den Klimawandel? Wie weit ist man beim Ausbau von Radwegen?
Das Beschäftigen mit diesen Themen bedeutet viel Zeitaufwand und ehrenamtliches Engagement. Wichtige Beschlüsse über den Kurs der Stadt wollen gut vorbereitet, intensiv diskutiert und die Argumente abgewogen werden. Kommunalpolitik ist harte (ehrenamtliche) Arbeit. Das Stadtparlament ist quasi der Maschinenraum der Demokratie. Keine Frage also, dass man der Frage genügend Aufmerksamkeit schenken sollte, wer die Entscheidungen treffen und damit die Weichen für die Stadt in den kommenden fünf Jahren, der nächsten Legislaturperiode, stellen soll.
Elf Listen stellen sich am 14. März in Rüsselsheim zur Wahl, Neben CDU, SPD, Grünen, WsR, FDP, Linke/Liste Solidarität, Freien Wählern und Forum Neues Rüsselsheim treten erstmals in Rüsselsheim auch die AfD sowie die neuen Gruppierungen Aktive Bürgerinitiative und die Aktiven Demokraten Rüsselsheim an.
Gut möglich also, dass in der Stadtverordnetenversammlung nach dem 14. März viele neue Akteure Platz nehmen werden. Gewählt werden auch die Ortsbeiräte in Königstädten und Bauschheim, ebenso der Ausländerbeirat. 45 624 Wahlberechtigte gibt es in Rüsselsheim für die Kommunalwahl 2021. 4660 Menschen sind für den Ortsbeirat Bauschheim und 7638 für den Ortsbeirat Königstädten wahlberechtigt. 7 795 Menschen dürfen den Ausländerbeirat wählen.
In den kommenden fünf Wochen will das Echo in einer zehnteiligen Serie den Lesern eine Entscheidungshilfe liefern. Nicht nur die wichtigsten Arbeitsschritte aus dem Maschinenraum der Demokratie sollen erklärt werden. Auch die zur Wahl stehenden Kandidaten und ihre Positionen sollen ausführlich vorgestellt werden.
Ein Parteienforscher kommt zu Wort, ebenso der Stadtverordnetenvorsteher. Welche Aufgaben stehen für die Gewählten an? Und: Was bedeutet die Corona-Pandemie für den Wahlkampf 2021?
910 Stunden
Kommunalpolitische Arbeit ist auch außerhalb der Stadtverordnetenversammlung sehr zeitintensiv. Zahlen können das verdeutlichen: In rund 388 Sitzungen der Fraktionen zur Vor- und Nachbereitung der Stadtverordnetenversammlung haben sich die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker im Jahr 2020 mit Themen der Stadt Rüsselsheim auseinandergesetzt. Manche haben ihre Fraktionssitzungen in Arbeitsgruppen vorbereitet und dort weitere Zeit in ihre politische Arbeit eingebracht. Insgesamt sind so nach einer Schätzung des Stadtverordnetenvorstehers mehr als 910 Stunden Engagement pro Ehrenamtler allein im Jahr 2020 zu verzeichnen – die zahlreichen Stunden der Vorbereitung im stillen Kämmerlein nicht eingerechnet.
177 Drucksachen
Viele dicke Packen an Papier werden erstellt, die in der Stadtverordnetenversammlung mitunter zu langen Diskussionen führen können. 177 Drucksachen sind im vergangenen Jahr eingebracht worden, die vor der Sitzung von den Stadtverordneten im stillen Kämmerlein erst gelesen werden müssen, um später mitreden und darüber abstimmen zu können. Übrigens: Die großen Mengen an Papier sollen in Zukunft dank Digitalisierung weniger werden.
9 Sitzungen
Im Jahr 2020 waren es neun Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung, in denen die Repräsentanten der Rüsselsheimer Bürger ihre Stadt gestalten, ergänzt durch elf Sitzungen der Ortsbeiräte in Königstädten und Bauschheim. Hinzu kamen 32 Sitzungen der vier Fachausschüsse der Stadtverordnetenversammlung, also des Sozial-, Integrations- und Jugendausschusses, des Kultur-, Schul- und Sportausschusses, des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses und des Haupt- und Finanzausschusses sowie des seit Herbst 2020 eingesetzten Akteneinsichtsausschusses zur „Motorworld“, die mit jeweils 17 Stadtverordneten besetzt sind. Vertreten sind Stadtverordnete auch in Gremien wie der Frauenkammer oder dem Ausländerbeirat, aber auch in regionalen Gremien wie dem Regionalverband.
13 weitere Sitzungen
Für die Spitzen der Fraktionen kommt noch der Ältestenrat hinzu, der in 13 Sitzungen, so etwa im Jahr 2020, über wichtige organisatorische und Grundsatzfragen beraten hat.
So arbeitet die Stadtverordnetenversammlung
Die Stadtverordnetenversammlung, oft auch umgangssprachlich Stadtparlament genannt, ist die von den Rüsselsheimer Bürgern in der Kommunalwahl gewählte Vertretung. Die Stadtverordnetenversammlung setzt sich aus 45 ehrenamtlichen Mitgliedern zusammen, die in unterschiedlichen Fraktionen organisiert sind.
Die Versammlung ist das Vertretungsorgan der gesamten Bürgerschaft. Hier werden Argumente diskutiert, Kontroversen geführt und über entsprechende Anträge demokratisch abgestimmt. Aufgabe der Stadtverordneten ist es auch, die Arbeit des Magistrates und der Stadtverwaltung zu kontrollieren. Sie wählen die politische Führung der Stadt, den Magistrat. In Rüsselsheim wird nur der Oberbürgermeister per Direktwahl bestimmt.
An Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung nehmen auch die Mitglieder des Magistrates teil. Der Magistrat muss jederzeit zu dem Gegenstand der Verhandlung gehört werden, hat jedoch kein Stimmrecht
Die Stadtverordneten können zu jedem Thema, das sie als wichtig erachten, einen Antrag einbringen. Findet ein solcher Antrag im Parlament eine Mehrheit, so ist der Auftrag für den Magistrat als das ausführende Organ bindend.
Drucksachen und Anträge werden oft in einem Fachausschuss vorbereitet und anschließend der Stadtverordnetenversammlung als Beschlussempfehlung vorgelegt. Diese hat dann nur noch über diese Beschlussempfehlung per Abstimmung zu entscheiden. Das spart Zeit im Plenum.
In Rüsselsheim gibt es vier Fachausschüsse. Dazu zählen der Haupt- und Finanzausschuss, der Planungs-, Bau-, und Umweltausschuss, der Sozial-, Integrations- und Jugendausschuss und der Kultur-, Schul- und Sportausschuss. Die Ausschüsse tagen jeweils vorab zu den Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung. Jeder Ausschuss setzt sich aus 17 Mitgliedern zusammen, entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen.
Bestimmte Angelegenheiten können jedoch von der Stadt in kommunaler Selbstverwaltung nicht allein entschieden werden. Hier greifen der Bund oder das Land Hessen aufgrund besonderer Gesetze in die kommunale Selbstverwaltung ein.
So erhebt die Stadt beispielsweise eine Gewerbesteuer, die sie teilweise an Bund und Land abführen muss. Des Weiteren ist die Stadt Rüsselsheim auch Schulträger und damit für Bau und Unterhaltung der Schulgebäude zuständig. Die Ausstattung mit Lehrpersonal obliegt jedoch dem Land Hessen
Gleichzeitig muss sich der Magistrat eine Genehmigung vom Parlament holen, etwa wenn ein Projekt einen entsprechenden Geldbetrag übersteigt. Dies nennt man dann eine Beschlussvorlage. Dabei handelt es sich um ein Schriftstück, in dem das Projekt mit Fakten, Gründen und Kosten beschrieben ist. Diese Drucksachen werden zunächst in den einzelnen Fraktionen und ebenso in den betreffenden Fachausschüssen beraten.
Eine weitere parlamentarische Initiative der Stadtverordneten ist die schriftliche Anfrage. Diese wird vom Stadtverordnetenvorsteher an den Magistrat weitergeleitet. Der Magistrat muss zu diesen Fragen innerhalb von sechs Wochen Stellung nehmen.
Eine andere Form der parlamentarischen Initiative ist die Anfrage. Sie wird von den Stadtverordneten über den Stadtverordnetenvorsteher schriftlich an den Magistrat gerichtet. Der Magistrat muss daraufhin binnen sechs Wochen Stellung nehmen. Neben der schriftlichen Anfrage haben die Stadtverordneten die Möglichkeit, aktuelle Fragen zur mündlichen Beantwortung in der Stadtverordnetensitzung zu stellen.
Dazu besteht am Ende der jeweiligen Sitzung unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen/Mitteilungen“ Gelegenheit. (als/ok)